Fazit – das Wirtschaftsblog

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Für alle, die’s genau wissen wollen: In diesem Blog blicken wir tiefer in Börsen und andere Märkte - meist mit wissenschaftlicher Hilfe

Überraschende Kandidaten für den Chefposten am kriselnden IWH

In Kürze werden die Kandidaten für das Präsidentenamt im krisengeschüttelten Institut für Wirtschaftsforschung in Halle (IWH) bekanntgegeben. Nach Informationen dieser Zeitung befinden sich einige hochkarätige Ökonomen unter den Bewerbern. Von Philip Plickert

In Kürze werden die Kandidaten für das Präsidentenamt im krisengeschüttelten Institut für Wirtschaftsforschung in Halle (IWH) bekanntgegeben. Nach Informationen dieser Zeitung befinden sich einige hochkarätige Ökonomen unter den Bewerbern.

Von Philip Plickert

Am bekanntesten ist der Wettbewerbsökonom Justus Haucap (Foto: privat), 43 Jahre alt, der derzeit in Düsseldorf das DICE-Institut leitet und zudem Vorsitzender der Monopolkommission ist. Haucap bewirbt sich nach Informationen der F.A.Z. für den Lehrstuhl an der Universität Magdeburg, der mit dem IWH-Präsidentenamt gekoppelt ist. Zweiter bekannter Bewerber ist Hilmar Schneider, 55 Jahre alt. Schneider ist Arbeitsmarktökonom und Direktor des entsprechenden Bereichs am Bonner Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA). Als dritte Kandidatin hat sich in Madgeburg die Finanzmarktexpertin Dorothea Schäfer, 55 Jahre alt, gemeldet, die bislang Forschungsdirektorin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) ist. Es gibt noch weitere Kandidaten. Ein bekannter Münchner Ökonom hat seine ursprünglich geplante Bewerbung zurückgezogen. Überraschend ist, dass alle Kandidaten nicht zum bisherigen Profil des IWH mit seiner Ausrichtung auf Transformationsökonomik in Mittel- und Osteuropa passen. Dem Institut könnte also eine inhaltliche Neuausrichtung bevorstehen.

Joachim Weimann, der Justus Haucap (Foto: privat)Vorsitzende der Berufungskommission, wollte die Namen auf F.A.Z.-Anfrage nicht kommentieren. Er sagte nur, dass es „eine Reihe qualitativ hochwertige Bewerber” gebe. Anfang Juli werden die Bewerber zu universitätsöffentlichen Vorstellungsvorträgen eingeladen. Auch Sachsen-Anhalts Ministerin für Wissenschaft und Wirtschaft, Birgitta Wolff (CDU), ist in der Berufungskommission vertreten. Sie kennt sich aus an der Universität, schlieβlich ist sie selbst beurlaubte BWL-Professorin. Vergeben wird eine Professur an der Universität Magdeburg. Wer sie erhält, wird anschlieβend freigestellt, um das IWH zu leiten, das einzige bekanntere Wirtschaftsforschungsinstitut in den neuen Ländern.

Das IWH steckt derzeit in einer Krise. In den vergangenen Jahren hat die Leibniz-Wissensgemeinschaft dem IWH zweimal eine gelbe Karte gezeigt, weil seine wissenschaftlichen Leistungen nicht ausreichten und die Ausrichtung  und Organisation des Instituts nicht überzeugten. Im vergangenen September musste der langjährige IWH-Präsident Ulrich Blum unter dem Druck der Wissenschaftsministerin Wolff sein Amt niederlegen, der das Profil des IWH und seine Forschung über Transformationsfragen geprägt hat.  Obwohl Blum stets betonte, dass die Publikationsleistungen des IWH deutlich zugenommen hätten, reichte dies Leibniz-Gemeinschaft nicht aus. Nur mit Mühe konnte Wolff die Gemeinsame Wissenschaftskommission (GWK) von Bund und Ländern überreden, das Institut doch weiter zu fördern.

Es fehle dem Institut „an Spitzenforschern, die in den Journalen oder auf Tagungen präsent sind”, gab nun auch einer der Kandidaten für den Präsidentenposten gegenüber der F.A.Z. zu. Das IWH mit seinen etwa 80 Mitarbeitern, darunter gut die Hälfte Wissenschaftler, gehört zu den mittelgroβen deutschen Wirtschaftsforschungsinstituten. Sein Etat wird zu hälftig vom Bund und dem Land Sachsen-Anhalt bezuschusst. Derzeit bilden der Konjunkturforscher Oliver Holtemöller und die Ökonomin Jutta Günther eine Übergangsleitung.

Neben dem IWH sucht derzeit noch das DIW in Berlin einen neuen Chef. Dort wird die Entscheidung schon am 18. Juli fallen. Zu den aussichtsreichen Kandidaten zählen Ansgar Belke von der Universität Duisburg-Essen, Marcel Fratzscher von der EZB, Daniel Gros von der Brüsseler Denkfabrik CEPS, Dalia Marin von der Universität München sowie Marcel Thum vom Dresdner Ifo-Institut.

 

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