Fazit – das Wirtschaftsblog

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Für alle, die’s genau wissen wollen: In diesem Blog blicken wir tiefer in Börsen und andere Märkte - meist mit wissenschaftlicher Hilfe

Warum die Amerikaner nervös werden

Im transatlantischen Konjunkturvergleich halten die Amerikaner sich seit der Wirtschaftskrise besser als die Deutschen oder die Europäer.

Transatlantische Wachstumsvergleiche zwischen den Vereinigten Staaten und Europa leiden oft darunter, dass die Statistiker dasselbe messen, es aber unterschiedlich ausdrücken. Das Stichwort lautet: Annualisierung. Diese lässt zumindest optisch die Vereinigten Staaten oft besser dastehen. Bei den jetzt veröffentlichen ersten Angaben zum Wachstum im Euroraum und in Deutschland im ersten Quartal 2013 fallen diese statistischen Unterschiede nicht ins Gewicht: Die Zahlen sind auf europäischer Seite ganz einfach schlecht.

Die deutsche Wirtschaft stagniert faktisch und die Euroraum-Wirtschaft schrumpft abermals. Im Vergleich haben die Vereinigten Staaten die globale Wachstumsdelle seit der zweiten Jahreshälfte 2012 besser überstanden. Das gilt auch dann, wenn die Daten – wie in dieser Grafik – wirklich vergleichbar (und für Amerika nicht annualisiert) sind.

© Patrick WelterWachstumsvergleich 1

Nun sind alle diese Daten vergangenheitsorientiert und sie sagen relativ wenig über die künftige konjunkturelle Entwicklung aus. So ist bei weitem noch nicht klar, ob etwa die deutschen oder die amerikanischen Hoffnungen sich erfüllen, dass die Delle überwunden ist oder wird. Ebenso unklar ist, wann der Euroraum die seit Ende 2011 andauernde Rezession überwindet.

Aufschlussreich ist für den transatlantischen Vergleich dennoch, sich die Konjunkturentwicklung in einer anderen Beobachtungsweise anzuschauen und auf die Veränderung des BIP gegenüber dem Vorjahresquartal zu fokussieren. Diese Betrachtungsweise nimmt ein wenig kurzfristiges Gezappel aus den Kurven und lässt den Trend besser erkennen.

© Patrick WelterWachstumsvergleich 2

In diesem Vergleich zeigt sich ein deutlicher Unterschied zwischen den Vereinigten Staaten und den Europäern: Die amerikanische Wirtschaft wächst seit Jahresbeginn 2010 – unter nur leichten Schwankungen – mit einer Rate von rund 2 Prozent. Das ist im historischen Vergleich nicht überragend, aber bemerkenswert stabil.

In Deutschland und im Euroraum dagegen gehen die Wachstumsraten (gegenüber dem Vorjahresquartal) seit Jahresbeginn 2011 stetig zurück. Zuletzt waren sie nicht nur im Euroraum, sondern selbst in Deutschland negativ. Das heißt, zum ersten Mal seit der Wirtschaftskrise war die deutsche Wirtschaftsleistung geringer als vor einem Jahr.

Dieser Vergleich zeigt, warum die Amerikaner nervös werden, wenn sie auf das europäische Wirtschaftsdrama schauen: Der seit zwei Jahren andauernde Abwärtstrend der Euro- und der deutschen Wirtschaft ist unübersehbar und bislang nicht gebrochen.