Pop-Anthologie

Nick Cave: „The Mercy Seat“

Dass er der Schmerzensmann des Psychopop ist, beweist Nick Cave in diesem Song mit allen darstellerischen Mitteln. Allein das Video ist ein lebendiges Altarbild. Steht am Ende Verdammnis oder Erlösung?

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Der Songtext befindet sich diesmal wegen seiner besonderen Länge am Textende.

 

Hieronymus im Gehäus – oder: Locked in forever that’s not a long time!

Der Song „Mercy Seat“ auf dem 1988 erschienenen Album „Tender Prey“  kann als Erkennungslied für Caves Werk insgesamt gelten – kaum ein Konzert seither, auf dem es nicht gespielt worden wäre. Bereits das Cover der Platte mit seiner Schrift in Blutrot und Pechschwarz zeigt die Pole, zwischen denen sich Caves Leben und seine Lyrik aufspannt: Gott versus Verdammnis und innere Höllenqualen. Auf dem Single-Cover ist Cave nur mit einem weißen Unterhemd bekleidet, kauert in der Ecke eines Raumes, der mit seinen nackten Ziegelwänden an eine Gefängniszelle denken lässt. An die schrundige Wand gepinnt ist ein billiger Druck mit Christus darauf. Indem Cave von schräg oben fotografiert ist, sieht man seinen linken Arm nur im Anschnitt, den er schützend vor den Körper genommen hat. Fast mitleiderregend in sich verkrümmt wirft er einen Schatten, bei dem der Arm monströs aus seinem Kopf herauswächst. Der Schatten wirkt nicht weniger als dämonisch. Noch dazu spoilert der dunkle Kerl: Er wirft seinen langen Schatten voraus auf den Ausgang der Geschichte, weshalb diese Vorwegnahmen im Englischen auch treffend „foreshadowing“ genannt werden. Der Insasse ist gefangen, hängt irgendwo zwischen Nahtod und Hölle. Sein Foto wurde dem Musikvideo zu dem Song entnommen, dessen Gefängnisszenen ebenfalls in Schwarzweiß gedreht wurden; die gegengeschnittenen Szenen mit der Band darin sind hingegen in Farbe. Somit bildet die Zelle auf dem Coverfoto die hohle Gasse in die Unterwelt der platonischen Höhle des Musikvideos:

Gemurmel. Geigengeflirre, Gitarrengeschrabbel. Eine Stimme setzt ein: „Sie“ – eine wie bei Kafka undefinierte Instanz und Macht – hätten ihn von zu Hause verschleppt, beschwert er sich zwischen aggressiven Zigarettenzügen, sie hätten ihn in die Todeszelle gesteckt, als Kandidaten für den Elektrischen Stuhl, dem namensgebenden „Mercy Seat“. Er aber ist „nahezu völlig unschuldig, Du weißt schon“. Die böse Saat des Zweifels ist bereits in die dritte Zeilenfurche gesät.

Er hat seine Unschuldsbehauptungen auch schon eine ganze Zeit lang bevor wir hinzukamen vor sich hingebrabbelt, denn er sagt „es jetzt noch einmal“: „Ich. Habe. keine. Angst. zu. sterben.“ Der abgehackt nachdrücklichen Interpunktion des telegrammhaften Schriftbilds entsprechen die herausgepressten Worte im Sprechgesang. Mit diesem geht es weiter: Zur Charakterisierung seiner versifften Umgebung, die seinen jämmerlichen inneren Zustand spiegelt, beschreibt er nun die spärlichen Dinge, die ihn umgeben. Ein alter, abgenutzter Becher, ein ausgeleierter Wischmopp, die „verdammten Rollen des Essenswagens“. Der Raum und seine Requisiten sind ein Spiegel seiner Seele.

© dpa„Salvator Mundi“ von Leonardo da Vinci

Und unvermittelt blitzt im Lied die erste Metapher aus dem religiösen Bilderschatz auf: Auf der Haut seiner Suppe erscheint ihm das Antlitz Jesu als Vision. Lange bevor beispielsweise Marienerscheinungen auf Nutella-Toastbroten und in anderen angegammelten Lebensmitteln überhandnahmen, hat es Cave vorhergesehen – eine verwahrloste Gesellschaft gebiert in ihrer rasenden Unvernunft immer mehr Ungeheuer, heilige wie dämonische. Während Cave davon singt, dass ein krummer Tierknochen eklig aus der Pampe im Essnapf heraussteht, ist gleichzeitig neben ihm ein angepinnter Öldruck des knochigen Passionschristus zu sehen, der aus seinem Grab aufersteht.

Die Videos zu Cave-Songs warten fast immer mit Gegenbildern auf, die das Gesungene konterkarieren. Aber nicht nur die Videobilder kippen ständig wie ein Vexierbild in ihr Gegenteil; auch die Gesten des Häftlings wandeln sich von dem ausgestreckt bohrenden Zeige- und Mittelfinger, die auch eine Pistole sein könnten, zu einem Segensgestus, der die Auferstehung Christi aus dem Grab gestisch imitiert und mit dem der Verurteilte gleichzeitig ironisch dem Zuschauer die Schuld vergeben zu wollen scheint.

Der Thron der Gnade

Schnitt und Szenenwechsel von der engen Zelle in einen weiten Raum: Die vier Musiker von Caves Band The Bad Seeds stehen in einem blau ausgeleuchteten Saal und tragen in einer Art Corporate Identity das Blutrot und Tiefschwarz des Covers; nur der Schweizer Trommler Thomas Wydler ist komplett dunkel gekleidet. Rechts sind hinter einer durchsichtigen Membran auf erhöhter und giftgrün ausgeleuchteter Bühne die Schatten von Violinisten zu sehen, vielleicht eine Hommage an die Schattenspiele hinter Tuch im Musikvideo „Boys don’t cry“ von The Cure. Während die Bandmitglieder wie die Robotermusiker von Kraftwerk scheinbar unbeteiligt am Schicksal des Gesungenen starr wie Statuenbilder stehen, entfernt sich die Kamera von ihnen und zieht nach oben.

Es ist eine künstliche Unbeteiligtheit, denn nun setzt abrupt der Refrain mit schmerzerfüllt-brüchiger Stimme ein. Cave bleibt dabei der Gefängnisinsasse, wie dieser soeben in der Zelle raucht er mit identischer Geste beim Singen. Der Elektrische Stuhl warte schon auf ihn, singt er, er fühlt seinen Kopf bereits brennen, und er sehnt sich geradezu danach, dass all das Abwägen von Wahrheit in den Verhören, die jedes seiner Worte auf die Goldwaage legen, bald vorbei ist. Die alttestamentliche Vergeltungsformel „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ aus dem biblischen Buch Leviticus fällt, und einen Sekundenbruchteil wähnt man das als Schuldgeständnis, er erhalte seine gerechte Strafe, bevor die klingende Reprise „Ich habe so oder so die Wahrheit erzählt!“ eindeutige Aussagen sofort wieder aufhebt, gefolgt von der trotzig vorgetragenen erneuten Volte, er habe ohnehin keine Angst zu sterben. Insgesamt zehn Mal wird sich, leicht variiert, dieser Refrain wie ein Mantra wiederholen. Zentral ist dabei, dass im Lied die Hinrichtungsmaschine des Elektrischen Stuhls euphemistisch „Mercy Seat“ genannt wird, womit im Mittelalter der Gnadenthron im Himmel gemeint war: dort und nur dort, konnte man bei Christus, der auf diesem thronte, Gnade und Sündenvergebung erfahren. Das Alte Testament mit seiner 1:1-Vergeltungslogik steht damit unversöhnlich neben der neutestamentlichen Erlösungstheologie Christi. Dem Hörer bleibt die Frage, was denn nun stimmt – Vergebung, Erlösung oder stumpfe Rache.

Schnitt zurück in die Zelle, in der jetzt ein unheimlicher Wind weht. Das Bild des auferstehenden Christus flattert heftig, der Delinquent zieht fröstelnd die Schultern hoch. Er stellt sich als jemand vor, der die Signale und Zeichen sehr wohl hört und sieht; er listet sie auf: Ein scharlachroter Nebel. Zähne, ebenso schwarz verschimmelt wie die Wände. Das Blutrot und Schwarz sind als böse Omen wieder da. Beides baut sich dräuend hinter ihm auf wie „nach Verderben stinkender Atem“, „sick breath“, was er vier Mal hintereinander wie gehetzt von dieser Drohkulisse herauspresst und was zusätzlich als pseudo-unterschwellige Botschaft fett in Weiß auf schwarzem Grund zwischen den Videobildern aufblitzt. Zunehmend undeutlich changiert der „sick breath“ zuletzt zu „sick rat“, der Ratte als stetem Kerkermitbewohner, wie auch zu „secret“, dem ominösen Geheimnis, das ihn vor sich hertreibt. Auch blutrote und schwarze Wände werfen also ihre Schatten voraus: erneut ein Vorzeichen.

© dpaNick Cave während seiner Deutschlandtour im Oktober 2017

Christ in disguise

Hinter den Gefängniswänden allerdings rumort es. Eine Geschichten wandert als stille Post von Zelle zu Zelle, dass nämlich in einer ähnlich winzigen Kammer Christus geboren worden sei. Und dass dieser wie die Todeskandidaten als „ragged stranger“, als zerlumpter Fremdling, als Der-Welt-abhanden-Gekommener – natürlich auch unschuldig – am Kreuz starb. Das versöhnliche Gleichnis endet mit rabenschwarzem britisch-australischen Humor á la Monty Pythons „Life of Brian“: Dieser Tod an einem Marterpfahl aus Holz scheint dem ebenfalls zum Tod Verurteilten nur sinnig und passend für den Sohn eines Zimmermanns.

Damit geht es wieder zurück in die sehr irdische Zelle: Auf die Knöchel seiner geballten Faust hat er die Buchstaben E V I L, B Ö S E, als Warnung tätowiert. Er beschimpft die fünf Finger als verkommen, weil sie nicht widerstanden, das zu tun, was er nicht ausspricht.

Don’t bleed, bis zum bitteren Ende

Schnitt: Die Kamera zoomt auf Cave, wie er mit weißgeschminktem Gesicht, tiefen Augenringen und über der Stirn zu Berge stehendem Haar mit dem Mikroständer umherschwankt. Die Stimme geht in die Höhe, dort, im Himmel, steht der Weltgerichtsthron Christi aus purem Gold, darin aber eingebaut ist ausdrücklich die im zweiten Buch Mose 25,10ff. beschriebene Bundeslade des Alten Testaments, die gleichermaßen aus goldverkleidetem Holz gefertigt ist. Das von Cave gesanglich stark akzentuierte „Testament“ kann zugleich als Anspielung auch auf den letzten Willen des Totgeweihten mitschwingen. Christus als Weltenrichter ist Erlöser und Rachegott in einem. Der irdische Gnadenthron hingegen ist aus Holz – wieder eine Aufnahme der Kreuzesholzmetaphorik – mit Elektrokabeln montiert und setzt seinen Körper in Brand wie ein Scheiterhaufen aus Zunder. „Aber Gott ist niemals weit weg“.

© dpaDer Christus auf dem Corcovado, Rio de Janeiro

Er steigt in den Stuhl, verschmilzt mit der Tötungsapparatur, weil sein kahlgeschorener Schädel nun ebenfalls verdrahtet wird wie Christus, dem von den Schergen die Dornenkrone aufs Haupt gedrückt wurde. Durch die gewaltigen Stromstöße, die durch ihn hindurchfahren, fühlt er sich wie eine Motte, die im heißen Glutkern einer Kerzenflamme verbrennt – „Nur um sich im Tod eine Weile zu verstecken“, wie er seine wiedergängerische Rückkehr als Untoter androht.

Wie die Motten-Metapher, die der Anziehungskraft des hellen, goldenen Lichtes nicht widerstehen kann, eine der ältesten Vanitas-Bilder ist, gehört auch die nun folgende Metapher des goldenen Eherings, die wiederholt in Caves Texten auftaucht, zum ältesten Bestand der Vergänglichkeitsbilder in der Kunst. In den Ring sind zwar die hoffnungsvollen Lettern „G O O D“ eingraviert, er wird aber als leidgeprüft bezeichnet, der teuflisches Blut zu bändigen hat, dies aber wohl kaum vermag.

Sieben Mal folgt daraufhin der Refrain, der mit seinem ständig verwirrender werdenden Repetitionen des Abwägens von Wahrheit und Lüge, den starrend ungläubigen Blicken sowie mit dem unerhörten Furor des Vortrags einen Schwindel verursacht. Hypnotisch steigert er sich hinein – offensichtlich jetzt schon auf dem Elektrischen Stuhl sterbend – er helfe mit seinem Tod sogar, dem ganzen Verdrehen der Wahrheit ein Ende zu bereiten, definitiv will er Ihnen den Spaß verderben mit ihrer „Wahrheit oder Konsequenz“-Posse, die im Original „Truth or Consequences“, eine Anspielung auf ein weit verbreitetes Spiel in der angelsächsischen Welt, ist. Mit jeder Wiederholung wird nur umso deutlicher: Er versucht mit seinen Endlosschleifen als verbalem Taschenspielertrick Verwirrung zu stiften, ein Pokerspieler, der nun nichts mehr zu verlieren hat. Die Kamera beginnt immer mehr zu torkeln, gleichsam wie die vom Körper des Hingerichteten befreite Seele durch den Raum zu schweben. Der Regisseur setzt die vom Schutzpatron der Kameraleute, Michael Ballhaus, erfundene „Kinski-Schraube“ ein, und dreht sich wie weiland Ballhaus um die in Stein gemeißelte Psychopathenphysiognomie Klaus Kinskis, nun um die hart ausgeleuchteten Gesichter und Körper der Bandmitglieder, die endgültig zu Statuen versteinert sind. Die Videobilder zucken und flackern immer stärker, stroboskopartiges Licht erzeugt den Eindruck der zuckenden Elektroblitze des Todesstuhls.

© dpaChristliche Märtyrinnen – Farblithographie von August Lüttmann

Cave hebt für einen Moment wie ein Priester die Arme nach oben, in der christlichen Bildsprache der sogenannte „Heilandsgestus“, der segnet. Seine Augen, die zugleich ja die des Delinquenten sind, gehen nach oben gen Himmel als suche er dort Erlösung, was der traditionellen Ikonographie des theatralisch „Himmelnden Blicks“ christlicher Märtyrer kurz vor ihrem gewaltsamen Tod entspricht.

Sein Gesicht verschwimmt plötzlich milchig, als würden die Augäpfel durch die Hitze des Hinrichtungsstroms schmelzen und nicht mehr klar sehen können. Wie bereits der unheimliche Schatten auf dem Coverfoto bildet sich innerhalb dieses milchigen Gesichtsschemens eine verschattete Binnenfläche, die einer Dämonenfratze gleicht.

Die letzten beiden Sätze erst enthüllen schließlich seine wahre Natur, die lange Nase, die er durch das Lied hindurch gedreht hat: „Und ich habe so oder so die Wahrheit erzählt! Aber leider habe ich gelogen“.  Cave tritt ab. Nur noch das jaulende Kreischen der Gitarre Blixa Bargelds fräst sich die letzten Sekunden ins Gehirn.

Epilog: Tod und Auferstehung, gern auch live auf der Bühne

Die Bildsprache des Videos ist überdeutlich herausgeschnitzt: es ist nahezu durchgängig in Rot und Schwarz getaucht, das Blut und Tod symbolisiert, im Zeitkontext 1988 in Berlin auch Autonomie und rebellische Unabhängigkeit. Die aus der christlichen Ikonographie entlehnten Urbilder sind global verständlich und verstärken den Liedtext ebenso wie den Gesang, weil sie den Todeskandidaten bis zur letzten Zeile in große Nähe und widersprüchliche Einheit zu dem gleichfalls totgeweihten Christus in seiner Passion bringen. Am Ende reißt Cave die Arme ikonographisch im Heilandsgestus nach oben, wie er es auch in jedem der folgenden Videos vollführen wird.

Die Behauptung scheint daher nicht allzu gewagt, dass eine Trennung zwischen dem Delinquenten in der Zelle und Cave visuell wie auch textlich verschliffen wird. Cave gibt seit jeher den Schmerzensmann des Psychopop, aber er ist es auch. Die klaustrophobische Zelle des Videos ist dabei ebenso Spiegel der Seele wie seine winzige Kammer in Berlin, in der das Lied entstanden ist. Durch die wiederholte Abbildung in gleich mehreren Bildbänden inzwischen ikonisch für Caves Berliner Exil stehend, wäre es übertrieben, dieses Zimmerchen voller Heiligen- und Pornobilder von seinen Abmessungen her eine Mönchszelle zu nennen.

© Reinhard Kleist, Carlsen VerlagSeite aus der Graphic Novel „Nick Cave“ von Reinhard Kleist

Über Monate hinweg kreiste Cave um das Lied wie die verirrte Motte des Texts um das Licht. Wie er in überraschender Offenheit auf der Konzerttour im Oktober 2017 gestand, lag es am „Amphetamine“, das er in dieser Zeit exzessiv konsumierte, dass es ein geschlagenes Jahr dauerte, bis der Text fertig war, den er – wiederum entwaffnend offen im Konzert – „wohl auch an einem Tag hätte schreiben können“. Erneut ein biblisches Motiv:  für Gott sind im Ausnahmezustand der Apokalypse „Tausend Jahre wie ein Tag“. In der erlebten Zellenhaft der Seele wird Zeit relativ, kann jede auf den Tod gewartete Minute zur Ewigkeit werden und umgekehrt ein Jahr in der Rückschau wie ein Wimpernschlag erscheinen.

Der Zeichenkünstler Reinhard Kleist hat zuletzt in seiner schwarzweißen Graphic Novel „Nick Cave“ dessen Passion in diesem Jahr verewigt: Selbst gewählte Klausur im eisigen Berlin und Weltentfremdung, Unmengen von Drogen, Delirium, alles dreht sich in Endlosschleifen, er spritzt sich bildlich Tinte in die Adern. Parallel zu „Mercy Seat“ entsteht als weitere Tortur das alttestamentlich wuchtige Buch „And the Ass saw the Angel“. Zuletzt stieben in Kleists Graphiknovelle auch noch die Blätter des Textes im Wind auseinander und gehen teils verloren, was eine treffende visuelle Metapher für das Montagehafte des Textlaufs ist.

Die fixe Idee von Wahrheit oder Lüge kreist unausgesetzt im Song-Raum; in den Bibel-Apokryphen fragt Pontius Pilatus seine Frau, die ihn bittet, Christus nicht unschuldig zum Tod zu verurteilen, zurück, was denn Wahrheit überhaupt sei. Auch Cave verweigert wie stets kategorisch jegliche Eindeutigkeit. Insofern kann „Mercy Seat“ als Grundton stellvertretend für sein gesamtes Werk stehen. Ein Lied der Urängste, von (Gott-)Verlassenheit, Verzweiflung, Auflehnung, Resthoffnung auf Erlösung. An Cave ist tatsächlich, wie oft geschrieben wurde, ein Priester verloren gegangen. Allerdings einer, der nicht Wasser predigt und Wein säuft, sondern einer, der den bitteren Kelch auf der Bühne und im Leben bis zum Ende austrinkt.

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Nick Cave & The Bad Seeds: „The Mercy Seat“

It began when they come took me from my home
And put me in Dead Row,
Of which I am nearly wholly innocent, you know.
And I’ll say it again
I . am. not. afraid. to. die.

I began to warm and chill
To objects and their fields,
A ragged cup, a twisted mop
The face of Jesus in my soup
Those sinister dinner deals
The meal trolley’s wicked wheels
A hooked bone rising from my food
All things either good or ungood.

And the mercy seat is waiting
And I think my head is burning
And in a way I’m yearning
To be done with all this measuring of proof.
An eye for an eye
A tooth for a tooth
And anyway I told the truth
And I’m not afraid to die.

Interpret signs and catalogue
A blackened tooth, a scarlet fog.
The walls are bad. Black. Bottom kind.
They are sick breath at my hind
They are sick breath at my hind
They are sick breath at my hind
They are sick breath gathering at my hind

I hear stories from the chamber
How Christ was born into a manger
And like some ragged stranger
Died upon the cross
And might I say, it seems so fitting in its way
He was a carpenter by trade
Or at least that’s what I’m told

Like my good hand
tattooed E.V.I.L. across it’s brother’s fist
That filthy five! They did nothing to challenge or resist.

In Heaven His throne is made of gold
The ark of his Testament is stowed
A throne from which I’m told
All history does unfold.
Down here it’s made of wood and wire
And my body is on fire
And God is never far away.

Into the mercy seat I climb
My head is shaved, my head is wired
And like a moth that tries
To enter the bright eye
So I go shuffling out of life
Just to hide in death awhile
And anyway I never lied.

My kill-hand is called E.V.I.L.
Wears a wedding band that’s G.O.O.D.
‚Tis a long-suffering shackle
Collaring all that devil blood.

And the mercy seat is a-burning
And I think my head is flowing
And in a way I’m hoping
To be done with all this weighing up of truth.
An eye for an eye
And a tooth for a tooth
And I’ve got nothing left to lose
And I’m not afraid to die.

And the mercy seat is waiting
And I think my head is burning
And in a way I’m yearning
To be done with all this measuring of proof
An eye for an eye
And a tooth for a tooth
And anyway, there was no proof
And nor a motive why.

And the mercy seat is waiting
And I think my head is burning
And in a way I’m yearning
To be done with all this measuring of proof.
A life for a life
And a tooth for a tooth
And anyway there was no proof
And I’m not afraid to die.

Now the mercy seat is waiting
And I think my head is smoking
And in a way I’m hoping
To be done with all these looks of disbelief.
A eye for an eye
And a tooth for a tooth
And anyway I told the truth
And I’m not afraid to die.

And the mercy seat is waiting
And I think my head is burning
And in a way I’m yearning
To be done with all this measuring of proof
An eye for an eye
And a tooth for a tooth
And anyway I told the truth
And I’m not afraid to die.

And the mercy seat is waiting
And I think my head is burning
And in a way I’m yearning
To be done with all this measuring of proof.
A eye for a eye
And a tooth for a tooth
And anyway I told the truth
But I’m not afraid to lie.

And the mercy seat is waiting
And I think my head is burning
And in a way I’m yearning
To be done with all this measuring of proof
An eye for an eye
And a tooth for a tooth
And anyway I told the truth
But I’m afraid I told a lie.