Stützen der Gesellschaft

Stützen der Gesellschaft

Leben, Bildung, Torten und sozialunverträgliches Spätableben unter Stuck und Kronleuchtern.

Man muss das Alter nicht fürchten

Regen, Kälte, pfeifender Wind und 1600 Kilometer kein Dach über dem Kopf: Kaum ein Ort könnte für ältere Herrschaften unpassender als die Mille Miglia 2013 sein. Trotzdem sind sie gefahren, und geben ein Beispiel für ein Alter in Abgasen, Schmutz und Würde.

Roma o Morte!
Garibaldi

Man muss das Alter nicht fürchten. Nicht in Europa, nicht auf der angenehmen Seite des Lebens, wenn man denn durchkommt. Mehr Angst würde mir die Vernunft bereiten. Aber vielleicht, hoffentlich, wird es ja so:

Und, wie geht es uns denn so, frisch im 8. Lebensjahrzehnt und im Ruhestand angekommen?

Gut, Herr Doktor. Sehr gut.

Also, Ihre Werte sehen ja ganz ordentlich aus, nur die Torten sollten sie reduzieren, und vielleicht ein wenig mehr auf warme Kleidung achten, die Lungen, Sie verstehen.

Aber sicher, ich bin immer korrekt gekleidet, ich habe viele Handschuhe, Mützen, Hüte, Helme…

Hahaha, guter Witz, nein, im Ernst, Sie müssen es ja nicht gleich übertreiben.

Gut, dann setze ich nur ein Käppi auf, wenn ich in Italien bin.

Sie fahren nach Italien? Mit dem Bus?

Nein, meine Frau und ich, wir wechseln uns beim Fahren im Privatwagen ab, alle zweihundert Kilometer, wegen der Konzentration.

Und wohin geht die Reise, wenn ich fragen darf?

Och, wir tingeln mit einigen anderen alten Herrschaften ganz langsam von Brescia nach Rom und dann wieder zurück, Verona, Ferrara, Assisi, Perugia, Siena, Florenz, Modena, das übliche Besuchsprogramm. Sie wissen ja, wie das ist, in meinem Alter, da muss man kürzer auf die Pedale treten, wer bremst verliert und unser Wagen hat noch nicht mal ABS, da sollte man keine 200 mehr fahren.

(Beim Anklicken eines Bildes öffnet sich die Galerie mit 800 Pixel Breite, beim Öffnen in einem neuen Tab werden die Bilder 1200 Pixel breit. Und unten kommt noch mehr vom Start der Mille Miglia 2013 in Brescia.)

Äh, nein, natürlich nicht, 200, da kommt man ja ins Gefängnis…

Also, in meiner Jugend, da bin ich noch in 7 Minuten den Jaufenpass hoch!

Das waren aber noch andere Zeiten. Entsetzlich. Kann man sich gar nicht mehr vorstellen, diesen Gestank von Benzin, das muss ja schrecklich gefährlich gewesen sein.

Und kalt, Herr Doktor, ich bin da mal das Penserjoch im Schneesturm hoch, offen, mit ausgefallener Heizung in einem italienischen Cabrio…

OH GOTT und Sie haben das überlebt? Hat nicht ihr Personal Health Assistent sofort den Krankenwagen gerufen?

Das gab es damals noch nicht. Das waren noch andere Zeiten.

Na zum Glück sind Sie vorbei! ich wünsche ihnen eine gute, erholsame und angenehme Reise! Leider soll es in Italien ja noch regnen.

Ja, ganz schrecklich, Brescia ersäuft in Wolkenbrüchen, aber das habe ich ja auch schon erlebt, als ich vor 25 Jahren beruflich dort war, da hat es mal einen ganzen Tag geschüttet und dann immer weiter bis nach Rom, das alles im angeblich so schönen Mai in Italien, es war bitterkalt und was habe ich damals gefroren…

Was haben Sie denn damals in Brescia gemacht?

Ach, für die FAZ, die Sie heute als Frankfurter Allgemeine Digitalwelt – Letztes existierendes Zeitungshaus für Deutschland – kennen, nur ein paar alte Leute photographiert, die damals die gleiche Reise machten, die wir jetzt auch antreten.

Na dann, viel Spass bei ihrer wohlverdienten Seniorenreise und passen Sie auf!

Keine Sorge, wir haben fest vor, wohlbehalten als Erste in Rom und Brescia wieder anzukommen.

Sicherheit und Vorsicht gehen vor.

Hubraum und PS aber auch.

Was?

Nichts. Leben Sie wohl, Herr Doktor, und viel Spass mit Ihrem Digital Driving Assistent.