Ich. Heute. 10 vor 8.

Wenn ich ein Mann wär

 

Sie machen mir ein Angebot, das ich nicht ablehnen kann, weil ich es doch genau so gewollt habe, weil ich sie doch genau so wollte und will. Vierjährige Mädchen in gepunkteten Bikinis, die knappen Oberteile zu einer frühen Brustsimulation gepolstert, tollen im Strandbad. Die Stoffeinlagen wandern im Alter von sechzehn Jahren als Silikonimplantate ins Körperinnere, eine bleibende Investition. Denn ich, der Mann, will stehende, schwellende Brüste, da steh ich zu. Meine eigene stolzgeschwellte Brust gilt der Frau – vierundzwanzig jetzt – die ich mir ausgesucht habe, im Club oder im Café, wo sie und ihre Freundinnen auf hohem Rosse saßen, mit dem Strohhalm an meiner Gier entlang saugend. Longdrinks auf Highheels, von dem Mann für den Mann. Abgerechnet wird zum Schluss. Der verdiente One-Night-Stand, aus dem mehr werden soll. Immer soll ich drauflegen, die Währung wechseln als Return on Investment. Für die Brüste, die Absätze, den Angebots-Nachfrage-Irrtum, der sie vom Produkt meines Youporn-Begehrens zu meiner großen Liebe machen soll. Ruf!Mich!An! flehen ihre kopflosen Augen, bevor meine Tür hinter ihnen in ihr Luftschloss fällt. Ein paar Jahre schaue ich dem Treiben zu, bis sie ihr Angebot alltagstauglich puffern, Karrieren zu den Körpern, Absätzen und Haarverlängerungen gepackt haben und kinderlieb daherkommen. Vierunddreißig sind sie, nun ticken sie richtig im Takt ihres biologischen Weckers. Bei mir klingelt es, ich mache auf. Auf Familie, auf Verständnis – und auf Dienstreisen begutachte ich das käuflich verfügbare Zusatzangebot. In die Jahre gekommen, ich, aber mehr noch sie, schämen sie sich nun der jederzeit googlebaren Vierundvierzig, hoffen auf die weich zeichnende Kraft der von mir gekippten Drinks in der Hotelbar – noch attraktiv, aber schon dankbar. Ich aber kann weiterhin in alle Richtungen gehen, gerne auch zurück auf vierundzwanzig. Wieder hocken sie auf der Stange, halten mich für das goldene Ei, die nächste Generation Vierundzwanzigjähriger, deren Mütter, vierundfünfzigjährig, sich der Gewissheit hingeben, mein Begehren in ihrer Menopause abgefrühstückt zu haben. Du willst mich nicht, ich brauch dich nicht. Ein bisschen Geld ist jetzt hilfreich, viel Esoterik nötig, um Selbstverachtung in Souveränität umzudeuten. Mit vierundsechzig dann setzen dieselben Frauen auf meine Dysfunktion. Sie soll mich rückführen in den trocken gelegten Schoß der Familie, in ein tief geseufztes „Jetzt isses auch egal“. Das Gleichgewicht des Schreckens einer gemeinsamen biographischen Impotenz, von keiner Lust zu Wollen mehr durchpulst, sentimentalisiert zum Glück der späten Jahre.

Das habe ich nicht gewollt, sage ich den Frauen spätestens dann, aber lieber sage ich das jetzt: Ich will das nicht. Ich lehne Euer Angebot ab, Euch in meinem Namen zur Ware zu machen. Ich brauche Euch auch nicht mit Nummern vor der Brust hinter Schaufensterglas drapiert, mit Stöpseln auf den Ohren an die Bordsteine gestellt, um von mir für dumm gekauft zu werden. Macht was ihr wollt, aber nicht in meinem Namen, und nicht in dem meines Portemonnaies, in dem ohnehin kein Bargeld lacht, sondern allein die Quittung mit dem Strich durch Eure Rechnung.

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