Ich. Heute. 10 vor 8.

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Frauen schreiben. Politisch, poetisch, polemisch. Montag, Mittwoch, Freitag.

Das war doch klar

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Warum es überhaupt keine Überraschung ist, dass Ursula von der Leyen jetzt ins Verteidigungsministerium marschiert.

„Überraschung“, „historisch einmalig“, „ihr Kommando“, „kometenhafter Aufstieg“, „gefährlichstes Amt“. Hilfe! Welcher Muskel wird denn hier angestrengt? Ursula von der Leyen ist Verteidigungsministerin, und das Land rastet aus.

Was ist denn daran überraschend? Zum Einen verfolgen wir doch schon seit längerem bei der konservativen Partei CDU, wie ihre Frauen Machtpositionen besetzen, und zum Anderen ist die Verteidigung von Staaten, das heißt: mit Soldaten und Kriegen möglichst bürgerverträglich zu hantieren, kein frauenfernes Thema, man denke an Madeleine Albright, Margaret Thatcher und Beate Uhse (flog im Zweiten Weltkrieg den Strahljäger Messerschmitt Me 269). Und jetzt wird die CDU, die christlichste Partei Deutschlands mit der größten Wählergunst, halt zum Amazonenstaat.

Überraschend finden viele die Besetzung auch, weil der Verteidigungsminister bisher so etwas war wie der Lehrer für Zaubertränke bei Harry Potter: Wer das Amt antritt, muss wissen, dass es hässlich enden kann. Wir erinnern uns – ganz kurz, um keine schlechte Laune aufkommen zu lassen – an die traurige Berühmtheit Rudolf Scharpings, Karl-Theodor zu Guttenbergs und Thomas de Maizières. Obwohl wir natürlich auch viele fähige Verteidigungsminister hatten, wie Peter Struck oder Franz Josef Jung, die brav in den Krieg gezogen sind… ach nein, Franz Josef Jung ist auch hässlich ausgeschieden.

Aber Ursula von der Leyen ist nicht die betrügerisch arbeitende Glaskugelleserin wie ihre Kriegsheldenvorgänger, die munter in den Irak oder nach Afghanistan einmarschiert sind oder lustig unbemannte Flugobjekte dorthin schicken wollten. Man muss auch keine Angst haben, dass sie in einem Jahr das Zeitliche als Ministerin segnet, denn sie ist genau das, was ein Ben & Jerrys Eiscreme-Becher verspricht: Von allem zu viel. Das ist das Prinzip von der Leyen.

Wer mit 100 Geschwistern aufwächst, 300 Kinder bekommt, nebenbei auch noch Medizinerin ist, eine der beliebtesten Politikerinnen und auch allerhäufigster Talkshowgast, bekommt alles hin und zeigt vor allem, dass sie alles haben will und erhalten kann. Der Name Ursula von der Leyen ist eine Superlative – das macht Angst.  Und Angst ist eine „Überraschung“. Diese Frau potenziert sich. An Kindern, an Auftritten, an Ämtern. Wir müssen uns also keine Sorgen machen, dass sie übermorgen das „schwierigste Amt“ als Verteidigungsministerin des Landes nicht mehr haben wird. Wenn sie es nicht mehr hat, dann nur, weil sie Innenministerin ist oder die neue Chefin des BND.

Das ist kein kometenhafter Aufstieg: Ihr Aufstieg begann damit, dass die Frau nicht nur ein Kind bekommen hat, sondern sieben Kinder (wir haben oben etwas übertrieben) sieben Jahre brütete – ohne Nervenzusammenbruch und auch ohne nur eine Karrieresprosse zu verpassen, und es sich leisten konnte, hin und wieder etwas seltsam in die Tagesthemen-Kamera zu brabbeln, aber ansonsten ganz aufgeräumt auftrat, wie gestern bei Günter Jauch.

Sie hebelt unsere ganze Diskussion über arbeitende Mütter aus. Das Familienbild ist gar ein matriarchales. Über sieben Kinder musst du gehen. Wer in dieser Familie überfordert aussieht, ist der Mann. Wer in den letzten Regierungsjahren überfordert war, waren Minister wie Pofalla oder Friedrich oder … vergessen. Allesamt nebenberufliche Wahrsager, die ihre Tarot-Karten falsch herum gehalten haben.

Ein bisschen unheimlich ist es bestimmt, wie diese Frau durchmarschiert, aber Armeen hat sie ja schon längst geführt.


6 Lesermeinungen

  1. f0a0 sagt:

    269?
    Messerschmitt 269?

    NS:
    Kai-Uwe von Hassel hatte (s)einen Starfighter-Sohn verloren…

  2. ThorHa sagt:

    Wird bestimmt so richtig erbaulich, wenn ein ungedientes Weibchen
    Männern erklären will, wie man stirbt. Oder tötet. Ich würde nicht zuhören.

    Aber am Ende des Tages ist es völlig wurscht, wer im bequemlichkeitspazifistischen Deutschland die Restbundeswehr abwickelt. Genügend Durchstzungsvermögen wie Verwaltungserfahrung hat Leyen ganz sicher-

    Und sie würde die Frage nicht einmal verstehen, wie man guten Gewissens Menschen auf dem Gefechtsfeld “verwalten” kann, wenn die höchstdenkbare Gefahr für einen selbst sich auf Falschfahren beschränkt. Das hat sie mit praktisch allen deutschen “Eliten” gemeinsam, dafür hat man ja die blöde Unterschicht.

    Die verweigert sich allerdings zunehmend. Und ich hoffe, dass dieser Trend weitergeht, dabei ist eine ungediente Karrierepolitikerin als oberster “Militär” in jedem Fall sehr hilfreich.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • kinky_So sagt:

      Ach,
      jetzt auf einmal spielen Sie die Unterschichtkarte aus. Hätten Sie das auch getan, wenn ein Mann Verteidigungsminister geworden wäre?
      Abwarten. Eine Frau ihres Kalibers kann eine schreckliche Gegnerin sein.
      Als Kriegerin hätte ich gerne jemanden wie Ellen Louise Ripley an meiner Seite und die Strategin Ursula von der Leyen auf der Brücke.

    • ThorHa sagt:

      Wer meine Kommentare zu einschlägigen Artikeln kennt - ja hätte ich und habe ich.
      Meine Verachtung ungedienter Bequemlichkeitspazifisten als Kriegsherren ist grenzenlos, da ist Leyen nur ein Fall unter ganz vielen (Männern). Memmen, die andere zum Töten und Sterben abkommandieren und selbst nicht mal theoretisch jemals in die Situation kommen können – igitt.

      Das Urteil gilt für die gesamte deutsche Funktionselite schon dann, wenn sie sich an irgendeiner sicherheitspolitischen Diskussion beteiligt. Es gilt für den Bundestag, wenn er seine halbgaren Auslandseinsätze beschliesst.

      Nein, für die deutschen Schmalspureliten lohnen weder das Töten noch das Sterben. Von daher bin ich Leyen dankbar, die mit ihrer blossen Oberbefehlshaberrolle die Berwerberquote für die Armee weiter senken wird. Ich kann das bloss bei wenigen jungen Männern in meiner Umgebung tun, denen ich meine Verachtung mitgebe, wenn sie über Militär als Arbeitgeber nachdenken.

      Nicht für den grünen Schmalspurpazifisten, der sein Herz für Soldaten entdeckt, als er selber aus dem Militärdienstalter raus ist. Nicht für die deutsche Sozialbürokratin, die genau weiss, wie schlimm doch Kriege sind, aber ihren Arm hochreckt, wenn die Jungs zum Sterben in den Hindukusch geschickt werden. Und nicht für die deutschen Oberschichtabkömmlinge (wie vdL), von deren Sprösslingen nicht mal mehr ein halbes Prozent eine Armee von innen gesehen haben wird, man hat ja wichtigeres zu tun.

      Gruss,
      Thorsten Haupts

  3. Muratpasha sagt:

    Locker bleiben,
    Politik ist ein normaler Beruf, und einer dieser Jobs ist halt Kriegsminister. Es regieren sowieso die Staatssekretäre, und nicht die Pappnasen, die vorne stehen.

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