In Brüssel stand am Donnerstag erstmals seit fünf Jahren die Verteidigungspolitik im Mittelpunkt eines EU-Gipfels – zum Glück. Derzeit finanzieren 28 Staaten 28 Armeen, um Europas Sicherheit zu garantieren. Weil allen das Geld fehlt und sich die USA von der Rolle des Weltpolizisten verabschiedet haben, müssten die Europäer eigentlich besser zusammenarbeiten. Einen Arbeitstitel dafür gibt es schon lange: „pooling and sharing“ – bündeln und teilen, nennen das Sicherheitspolitiker. Doch auch nach diesem Treffen wird aus dieser Idee nichts werden. Dabei wäre das dringend nötig.
Eine militärische Aufgabenteilung wird nur funktionieren, wenn sich alle darauf verlassen können, dass die Partnerländer wirklich einspringen und den gemeinsam angeschafften Panzer oder den Hubschrauber auch bereitstellen, wenn es ernst wird. Doch daran glaubt in der EU offenbar niemand. Der britische Premier lehnt den Aufbau einer handlungsfähigen EU-Armee ab, weil dies die nationale Handlungsfähigkeit in Sicherheitsfragen gefährde. Der französische Staatspräsident wünscht sich nun eine gemeinsame Kriegskasse, weil die französischen Militäreinsätze in Afrika ins Geld gehen. Und die Deutschen ducken sich weg.
Spätestens seit der deutschen Enthaltung beim Libyen-Einsatz haben die Verbündeten erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit der Deutschen. Auch beim jüngsten Versuch, die sogenannten EU-Battle-Groups einzusetzen, sperrten sich die Deutschen. Seit 2007 stehen zwei EU-Kampftruppen mit je 1500 Soldaten parat, um schnell auf Krisen und Konflikte reagieren zu können. Die Soldaten werden im halbjährlichen Rhythmus von den Mitgliedsstaaten entsandt. In Mali hätte man diese Truppen zur Unterstützung der Franzosen bei ihrem Kampf gegen die Islamisten gut einsetzen können. Das wäre im europäischen Interesse gewesen. Doch die Deutschen scheuten den Kampfeinsatz und beschränkten sich lieber auf logistische Unterstützung, auf Entwicklungs- und Ausbildungshilfe. “Ertüchtigungsstrategie” nennt die Bundeskanzlerin das, wenn sie deutsche Soldaten schickt, um afrikanische Soldaten auszubilden. Afrikaner müssten ihre Verantwortung selbst wahrnehmen können, betont Angela Merkel. Hilfe zur Selbsthilfe. Kaum eine Grundlage für eine europäische Verteidigungspolitik. In Brüssel heißt es schon seit Jahren, alles, was Deutschland leiste, sei entweder “too little or too late” – zu wenig oder zu spät.
Thomas de Maizière, bis zum vergangenen Dienstag noch Verteidigungsminister, hat diesen Zustand immer wieder öffentlich beklagt. In seinen Reden hat er selbstkritisch die “Angst vor der eigenen Stärke” beschrieben. Die sei nach der Wende eine willkommene Ausrede für die große Zurückhaltung der Deutschen gewesen, “wenn es darum ging, konkrete eigene sicherheitspolitische Beiträge zu leisten”. Jetzt müssten die Deutschen aber erwachsen werden. Konsequenzen hat Thomas de Maizière aus seinen Reden nie gezogen. Im Gegenteil. Er hat bei der Reform der Bundeswehr sorgsam darauf geachtet, dass die deutschen Soldaten weiter alles selbst können – zu Wasser, an Land und in der Luft. Trotz aller Sparzwänge hält die Bundeswehr an allen militärischen Fähigkeiten fest. U-Boote, Panzer, Kampfhubschrauber. Die Bundeswehr droht zur Bonsai-Armee ohne militärische Durchschlagskraft zu werden.
Tatsächlich ist das Interesse der Deutschen an einer tragenden Rolle in der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik begrenzt. In der Bevölkerung fehlt es an grundlegendem Verständnis für Sicherheitspolitik. In Diskussionsrunden müssen Sicherheitspolitiker regelmäßig erklären, warum Deutschland überhaupt Soldaten braucht.
Ursula von der Leyen wäre lieber Außenministerin geworden. Als Verteidigungsministerin will sie die Deutschen von ihrer internationalen Verantwortung überzeugen. Wenn es von der Leyen gelingt, den Deutschen zu erklären, warum sie Soldaten überhaupt brauchen, dann wäre schon viel gewonnen.
Hallo Frau Demmer
Statt für Auslandseinsätze zu werben, bei denen ja immer andere den A… hinhalten müssen, wäre es schön, durch Beispiele erfolgreicher Auslandseinsätz zu überzeugen. Mir fallen so schnell gar keine Beispiele ein, bei denen in Afrika oder sonstwo dauerhaft Frieden oder Vorteile für die Bevölkerung herausgesprungen wären. Kosovo, Afghanistan, Libyen, Irak, Mali, Horn von Afrika ? Meistens versucht man ja nur, Fehler wieder gutzumachen, die durch verfehlte Aussenpolitik verursacht wurden, z.B. Syrien, Kosovo, Jugoslavien durch vollmundige und kurzsichtige Unterstützungen von Oppsitionsbewegungen. Mit der Ukraine beginnt das selbe Spiel, es werden Erwartungen geweckt, die nicht einlösbar sind, oder will jemand ernsthaft gegen Putin antreten und die Ukraine bei einem Wirtschaftsembargo durch Rußland dauerhaft alimentieren oder militärisch unterstützen?
mfg W. Barth
Dass von der Leyen die Deutschen davon überzeugt, ist nahezu unmöglich.
Dazu haben sich die Deutschen viel zu lange im Bequemlichkeitspazifismus eingerichtet. Ihre Politiker haben von Strategie so viel Ahnung wie eine Kuh vom Klavierspielen. Ihre Eliten leisten sich fast absolute Militärabstinenz und eine leise gepflegte Verachtung gegen Soldaten. Ihr Parlament schickt Soldaten mit Einsatzregeln zum Sterben, die erst ausgerechnet durch einen gegelten Boulevardzeitungsliebling aufgelöst werden. Ihre Journalisten betrachten Soldaten mit einer Mischung aus Abscheu und Faszination, die schlimmste Variante ist der verbreitete ahnungslose Armsesselgeneral. Und wenn im Krieg eine bombe falsch fällt, hat Deutschland einen Anfall kollektiver Hysterie
Der Fisch beginnt am Kopf zu stinken. Von der Leyen gehört zu diesem Kopf. Heute kann man keinem Menschen mehr guten Gewissens empfehlen, für DIESE Funktions- und Erbeliten den eigenen Kopf hinzuhalten, Feiglingen, Idioten und Bequemlichkeitspazifisten dient man nicht.
Gruss,
Thorsten Haupts
Die Amis haben uns das Kriegführen abgewöhnt
Tatsächlich hatten alle Kriegbeteiligten Angst, dass die besonderen deutschen Qualitäten hierbei aufleben könnten. Sie haben die neue Wehr mit Nazi-Kadern 1955 aufgebaut und in die NATO eingegliedert. Das Volk wurde nicht “mitgenommen”, das Verhältnis zueinander blieb immer ein Problem. Ab 1990 waren die Gegner fast ganz weggefallen, nun kam die Volkskberlegung, was das grüne Dings aus Stahl noch wert sei. Wieder erfolgte die Identi-fizierung von Gemeinsamkeiten eher lustlos. Die Politiker der neuen Generation täuschten sich über Sinn und Zweck einer eigenen Verteidigung. Als es in den Kosovo ging, bedurfte es der Vernichtungslüge, um den völkerrechtswidrigen Einsatz zu rechtfertigen, beim Irak erfolgte die scheinbare Weigerung, und nach Afghanistan zog die Regierung mit schlecht ausgerüsteten, unkonditionierten Trüppchen. Fast alles wurde falsch gemacht, denn die Führer hatten selbst keinen Schimmer von Krieg, in dem auch der Feind mitschießt. Frau vdLeyen muss dem Volk mitteilen lassen, dass das Verschulden beim Feind allein liegt, einige Gründe benennen und auf Verständnis hoffen. Es ist trotzdem nicht klar, ob die Jungend diese ihre Heimat schützen will.