Ich. Heute. 10 vor 8.

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Frauen schreiben. Politisch, poetisch, polemisch. Montag, Mittwoch, Freitag.

Luxus der Leere

| 39 Lesermeinungen

Entwicklung – nicht Stillstand, das plakatiert der Berliner Senat, um am Sonntag das Wahlvolk davon abzuhalten, gegen die Teilbebauung des Tempelhofer Feldes zu stimmen. Dabei bedeutet die Weite der Stadt nicht Stillstand, sondern ist ein Alleinstellungsmerkmal Berlins.

© Michelle HowardVelothon auf dem Tempelhofer Feld

Annett Gröschner: 1910 sprach Karl Scheffler davon, dass es nicht Liebe sei, was Berlin von seinen Bewohnern wolle. Und dass “die Tragik seines Schicksals” Berlin dazu verdamme, „immerfort zu werden und niemals zu sein“. Obwohl er schon hundert Jahre alt ist, klebt dieser Satz an Berlin wie Zuckerrübensirup. Und wie jedes Klischee ist es nicht ganz falsch. Nicht nur langjährige Berliner lieben ihre Stadt, gerade weil sie nicht fertig ist und ihnen deshalb Platz zum Atmen lässt.

Michelle Howard: Der Reiz von Berlin ist, dass die Stadt noch Potential hat. Architektur ist ja nur eine Umhüllung der Leere. Und ohne diese Leere ist Architektur nichts. Hier könnte noch vieles passieren. Andere Städte sind längst an einem Punkt, wo man abreißen muss, damit Neues entstehen kann. London zum Beispiel, eine der ältesten Städte Europas. Sie zerstören dort etwas Mittelalterliches und bauen etwas völlig Neues auf, das aber nicht unbedingt einen Bezug zu der vorhandenen Stadt und ihren Bewohnern hat. In Berlin ist das anders. Da wollen sie in der östlichen Innenstadt ein Berlin wiederherstellen, das nicht älter als 160 Jahre ist, in einer strengen Blockstruktur, die sich überlebt hat, anstatt die weiten Räume als Potential zu erkennen.

Annett Gröschner: Du hast ja in vielen Städten gelebt und gearbeitet, in Paris, London, New York, aber auch in Portugal und in der Mongolei, du lehrst in Wien und bist in Irland aufgewachsen, wie war das für dich, als du in Berlin ankamst?

Michelle Howard: Als ich 1997 nach Berlin kam, war mir diese Art des Raumes und der Umgang mit ihm fremd. Ich kam aus dieser dichten Stadt Paris, wo ich zehn Jahre gelebt hatte. Ich brauchte mindestens fünf Jahre, um mich mit Berlin anzufreunden und es zu lieben. Ein wichtiger Vorteil hier ist der Dezentralismus. In Paris lebt man entweder im Zentrum oder außerhalb. Und je weiter man vom Zentrum weg ist, desto mehr weiß man, dass man außerhalb ist. Je weiter man sich in Berlin von einem Zentrum entfernt, desto näher kommt man dem nächsten. Wenn ich in der ersten Zeit mit dem Fahrrad unterwegs war, hatte ich immer mal wieder das Gefühl, im Nirgendwo gelandet zu sein. Ich bin dann einfach weitergefahren und zum nächsten belebten Ort gekommen. In Berlin bewegt man sich von Insel zu Insel. Es gibt tatsächlich diese losen Bindungen, von denen Oswald Mathias Ungers spricht, ähnlich einer Zellenstruktur. Jede dieser Zellen hat ein Potential. Und das ist auch durch die Leere entstanden. Das hat einen großen Wert, aber ich habe das nicht sofort erkannt. Wir müssen diese Leere als etwas Positives denken. Auch indem wir ein anderes Wort dafür finden.

© Annett GröschnerAuf dem unbebauten Tempelhofer Feld ist die Weite Berlins ganz besonders deutlich zu spüren.

Annett Gröschner: Man könnte Leere als Möglichkeitsraum beschreiben. Als einen Raum, in dem man etwas ausprobieren kann. Das Tempelhofer Feld könnte so ein Beispiel sein. Es gibt eine Erzählung von Jurek Becker, ich habe den Titel vergessen, in der geschildert wird, wie ein Paar eine Wohnung sucht und sich deswegen an ein Amt wendet. Jede Person hat wegen Wohnungsknappheit nur Anspruch auf ein Zimmer. Sie aber sagen, sie bräuchten neben den zwei Zimmern noch ein Probierzimmer. Dieses Probierzimmer ist der Möglichkeitsraum. Für die Bewohner Berlins könnte das Tempelhofer Feld so ein Probierzimmer sein.

Michelle Howard: Das Interessante am Tempelhofer Feld ist, dass niemand geahnt hat, wie wichtig es wird, bevor es frei begehbar wurde. Dass ein riesiges Feld ohne Gestaltung etwas sein kann, das sofort von Menschen angeeignet wird, das hat, glaube ich, vorher niemand geahnt. Bis hin zu den Lerchen, die auf den Wiesen brüten, und für die Schutzgebiete eingerichtet sind. Das geht eigentlich gegen alle unsere eingeübten Vorstellungen, wie eine Grünfläche in der Stadt auszusehen hat. Vorher hat diese Fläche die Menschen, die Anwohner rund herum, fast ein Jahrhundert voneinander getrennt.
Ähnlich war das auch bei dem für mich wichtigsten öffentlichen Berliner Projekt der letzten Jahrzehnte: dem Park am Gleisdreieck. Er verändert die Gegend zwischen Kreuzberg und Schöneberg völlig. Am Gleisdreieck fühlte man sich ein bisschen wie am Ende der Welt, weil es dort wegen der Gleisanlagen nicht mehr weiterging. Doch durch die Eröffnung dieses Parks ist plötzlich eine neue Möglichkeit der Bindung entstanden. Dieses Wort Bindung ist ganz wichtig. Die Leere bindet, sie trennt nicht.

So eigenartig es klingen mag, für Berlin waren die Bombardierungen des Zweiten Weltkriegs eine Möglichkeit, weil sie die Innenstadt, die ja in einem kurzen Zeitraum von 1890 bis 1910 entstanden ist, tatsächlich öffneten. Das Muster der Gründerzeit ist der geschlossene Berliner Block, der viel größer ist als in anderen europäischen Städten. Und der Krieg hat diese Black Box aufgesprengt, die Straßen bekommen durch diese Öffnungen Licht, und auch das Innenleben gerät nach außen. Hinterhof-Fassaden oder Berliner Brandmauern geraten so mit ihren ganz eigenen Qualitäten auf die Bühne der Öffentlichkeit.

© Michelle HowardBerliner Hinterhof – durch die Bombenlücke kommt Licht in den Hof und macht ihn zur Oase.

Annett Gröschner: Mein Inbegriff des Nachkriegs-Berlin sind die riesigen unverputzten Brandmauern und die Sandplätze davor, auf denen oft Fußball gespielt wurde. Manchmal gab es noch ein einzelnes Fenster inmitten der Ziegelsteinflächen, das jemand in die Brandmauer geschlagen hatte, um sein Berliner Zimmer zu erhellen.

Michelle Howard: Diese großen Flächen hatten eine eigene Schönheit. Sie haben sich ja als Gestaltungsmöglichkeiten für die vielen Künstler angeboten, die hier hergekommen sind.

Annett Gröschner:  Viele Maler haben ihren Lebensunterhalt mit Kunst am Bau verdient. Und nun verschwinden diese Flächen, weil in den Gründerzeitvierteln jede Lücke zugebaut wird. Meistens erfahren die Künstler erst hinterher davon.

Michelle Howard: Diesen Begriff des Lückenschließens finde ich, auch politisch, ganz schwierig, weil davon ausgegangen wird, dass eine Lücke eine Leerstelle ist, die gefüllt werden muss. Aber in Wirklichkeit ist es eine Möglichkeit.

© Michelle HowardDer Mut zur Lücke sorgt für Licht und lässt Platz für städtisches Grün.

In der dichtbesiedelten Gründerzeit-Stadt Wien gibt es die grüne Donauinsel. In den siebziger Jahren gab es heftige Diskussionen, ob sie bebaut werden soll. Die Immobilienentwickler konnten sich glücklicherweise nicht durchsetzen. Ich glaube, ein gutes Wort dafür ist Luxus. Das Tempelhofer Feld, überhaupt diese offenen Räume, bedeuten einen unglaublichen Luxus, aber einen, der nicht von Besitz, sondern von Teilhabe bestimmt ist.

Annett Gröschner: Der Architekturkritiker Wolfgang Kil hat einmal in einem anderen Zusammenhang vom Luxus der Leere gesprochen. Im Grunde genommen sagen die Berliner Sozialdemokraten ja beim Tempelhofer Feld: Luxus können wir uns nicht leisten. Dabei werden die paar hundert Wohnungen, die dort geplant sind, das Wohnungsproblem nicht lösen. Der Senat könnte zum Beispiel stattdessen erst einmal aufhören, preiswerte Wohnungen aus dem kommunalen Bestand an Heuschrecken zu verkaufen. Oder er kann die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen unterbinden. Und was Berliner Großbauten, zu denen ja auch eine Zentralbibliothek gehört, angeht, wünschen sich viele, dass die Stadt lieber die Finger davon ließe. Es gibt diese wunderbare Karikatur von OL zum Bürgerentscheid, Berliner Witz vom Feinsten. Vier Anzugträger stehen auf dem Tempelhofer Feld und einer von ihnen sagt: „Die Bürger haben sich für einen neuen Flughafen in Tempelhof entschieden. In den nächsten zwanzig Jahren passiert hier also gar nichts.“

Michelle Howard: Die Frage ist doch: Ist es Luxus für das Volk, oder ist es nur Luxus für Wohlhabende? Für mich ist öffentlicher Raum Luxus.

Annett Gröschner: So wie jedes Leben die Balance zwischen Ruhe und Bewegung benötigt, so braucht auch eine Stadt die Weite und den bebauten Raum. Du musst auch mal den Sternenhimmel sehen können, ohne gleich zwanzig Kilometer weit fahren zu müssen. In der Beziehung hat Berlin mit seinen Wäldern, Seen und Freiflächen im Stadtgebiet schon echte Qualitäten. Und noch jede Menge Platz für Wohnraum außerhalb des Tempelhofer Feldes. Man muss nur an die vielen Vorhalteflächen der Eisenbahn denken, die nicht mehr gebraucht werden, weil Berlin durch Kriege und Teilung eben nicht zu der Eisenbahn-Metropole geworden ist, als die sie Ende des 19. Jahrhunderts geplant wurde.

Michelle Howard: Ein wichtiger Punkt, wenn wir über das Tempelhofer Feld sprechen, ist der Maßstab für den offenen Raum. Wenn die Orte zu klein sind, bleibt man nicht lange. Weil man den Eindruck hat, man betritt einen Ort, der eigentlich seinen Anrainern gehört. Das ist auch ein wichtiger Punkt für das Tempelhofer Feld. Der Central Park in Manhattan beispielsweise ist nur wegen seiner Größe mitten in der Stadt so fantastisch, nicht wegen seiner Gestaltung.

Annett Gröschner: Der Central Park ist ein gutes Beispiel für Bürgerwillen, der diese riesige Fläche der Vermarktung entzogen hat. Stadt braucht die gegenseitige Toleranz. Man lebt auf ganz engem Raum zusammen. Das Gute am Tempelhofer Feld ist: Es ist so groß, dass alle sich ertragen können. Auch wenn verschiedenste Kulturen und Generationen dort aufeinandertreffen.
Man darf aber nicht vergessen, dass Stadtplaner und Architekten Angst vor der Leere haben und ihre Aufgabe darin sehen, sie zu füllen, am liebsten mit etwas, das die nächsten Jahrhunderte überdauert, ein Denkmal der eigenen Größe. In den meisten Fällen sind das keine öffentlichen Gebäude, die da entstehen, sondern es ist eine Reprivatisierung des Raumes. Das heißt dann, du musst, wenn du da rein willst, einen Kaffee, Souvenirs, Strümpfe erwerben oder mindestens so tun, als wolltest du es.

Michelle Howard: Du erwirbst ein Aufenthaltsrecht für einen Ort, der dir nicht gehört. In einem Park ist das glücklicherweise nicht so.

Annett Gröschner: Mich ärgern diese Erobererhaltungen, die dem von dir beschriebenen Potential Berlins als offene Stadt widersprechen. Zum einen diese provinzielle Haltung, die von jenen verkörpert wird, die meinen, Berlins Innenstadt soll so gemütlich und sozial homogen sein wie die Vorstädte, aus denen sie gekommen sind. Und zum anderen gibt es diejenigen, die Berlin so haben wollen wie London, Paris oder New York, als wäre eine Stadt nur Metropole, wenn sie teuer, dicht und sozial entmischt ist.

Michelle Howard: Dabei könnten genau diese Städte von Berlin Lebensqualität lernen. Sie könnten lernen, dass es wichtig wäre, nicht immer von alten Ideen auszugehen, sondern sich den Möglichkeiten einer Stadt der Zukunft zu öffnen.

 


39 Lesermeinungen

  1. ThorHa sagt:

    Luxus muss man sich leisten können. Es ist typisch für die Arroganz von Bebauungsgegnern,
    dass sie die Notwendigkeit von Wohnungsbauten füe Berlin nicht abstreiten. Sondern nach dem PAL Prinzip (Problem Anderer Leute) darauf bestehen, diese Notwendigkeit irgendwo und irgendwie anders zu lösen. Wird schon gehen, Hauptsache wir behalten unsere Freifläche.

    Und da immer mehr Leute genaus so denken (2 Mal im Jahr nach Mallorca fliegen, aber bitte keinen Flughafen in Hörweite. Ordentliche Müllabfuhr, aber keine Müllverbrennungsanlage oder Mülldeponie in der Nähe. Und so weiter und so fort), werden echte Probleme nicht mehr gelöst. Sondern aufgeschoben, mit Frickellösungen der nächsten Generation übergeben, ins Ausland abgeschoben oder wegdefiniert.

    Am schönsten ist, dass die Autorinnen des Beitrages aus dem Brutalstegoismus der Bebauungsgegner eine Kultur der Möglichkeiten destillieren. Soviel Luxus kann man sich offenbar leisten. Wenn man genau keine Verantwortung trägt …

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • Sensibelchen sagt:

      Verantw-ortung...geistige Ortung Not-wendig
      “VER”(tikal, senkrecht, tief)-“ANTWORT”(Geist-)-“UNG”(-Gang, -Weg) IST NOT-WENDIG.

      Zitat:
      Wem genug nicht reicht, dem reicht auch nicht mehr als genug.

      Unreflektiert, unverantwortlich immerfort zu wachsen, kann sich der Mensch NICHT leisten.

      Die Erde ist jetzt schon “Müllhalde-Messie-Ruinen-Ort”, sehen Sie hin, Bescheidenheit fehlt.

      MfG
      P.S.

    • MDetjen sagt:

      Titel eingeben
      Lieber Herr Haupts, Ihre Argumentation ist polemisch. Die Menschen, die sich gegen die Bebauungspläne des Senats engagieren, tun dies aus Sorge um das Gemeinwohl und übernehmen im Rahmen der Demokratie politische Verantwortung. In anderen Metropolen ist der ganze Raum verteilt, es gibt gar nicht mehr den Platz, an dem die dringend nötigen Auseinandersetzungen geführt werden könnten, wie wir eigentlich gemeinsam leben wollen. Oder kämen Sie auf die Idee, vom Englischen Garten ein Drittel abzuschneiden, um die Wohnungsnot in München zu beheben? In Berlin haben wir – noch, und mit dramatisch schwindender Tendenz – Plätze, die diese dringend notwendigen Auseinandersetzungen erlauben. Bitte halten Sie sich vor Augen, dass es am Tempelhofer Feld um einen “Masterplan” geht, den die Senats-GmbH’s fest geschnürt haben und der keine Spielräume lässt. Das ganze Feld ist auf deprimierendste Weise verteilt: Gewerbeflächen, spießige Wohnanlagen, ein spießiger Park, und eine Landesbibliothek, die aussehen wird wie ein Parkhaus. Wenn der Senat beispielsweise am Nordrand des Feldes den in Berlin seit 20 Jahren nicht mehr existenten sozialen Wohnungsbau wieder belebt hätte, wäre sicherlich keine Bürgerbewegung dagegen entstanden. Die mittelmäßige, uninspirierte, trostlose Architektur, mit der der Senat das Feld zerstören will, soll nun durch ein paar Hundert “bezahlbare” Wohnungen legitimiert werden, und zu diesem Zweck wird den Bebauungsgegnern das Etikett “Egoisten” angeheftet.

      Dass diese Diffamierungsstrategie des Senats auch bei Ihnen, Herr Haupts, Erfolg hat, und bei so vielen Leuten, die doch bestimmt keine Sympathien für Wowereit hegen und nach dem BER-Debakel den Widerstand gegen die Verschleuderung von Steuergeldern unterstützen müssten, ist allerdings erstaunlich.
      Mit besten Grüßen, Marion Detjen

    • ThorHa sagt:

      Geehrte Frau Detjen, Polemik ist immer das, was die anderen tun.
      Und auch bildungsbürgerlich verkleidet bleibt Polemik Polemik.

      Ich bin auch nicht weiter überrascht, dass Sie eine für Gegner von was auch immer typische Strategie anwenden – “ich wäre ja nicht im Prinzip dagegen, aber SO doch nicht”. Nehme ich weder Ihnen, noch anderen Gegnern von was auch immer, mehr ab. U.a. weil die Nachfrage nach echten Alternativen meist nichts als, Verzeihung, abstrusen oder praktisch, finanziell und organisatorisch nicht umsetzbaren Schrott produziert. Übrig bleibt angesichts vorliegender Alternativen immer: Nicht bei mir vor der Haustür.

      Das ist erst einmal legitim, in einem Rechtsstaat soll ja gerade alles erlaubt sein, was nicht ausdrücklich verboten ist. Nur führt diese Art von Partikularegoismus letztlich nicht zu Lösungen. Es existiert in einer individualistischen Gesellschaft nämlich schon theoretisch keine Lösung, gegen die es keinen mobilisierbaren Widerstand gibt.

      Ich habe einmal mehr grosses Verständnis für die letztendlich nicht nur verantwortlichen, sondern auch für das Scheitern nach Bürgerentscheiden verantwortlich gemachten Politiker. Für die ist die Methode Merkel der letzte halbwegs schmerzfreie Weg – nichts tun oder nur so wenig und in so kleinen Portionen, dass man bei sich abzeichnendem Widerstand rechtzeitig zurückweichen kann.

      Gruss,
      Thorsten Haupts

    • Bergblau sagt:

      Spießig ist immer nur der andere
      Für mich ist die grüne Akademikerin, die mit dem Römer Trolley auf dem Fahrrad zum Ökomarkt fährt, (dafür aber Glühbirnen im Deckenleuchter hat und schon bei 18 Grad die Wohnung heizt) auch spießig.

      Ich mag die Hegemonie solcher Menschen auch nicht und muss dennoch mit leben. Sie werden das auch können.

    • MDetjen sagt:

      Titel eingeben
      @ Herr Haupts: eine “echte” Alternative wäre zum Beispiel, die bezahlbaren Wohnungen am Nordrand zu bauen, wo sie nicht stören; am Tempelhofer Damm könnten ebenfalls Wohnungen gebaut werden. Und für die Landesbibliothek eine Erweiterung der Amerika Gedenkbibliothek, statt deren Schließung.

      Aber warum werfen Sie den Hunderttausenden von Menschen, die für den Volksentscheid unterschrieben haben, Partikularegoismus vor, nicht aber denjenigen, die von der Bebauung profitieren? Die Gegner der Bebauung übertreffen an Zahl die Anrainer des Feldes um ein Vielfaches. Auch ich wohne ganz woanders, und die Gegend, wo ich wohne, würde von einer Bebauung an bestimmten Stellen sogar profitieren.

      Außerdem sagen Sie, dass nur die Mächtigen das Gemeinwohl im Auge haben, und die Bürger immer egoistisch sind, vor allem wenn sie die Mächtigen kritisieren. Diese Annahme scheint weit verbreitet zu sein und hat etwas Rührendes.
      Mit völlig unpolemischen Grüßen, Marion Detjen

    • ThorHa sagt:

      Oha, Frau Detjen, schön, wenn das Land über soviel Baufläche im öffentlichen Eigentum an geeigne
      Stelle verfügt.

      Unabhängig davon – das kann ich nämlich nicht beurteilen – ist Ihre Frage am Ende, hm, polemisch? “Die Mächtigen” sind in einer Demokratie Sie oder ich als gewählte Volksvertreter! Denen ich erst einmal ohne Gegenbeweis unterstellen muss, sie hätten das Gemeinwohl (nach ihrer jeweiligen ideologischen Interpretation) im Auge.

      Den Gegnern der Bebauung unterstelle ich solange Partikularegoismus, bis sie bewiesen haben, Verantwortung zu übernehmen (vermutlich nie, Politik ist ja soooo schmutzig). GEGEN etwas zu sein, ist immer die einfachste aller Denk- und Handlungsübungen, schwierig und konfliktträchtig wird es, wenn man FÜR etwas ist. Um noch deutlicher zu werden – das Dagegensein schaffen kleine Kinder am ersten tag nach ihrer Geburt.

      Mit exakt den gleichen unpolemischen Grüssen zurück,
      Thorsten Haupts

  2. kinky_So sagt:

    ...
    Nach den Schilderungen Berlins, u. a. bei 10 vor 8, gewinne ich immer mehr den Eindruck, dass es sich um eine ungemein spannende Stadt handelt. Und ich schiele mittlerweile ein wenig neidisch von München nach Berlin.
    Die Lücke, die zu füllen sei oder nicht sei: Im Zen-Buddhismus gibt es diese Steingärten, die ein Muster aufweisen. Bei der Struktur geht es um das Dazwischen.
    Ich verstehe Frau Howard so, dass sie das ähnlich meint.

    • seneca007 sagt:

      Spannung?
      Haben Sie denn München jemals für spannend gehalten? Das ist ein Widerspruch in sich…

    • Sensibelchen sagt:

      Zitat
      Dumme rennen, Kluge warten, Weise gehen in den Garten.
      Rabindranath Thakur

      Stein-Garten…Zwischenraumgarten…Bewegungsraum-Garten…Gedankenstrukturbewegung?

      MfG
      P.S.

    • kinky_So sagt:

      In sich
      und um sich herum. Dass ich München spannend finde, habe ich doch auch nicht geschrieben.

    • kinky_So sagt:

      -
      Ihre Meditationen, Herr Sibel, lese ich immer gerne.

    • wernerlaude sagt:

      Zen Gärten...
      sind mit Bewusstheit gestaltete Plätze. Berlin wäre das zu wünschen.
      Bei meinen gelegentlichen Besuchen verspüre ich davon nichts. Bin froh den 1euro Shopping Malls, zugesprayten, Hundekot Straßen , verwilderten Bahnalagen zu entfliehen. Mit Zen hat das nun wirklich nichts zutun. Ich fürchte, das es auch in Tempelhof kein “dazwischen” geben wird. Dazu fehlt den Berliner einfach das gewisse etwas.
      München mag keine spannende Stadt sein, aber eine sehr lebenswerte, liebenswerte.

    • kinky_So sagt:

      ...
      Berlin hat nicht viel mit Zen zu tun. Das ist vermutlich wahr. Ich kenne die Stadt nur von einigen Besuchen bei Freunden und kann mir letztlich aber kein Urteil erlauben. Dazu kenne ich die Stadt zu wenig.
      Das mit dem Steingärten bezog sich auf das Interview und hatte nicht unmittelbar mit Berlin zu tun. Ich habe einen artverwandten Beruf und mein Denken assoziierte zu den Gedanken von Frau Howard. Insiderdenke unter Gestaltern, wenn Sie sie wollen. Ich interpretiere sie so, kann aber sein, dass ich falsch liege. Wie gesagt, es war eine Assoziation zu Raum, Proportion, Verhältnis etc.

  3. seneca007 sagt:

    Ja zur Bebauung!
    Auch bei einer Randbebauung wird die größte Stadt zwischen Paris und Moskau mit dem Tempelhofer Feld immer noch eine Freifläche so groß wie Monaco beherbergen… Das sollten sich die Bebauungsgegner mal vor Augen führen!

    • MDetjen sagt:

      Titel eingeben
      Monaco ist auch nur halb so groß wie der Englische Garten in München, und hat ein Drittel der Größe des Wiener Praters. Monaco ist einfach kein Maßstab.

  4. J.Fuchs sagt:

    Auch beim Schloss gibt es keinen Mut zur Lücke
    Die Grünfläche dort ist super. Doch jetzt will man die Luxuslücke wieder mit einer millionenschweren Kopie schließen. Das passt zur Moderne: Die Menschen sind unfähig mit Brüchen umzugehen.

    Es wird versucht, Brüche, Leiden, Krankheit und Tod mit aller Macht zu eliminieren, anstatt den verborgenen Segen in, mit und unter der Lücke zu erkennen.

    • teichh1 sagt:

      Lücke da, wo sie gebraucht wird...
      Im innersten Zentrum Berlins, dessen historisch bedeutendste Bebauung zerstört war, hat man vieles wiederaufgebaut und eine Illusion des Ursprünglichen erweckt…außer beim Stadtschloss, das nahezu unzerstört gewesen war:
      Die Gründe für die von W.Ulbricht verfügte Sprengung waren rein politischer Natur: Im (verspiegeltem) “Palast der Republik” sollte sich wiedererbaute historische Dom spiegeln…
      Das Kulturforum mit historischer Fassade vervollständigt das historische Stadtzentrum – eine bewusste Lücke wäre hier Fehlanzeige…

  5. Bergblau sagt:

    Zeit, die doch vergeht
    Es stimmt, Berlin ist weitläufig. Daher haben hier auch (und teilweise mehr als anderswo) Ökopaxen, Radfahrer, Helikoptermütter und linke Biedermeier Platz zur Entfaltung.
    Aber die Stadt gehört Euch nicht allein. Für 20 Jahre konnte Berlin so tun, als sei die Zeit stehen geblieben. Die linken Regierungen haben versucht, aus der Stadt ein Riesenwestberlin zu machen, in dem schon am Ku’damm Tomaten angebaut werden. Mit BER ist diese Art Politik eindeutig und endgültig gescheitert. Die Zeit bleibt eben doch nicht stehen.
    Daher wird das Tempelhofer Feld bebaut werden. Für die, die das nicht mögen, gibt es in der Stadt ja noch die Hasenheide und den Görlitzer Park. Ganz wie es Euch gefällt.

  6. Nachodude sagt:

    Realitätsfern
    Was nützt das Philosophieren über den Luxus der Leere wenn in der Stadt dringend notwendiger Platz für neue Wohnungen zwar vorhanden, jedoch nicht genutzt wird? Nachdem die Infrastruktur immer mehr verfällt, sollen nun selbst auf dem Silbertablett präsentierte Möglichkeiten nicht genutzt werden?!

    Diese riesige Fläche ist seit 5 Jahren eine Brache! Ohne Wohnungen, ohne Schatten, ohne irgendwas. Wer in den Park gehen will hat in Berlin genug andere Möglichkeiten. Wer wirklich Leere braucht, steigt in Tempelhof in die S-Bahn und kann nach ca. 45 Minuten Brandenburger Weite spüren!

    Das Alleinstellungsmerkmal Berlins ist bzgl. Tempelhof, dass in einer Hauptstadt eines westlichen Landes im 21. Jahrhundert eine derart große Fläche gestaltet werden kann!

    Ich kann nur den Kopf schütteln wenn man diese Chance bewusst verstreichen lässt um sich an einem mehrere Quadratkilometer großen ungestalteten Nichts zu erfreuen!

  7. GLBluecher sagt:

    Rennbahn
    Auf dem Tempelhofer Feld war die erste Galopprennbahn in Berlin zu Hause. Wenn man soviel freien Raum lassen möchte, dann könnte man einen Teil dieses freien Raums für eine Pferderennbahn nutzen – ähnlich der großen Rennbahn in Longchamps. Zwei große Tribünen und ein weitgehend offenes Geläuf als grüne Lunge mitten in Berlin.
    Ob das ein Wowi wohl gerafft und gebacken bekommt?

  8. psommerer sagt:

    Wer so etwas postuliert
    “So eigenartig es klingen mag, für Berlin waren die Bombardierungen des Zweiten Weltkriegs eine Möglichkeit, weil sie die Innenstadt, die ja in einem kurzen Zeitraum von 1890 bis 1910 entstanden ist, tatsächlich öffneten. Das Muster der Gründerzeit ist der geschlossene Berliner Block, der viel größer ist als in anderen europäischen Städten. Und der Krieg hat diese Black Box aufgesprengt, die Straßen bekommen durch diese Öffnungen Licht, und auch das Innenleben gerät nach außen.”, kann nicht ernst genommen werden.

  9. rum sagt:

    Billigen Wohnraum schafft man nicht mit Betonierung, sondern mit restriktiver Kreditpolitik
    Eine Stimme für Freifläche und gegen Fehlinvestition!

  10. Console sagt:

    Ich weis zwar nicht was die beiden Damen da geraucht haben, aber...
    … es war wohl sehr stark bewusstseinserweiternd und gleichzeitig so verwirrend. Ein herrliches Stück entrückter Schreibkunst jenseits des Hier und Jetzt. Ich jedenfalls wünsche den Damen noch viele schöne Stunden mit dem Zeugs ; das ist so zen, gaga oder was auch immer…. Love and Peace 😉

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