Das natürliche Vermögen der Frau, Mutter zu werden ist zugleich ihr größtes Karrierehindernis. Das Großziehen der Kinder liegt weithin im Verantwortungsbereich der Frau. Obwohl auch bei den Männern die Einsicht wächst, dass die Betreuung von Kindern eine Aufgabe von Mutter und Vater ist. Männer denken heute zwar gleichheitsfreundlicher, doch diese Einsicht bleibt häufig Theorie. In der Praxis verfahren viele Männer nach dem Motto: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass.

In den zwanziger und dreißiger Lebensjahren, in denen die Aspiranten die Voraussetzungen für ihre Karriere schaffen und vor allem Netze knüpfen, wird für das weibliche Geschlecht die Frauenfrage zur Kinderfrage. Die junge Frau weiß nur zu gut, dass sich geradezu zwangsläufig wieder die alte Arbeitsteilung einspielt, wenn aus der Partnerschaft eine Familie wird. Die französische Feministin und Philosophin Elisabeth Badinter verweist zu Recht darauf, dass die Frauen, die kraft des wieder erstarkenden Naturalismus dem Ideal von der vollkommenen Mutter anhängen, sich selbst zum Opfer ihrer Unterdrückung machen. (Der Konflikt, Die Frau und die Mutter, 2010). Das verführt einige von ihnen zum Verzicht auf Kinder.
Jedenfalls verwundert es nicht, dass die Frauen in Spitzenpositionen häufig kinderlos oder als Mutter inzwischen erwachsener Kinder aus dem Gröbsten heraus sind. Haben sie aber noch kleine Kinder, so sollten sie ihr Mutterglück nicht öffentlich zur Schau tragen. Das erregt nicht nur beim männlichen Geschlecht Verdruss. Insbesondere bei Politikerinnen ist schnell der Vorwurf formuliert, sie instrumentalisierten ihre Kinder. Das stellt offenbar das männliche Selbstbild von der den ganzen Mann fordernden politischen Arbeit in Frage. – „Nichts gegen die Gleichberechtigung!“, so denkt wohl mancher sich aufgeschlossen gebende Zeitgenosse, „aber nicht für die Frau, die alles sein will: Geliebte, Mutter und Politikerin“ (sehr frei nach Helga Königsdorf).
Das heitere Leben von Beruf und Familie schürt offenbar Neid und Minderwertigkeitskomplexe, und das nicht nur beim männlichen Geschlecht. Berufstätige Mütter dürfen sich gern das Etikett der Rabenmutter aufdrücken lassen, aber sich nicht als Frau darstellen, die alles – wenn auch unkonventionell – auf die Reihe bringt.
Gewiss gibt es neben Ursula von der Leyen noch andere Frauen, die Kraft ihrer Sachkunde, ihrer Energie und ihres Organisationstalents und nicht zuletzt, weil sie den richtigen Mann geheiratet haben, Mutterschaft und berufliche Spitzenposition miteinander vereinbaren. Doch trotz der Aufmerksamkeit, die diese Super-Frauen in den Medien finden, ist ihre Zahl nach wie vor statistisch unerheblich. Das jüngste Lieblingsbeispiel der Medien ist die Professorin und Mutter dreier Kinder Isabel Schnabel, die über Finanzkrisen geforscht hat und als einzige Frau Mitglied des Sachverständigenrats der Wirtschaftsweisen ist. Diese lässt jedoch in ihren Interviews keinen Zweifel daran, welche Strapaze es für sie war, mit einem zu stillenden Kind – rund 100 km entfernt von ihrem Wohnort – ihrer Berufstätigkeit nachzugehen. Aber sie weiß eben nur zu gut, dass empfindliche Lücken in der beruflichen Biographie dazu führen, dass frau in Vergessenheit gerät.