Ich. Heute. 10 vor 8.

Nachtrag zum Text “Schock am Morgen – jeden Morgen”

Mein Text “Schock am Morgen – jeden Morgen” versteht sich als ein sehr persönlicher Text und keine politische Analyse.
 Ja, ich stehe diesem Gesetzentwurf und der israelischen Regierungspolitik sehr kritisch gegenüber und sie macht mir große Sorgen. Das heutige Israel gefällt mir nicht, aber ich liebe Israel. Es ist das Land, das mir eine Heimat gegeben hat, nachdem meine Familie in jeder Generation aus ihrem jeweiligen Herkunftsland in Europa vertrieben worden ist.

So wohl ich mich in Wien bis heute fühle, habe ich es verlassen, weil ich nicht in demselben Land leben wollte, in dem mein Vater 15 Jahre vor meiner Geburt aus dem KZ befreit worden ist. Dazu stehe ich auch heute.

In diesem und auch in anderen Artikeln geht es mir darum, die ganz normale Stimme einer Israelin, die eigentlich nur in Ruhe ihren Kaffee trinken will und gleich nach dem Aufstehen mit dieser zermürbenden Realität konfrontiert wird, den deutschen Leserinnen und Lesern nahe zu bringen. Es geht mir auch darum, zu erklären, warum Israelis – übrigens zu Recht – Angst haben. Wir sind von bitteren Feinden umgeben und die Entwicklungen in der arabischen Welt sprechen für sich. Angst ist ein miserabler Ratgeber, wie die Entwicklungen bei uns zeigen, doch hier entsteht sie vor dem Hintergrund existentieller Gefahren, die Deutsche seit 1945 nicht kennen.
 Das ist der Kontext aller meiner Artikel.

Ich habe lange gezögert, meine Kritik an meinem Land auf Deutsch öffentlich auszusprechen, weil ich Angst hatte, von der falschen Seite vereinnahmt zu werden.
 Doch Heimat heißt für mich auch, zu kritisieren, was ich zu kritisieren habe und hässliche Dinge nicht schönzureden. Das werde ich immer tun, auch auf das Risiko hin, als Vorzeigejüdin bezeichnet zu werden. Wer mich kennt, weiß, wie sehr ich das nicht bin. Und auch auf das Risiko hin, von einseitigen Israel-Kritikern Applaus zu kriegen oder vereinnahmt zu werden.
 Das Einzige, wirklich das Einzige was ich tun kann (und werde), ist meinen Werten, Gedanken und Gefühlen treu zu bleiben.

Die mobile Version verlassen