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Ein Kopftuch voll Angst

| 38 Lesermeinungen

Nach der Aufhebung des Verbots ist vor dem Streit. Warum es gut ist, dass wir nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wieder über die Bedeutung des Kopftuchtragens diskutieren (müssen).

"Soldiers without guns", Poster der US-Army, 1941© Adolph Treidler “Soldiers without guns”, Poster der US-Army, 1941

In einem lange erwarteten Urteil hat das Bundesverfassungsgericht am 27. Januar 2015 die Dinge gerade gerückt, die in den letzten Jahren in eine Schieflage geraten waren: Dass muslimische Frauen, die im Mathematik-, Geschichts-, Chemie oder Sportunterricht eine Kopfbedeckung tragen, die Neutralität des Landes und den Schulfrieden gefährden, kann zwar nach Auffassung der Verfassungshüter aus Karlsruhe nicht völlig ausgeschlossen werden. Es ist aber doch keineswegs eine konkret greifbare Gefahr. Derart drastische und freiheitsbegrenzende Maßnahmen wie ein allgemeines und striktes Verbot der Kopfbedeckung sind deshalb, so das höchstrichterliche Urteil, nicht zumutbar. Nordrhein-Westfalen, aber auch andere Bundesländer, die ähnliche gesetzliche Vorkehrungen gegen das Kopftuch getroffen haben, werden ihren Umgang mit der ungeliebten Kopfbedeckung nun neu ordnen müssen.

Das wird auch Zeit, denn die Auseinandersetzungen trieben in den letzten zwei Jahrzehnten sonderbare Blüten. Zum Beispiel diese: Eine Baskenmütze ist auch ein Kopftuch … jedenfalls dann, wenn sie von einer muslimischen Lehrerin oder Sozialpädagogin im Schuldienst getragen wird. Zu diesem bemerkenswerten Urteil war im Juni 2007 das Düsseldorfer Arbeitsgericht gelangt (AG Düsseldorf 12 Ca 175/07). Baskenmützenliebhaberinnen aller Konfessionen rieben sich verwirrt die Augen. Kopftuchträgerinnen auch. Eine muslimische Baskenmützenträgerin sah sich veranlasst, die Sache im Jahr 2008 vor dem Verwaltungsgericht Köln noch einmal zur Sprache zu bringen: Die Baskenmütze, so erklärte sie, sei doch „eindeutig dem christlich-abendländischen Kulturkreis zuzurechnen“ (VG Köln 3 K 2630/07). Aber die Kölner Richter schlossen sich ihren Düsseldorfer Kollegen an. Auch sie entschieden: Die Baskenmütze auf dem Kopf einer muslimischen Frau im Schuldienst ist ein religiöses Zeichen. So wie das Kopftuch die von ihm „symbolisierten Glaubensinhalte als vorbildhaft und befolgungswürdig“ ausweise, so habe im gegebenen Kontext auch das dauerhafte Tragen einer Baskenmütze religiös „appellativen Charakter“ (VG Köln 3 K 2630/07).

Man hätte über diese Abwägungen deutscher Richter schmunzeln und die Sache in der Rubrik ‚Kuriosa’ ad acta legen können. Doch die Entscheidungen aus Düsseldorf und Köln hatten Konsequenzen: Denn Nordrhein-Westfalen hatte 2006 im Schulgesetz festgelegt, dass Lehrkräfte „in der Schule keine politischen, religiösen, weltanschaulichen oder ähnliche äußere Bekundungen abgeben [dürfen], die geeignet sind, die Neutralität des Landes gegenüber Schülerinnen und Schülern sowie Eltern oder den […] Schulfrieden zu gefährden“. Von diesem Verbot ausgenommen wurde im Nachsatz „die entsprechende Darstellung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte oder Traditionen“ (§ 57 Abs. 4). Für Kopftücher aber – und mit den genannten Entscheidungen auch für Baskenmützen – war die Sache klar: Für sie galt das Verbot.

All die Jahre stand man perplex vor dieser dreisten Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, die sich nicht nur Nordrhein-Westfalen, sondern auch Baden-Württemberg, Bayern, das Saarland und Hessen herausnahmen. Nun hat das Bundesverfassungsgericht Recht gesprochen: In seiner jüngsten Entscheidung in Sachen Religion von 27. Januar 2015 macht es unmissverständlich klar, dass diese Ausnahmeregelung mit dem Grundgesetz „unvereinbar und nichtig“ und im Übrigen ein generelles Verbot religiöser Bekundungen, wie es die ‚Kopftuchgesetze‘ in den verschiedenen Bundesländern vorsehen, „unverhältnismäßig“ ist, wenn die Konfliktlage, der damit begegnet werden soll, lediglich „abstrakt“ und nicht „hinreichend konkret“ ist (1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10).

Auf diese Entscheidung des Ersten Karlsruher Senats haben nicht nur muslimische Lehramtsanwärterinnen lange gewartet. Und man darf annehmen, dass sie Bewegung bringen wird in die verfahrene Lage. Neu ist in jedem Fall: Die Last der Rechtfertigung liegt jetzt nicht mehr bei den muslimischen Frauen. Sie liegt fortan beim Schulträger, also unter anderem bei Städten, Gemeinden, Landkreisen. Nur wenn diese plausibel darlegen können, dass Lehrerinnen, die eine Kopfbedeckung tragen, den Schulfrieden konkret gefährden, kann das Verbot aufrecht erhalten werden. Zugleich unternehmen (dieselben) öffentliche(n) Institutionen seit einigen Jahren erhebliche Anstrengungen, die islamische Theologie als Lehramtsstudienfach an deutschen Universitäten zu etablieren. Manch einer der Verantwortlichen in den Kultusministerien der Länder wird den höchstrichterlichen Urteilsspruch deshalb wohl erleichtert zur Kenntnis genommen haben – dürfte man sich dort doch bereits fragen, wie man in einigen Jahren mit den erfolgreichen Absolventinnen des neuen Studiengangs umgehen soll, unter ihnen auch eine stattliche Zahl Kopftuchträgerinnen. Sollte man von ihnen verlangen müssen, die Kopfbedeckung, die sie im Religionsunterricht tragen dürften, im anschließenden Mathematik-, Geschichts-, Deutsch- oder Musikunterricht wieder abzulegen? Die jüngste Entscheidung aus Karlsruhe könnte die politisch Verantwortlichen davor bewahren, sich in einem argumentativen Drahtseilakt zu verheddern.

Dass ein solcher Drahtseilakt überhaupt drohte, daran ist das höchste deutsche Gericht selbst nicht ganz unschuldig. Denn vor zwölf Jahren haben die Karlsruher Verfassungshüter schon einmal in der Causa Kopftuch entschieden: 2003 fällte der Zweite Senat in einem Streitfall aus Baden-Württemberg ein eigentümlich janusköpfiges Urteil. Darin stellten die Richter einerseits klar, dass das Verbot, eine Kopfbedeckung zu tragen, eine erhebliche Grundrechtseinschränkung darstellt; andererseits aber wollten sie ein Verbot nicht grundsätzlich ausschließen, verlangten jedoch, dass es auf einer gesetzlichen Grundlage stehe und also dem erklärten Willen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers entspreche. Ein solches Gesetz aber gab es damals nicht. Die Klägerin bekam also Recht. Aber davon hatte sie nichts. Denn der Stuttgarter Landtag reagierte sofort: 2004 trat in Baden-Württemberg das deutschlandweit erste ‚Kopftuchgesetz‘ in Kraft – das natürlich nicht so hieß, aber doch genau das war. Andere Länder folgten. Muslimische Lehramtsanwärterinnen, die eine Kopfbedeckung tragen, waren fortan in der Klemme.

Nun war es nicht so, dass die Verantwortlichen in Baden-Württemberg erst durch die Karlsruher Richter auf die Idee gebracht werden mussten, eine gesetzliche Regelung in Betracht zu ziehen. Diese Möglichkeit war im Stuttgarter Landtag 1998 eingehend diskutiert, doch von der großen Mehrheit abgelehnt worden. Einzig die Republikaner hatten lautstark ein ‚Kopftuchgesetz‘ gefordert. Alle anderen Parteien hatten ein generelles Verbot verhindern und sich die Möglichkeit offen halten wollen, im Einzelfall zu prüfen, was – wie es der damalige Landesvater Erwin Teufel ausdrückte – eine Lehrerin im Kopf und nicht was sie auf dem Kopf hat. Doch das erste ‚Kopftuchurteil‘ aus Karlsruhe stellte die Weichen anders: Alle Bundesländer, in denen es muslimische Lehramtsanwärterinnen gab, wappneten sich nunmehr gesetzlich gegen reale und potentielle Kopftuchträgerinnen in den Schulen.
Doch Kreativität kennt bekanntlich keine Grenzen, das gilt auch für religiöse Kreativität. Verlangt der Koran, dass es ein Tuch ist, das Haare, Ohren und Hals bedeckt? Das Angebot der Bekleidungsindustrie bot Alternativen. Warum keine Baskenmütze, kombiniert mit einem hoch geschlossenen Rollkragenpullover? Eine Lösung schien gefunden. Doch aufmerksame Schulleiter witterten Gefahr. Und so landete nach dem Kopftuch auch die Baskenmütze vor Gericht.

Dass Gerichte im säkularisierten Verfassungsstaat im Konfliktfall auch über den religiösen Sinngehalt von Kopfbedeckungen entscheiden müssen, erscheint skurril, liegt aber letztlich in der Konsequenz der Hochschätzung der Grundrechte. Die jüngste Entscheidung aus Karlsruhe wird diese Skurrilität deshalb nicht grundsätzlich abstellen können. Doch könnte sie etwas Druck aus dem Prozess der Überreglementierung nehmen. Zwar entbindet sie die Verantwortlichen in den Ländern nicht von der Notwendigkeit, die Verfassungstreue von Lehrkräften zu prüfen, die sich auch an ihrem äußeren Erscheinungsbild kundtun kann. Aber sie stärkt das Grundrecht auf Religionsfreiheit, indem sie klarstellt, dass dieses eben nicht aufgrund einer bloß abstrakten Gefahrenlage generell eingeschränkt werden darf. Dadurch spielt sie den Ball in das Feld zurück, aus dem er kommt: in Politik, Religion und Gesellschaft. Der Konflikt ist damit nicht beigelegt. Aber er ist wieder da, wo er hingehört.

Weiterlesen:
Kübra Gümüsay: Das Recht auf ihrer Seite
Emily Dische-Becker: Das Kopftuch, ein westlicher Fetisch
Margarita Tsomou: Nicht in meinem Namen


38 Lesermeinungen

  1. ThorHa sagt:

    Das Kopftuch als Feldzeichen des Islam ... ?
    Ich bin reichlich erstaunt über einige Kommentare, die offenbar die allergrössten Schiwerigkeiten mit unserem Grundgesetz haben. Nehmen wir doch einfach mal an, das Kopftuch sei wirklich das “Feldzeichen des Islam” (eine ziemlich gewagte Annahme), dann kann ich in unserem Grundgesetz nichts finden, was mir erlauben würde, jemanden von der Zurschaustellung seiner persönlichen Glaubensüberzeugung abzuhalten.

    Meines Erachtens gibt es für die Kritiker der Kopftuchentscheidung des Bundesverfassungsgerichtes nur zwei halbwegs konsistente Wege, das Urteil zu kritisieren:

    1) Man nimmt den Islam in toto nicht als Religion, sondern als totalitäre, grundgesetzfeindliche Ideologie. Deren Ausdruck in Deutschland vollständig verboten wird, inklusive aller Moscheen, Vereine, Gebetsräume, Gläubigen.
    2) Man nimmt die Schule als scheinbar vollständig ideologiefreien Raum, in dem der Ausdruck JEDER religiösen oder weltanschaulichen Überzeugung einfach verboten wird, inklusive des Halskettchens mit Kreuz dran, des Palästinensertuches, der lila Latzhose, der T-Shirts mit Che Guevara Motiv etc.

    Beides könnte man argumentativ verteidigen, wenn auch nur 2) zumindest eine Chance auf rechtliche Durchsetzung hätte. Die reichlich wirren Ausführungen der meisten Kritiker dagegen nicht, die widersprechen sich im selben Satz oder Absatz.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • wolaufensiedenn sagt:

      Und die abweichend votierenden Verfassungsrichter - und alle davor - haben dann
      wohl auch ein Problem mit dem GG, Herr Haupts? Es geht nicht um einen Menschen mit Kopftuch – der ist zu nehmen, wie er ist – , sondern darum, ob und wie intensiv die öffentliche Gewaltausübung des Staates mit einer bestimmten Religion in Verbindung gebracht werden darf! Darf der Staat dem schinkenstullekauenden Schulpflichtigen als Gläubiger gegenübertreten und ihm eine Fünf verpassen? Oder darf der Staat vielleicht besser gar nicht erst den bösen Anschein erwecken, hier handele ein Religionsanhänger nach seinen eigenen Überzeugungen – statt eines ordentlichen Beamten, der auch mit seinem äußeren Auftreten die Disziplin unterstreicht, die eine sachliche Benotung ohne Ansehung der Weltanschauung des Schulpflichtigen nun einmal erfordert?

      Und natürlich haben Lehrer notwendig Vorbildfunktion (positiv wie negativ), jede andere Betrachtung ist völlig weltfremd! Ich habe daher Bedenken, wenn ein Lehrer das schulische Gewaltverhältnis benutzt, um dort seine eigene Religion plakativ zur Schau zu stellen. Das berührt nämlich die negative Religionsfreiheit der gewaltunterworfenen Schüler; die sollen Wissen und Glauben doch bitteschön nicht verwechseln! Deutsch und Mathe und die Leistungen in diesem Fach haben rein gar nichts mit religiösen Überzeugungen zu tun. Das zumindest sollte ein staatlicher Lehrer doch mal begriffen haben und auch in der Lage sein, den Schülern aktiv zu vermitteln – sonst können wir unser GG und unsere Toleranz gegenüber dem Glauben nämlich vergessen, weils dann gar keine sachliche Ebene gibt, auf der sich Anhänger verschiedener Glaubensrichtungen noch begegnen können!

      Und genau das zu vermitteln (das Leben besteht nicht nur aus Religion) wird ziemlich schwer – wenn selbst der staatliche Lehrer darauf besteht, sich bewusst nicht neutral zu kleiden, sondern darauf beharrt, sich als Anhänger eines bestimmten Glaubens zu präsentieren, während er etwas ganz anderes (eigentlich Neutrales!) lehrt.

      Kaufen Sie sich ein Grundrechtsskript und lernen Sie zu verstehen, wie unser GG funktioniert, dann scheints auch nicht mehr wirr. Hat übrigens niemand behauptet, es wäre einfach.

    • Markus_Aureehl sagt:

      Herr Haupts,
      sind Sie Jurist? Ich bin es nicht und werde mich auch nicht in eine kleinteilige Diskussion verbeissen. Daß zwei Verfassungsrichter (denen Sie hoffentlich nicht verfassungsfeindlichkeit unterstellen wollen) gegen die neue “Kopftuchregelung” gestimmt haben, zeigt, daß man auch juristisch begründet gegen dieses Urteil sein kann. Im Übrigen sollten Sie nicht juristische und politische Ebenen verwechseln wie es gerade passt.
      Eine allumfassende, also auch politische und mithin totalitäre Agenda gibt es in den Teilen des Islam. Das nicht erkennen zu wollen, wäre naiv. Als eine Weltreligion ist der ISlam aber nicht zu verbieten und natürlich müssen Religionen juristisch gleich behandelt werden. In meinem Kommentar habe ich erkennbar dafür plädiert, religiöse Bekenntnisse im Staatsdienst deswegen nicht zuzulassen. Eine Verbannung von christlichen Symbolen ist der Preis, den man zahlen muss.
      Ich verstehe nicht, wie man das nicht verstehen kann…
      Für mich ist die Diskussion damit beendet.

    • ThorHa sagt:

      Erst lesen, dann denken, dann antworten.
      Ihr Argument war Punkt 2) meiner Liste für konsistente Argumente – weltanschaulich neutrale Schule. Die gilt dann eben auch für die Halskette mit Kreuz dran. Das kann man durchaus so vertreten. Was man nicht vertreten kann – die vermuteten Symbole einer Religion gegenüber einer anderen bevorzugen, das genau gibt unser Grundgesetz nicht her.

      Btw – selbstverständlich haben auch Verfassungsrichter ab und an ein Problem mit dem Grundgesetz – so ist das, wenn man einen Text “lebendig” erhalten, also an die Anforderungen des jetzt anpassen, will, der unter anderen Lebensumständen und in einem anderen Zeitgeist zustande kam. Manchmal muss man dann Grundrechte freischwurbelnd erfinden, was das BVerfG schon getan hat (informationelle Selbstbestimmung).

      Gruss,
      Thorsten Haupts

    • Markus_Aureehl sagt:

      ***
      Konsistent ist da gar nichts. Die Dringlichkeit und Priorität von gesetzlichen Regelungen richtet sich nach gesellschaftlicher Relevanz, Konfliktpotential und der Möglichkeit, solches überhaupt in einem abstrakten Regelwerk abbilden zu können – deswegen steht Religion und Kopftuch weiter oben als eine lila Latzhose, dafür wird es auch in Zukunft eher kein bundesweites Gesetz geben.
      Ihr Versuch, noch in jedem Halbsatz Recht haben zu wollen , ist ein wenig dürftig. Zu meinem übrigen Kommentar haben Sie nichts zu sagen, ich werte das als Zustimmung und bedanke mich für die Rückmeldung. Man sieht sich in einem anderen Thread wieder.

    • ThorHa sagt:

      @Marc Aureehl: Nur zur Klarstellung - mein Kommentar bezog sich auf Frau W. S-G.
      (Für Mitlesende). Und damit E.o.T.

      Gruss,
      Thorsten Haupts

  2. wolaufensiedenn sagt:

    Hilft nischt ....
    lieber Herr Haupts, die negative Religionsfreiheit der Schüler ist zu beachten. Nochmal: Religionsfreiheit! Che Guevara hat sich diesbezüglich hinten anzustellen, der spielt verfassungsrechtlich eine andere Liga. Unser GG ist schon ein wenig differenzierter als beispielsweise die Europäische Grundrechtscharta; wie erfreulich. Im übrigen frage ich mich, ob Sie eine Kopftuchträgerin vor Augen haben? Wenn sie in deren Richtung blicken, nehmen Sie sie prominent als Anhängerin des Islam wahr, das ist doch gerade Sinn und Zweck des Ganzen, will mir scheinen? Sonst wär´s doch auch nicht so wichtig? Wenn Sie eine Frau sehen, die eine Kette mit Kreuz trägt, nehmen Sie sie aber nicht in erster Linie Gläubige wahr – womöglich ist es ja auch bloß Madonna! Oder eben: die Frau Lehrerin, die ihren Familienschmuck trägt und sich vorrangig für die Mathematikleistungen ihrer Schüler interessiert! Und bitte, bitte, kommen Sie mir jetzt nicht mit Nonnen an: Die unterrichten nicht an staatlichen Schulen!

    • ThorHa sagt:

      Liebe gnädige Frau, man hätte "Ich will Christen in Schulen bevorzugt sehen"
      auch einfacher ausdrücken können. Ihre Unterscheidung von Kopftuch und Kette mit Kreuz ist einfach albern. Wie Sie oder ich Menschen “wahrnehmen”, was wir Ihnen dabei unbewusst und automatisch für Eigenschaften zuschreiben, ist zuallererst und zuallerletzt unser Problem und nicht das des Grundgesetzes.

      Nachdem Sie jetzt auch geklärt haben, dass Sie die im Grundgesetz absolut NICHT vorgesehene Bevorzugung einer Religion vor anderen in der Schule befürworten, können wir die Debatte wohl einstellen. Mit “Hütern” wie Ihnen braucht das Grundgesetz keine Feinde mehr.

      Gruss,
      Thorsten Haupts

  3. wolaufensiedenn sagt:

    Wär ja schade, denn Sie haben mich gründlich mißverstanden, lieber Herr Haupts ...
    Zu Ihrer Beruhigung: Ich bin nicht konfessionell gebunden! Und habe trotzdem schon gelegentlich ein Kreuz um den Hals getragen; ist ein schöner Schmuck und das braucht keiner eindimensional zu verstehen. Ich bezweifele auch insgeheim, dass Sie eine Frau gleich für fromm halten, nur weil sie ein Kreuz um den Hals trägt? Aber vielleicht tue ich Ihnen ja wirklich unrecht – dann entschuldige ich mich natürlich in aller Form bei Ihnen!

    Diejenigen, deren christlich-religiöse Symbolik misszuverstehen nun wirklich ignorant wäre – die Nonnen – unterrichten, wie gesagt, nicht an staatlichen Schulen.

    Aber die Kopftücher sind (nun) entsprechend belegt worden: Wer sich sowas umbindet, der putzt also nicht zufällig und er ist auch kein Fashion-Viktim. Sondern er bezeugt damit ohne jeden Zweifel, dass er Moslem ist! So verstehe ich das BVerfG, das immerhin auch Gutachten zur religiösen Bedeutung des Kopftuches eingeholt hat.

    Nun bin ich ja kein Moslem und trage für gewöhnlich auch kein Kopftuch, sondern lieber Mütze oder Hut, und zwar draußen. Aber ich würde mich angesichts dieser allzu eindeutigen Belegung meiner Kleidung dezent unwohl fühlen (nämlich: irgendwie darauf reduziert). Ich schätze, die Frau Detjen kriegt da auch ein wenig Gänsehaut; deswegen die frühere Anmerkung wegen der “individuellen Ausübung der Religion” oder so ähnlich. (Wenn nicht: Tut mir leid!) Nein, ich denke, genau die Tür (individuelle Interpretation, möglicherweise auch des Glaubens) ist gerade mit lautem Krachen ins Schloss gefallen – so kommt es mir jedenfalls vor. Aber das wird erst die Zukunft zeigen.

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