Ich. Heute. 10 vor 8.

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Frauen schreiben. Politisch, poetisch, polemisch. Montag, Mittwoch, Freitag.

EIN WUNSCH DER KEINE FLÜGEL HAT #2

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Im Herbst 2015 wird der Kleist-Preis an Monika Rinck vergeben. Im Frühjahr 2014 fanden sich Nele Brönner und Monika Rinck zusammen, zu einer ersten Kollaboration. Brönner schickte Rinck eine erste Zeichnung und letztere antwortete darauf mit einem Text. Dies wiederholten sie 23 Mal, um am 24. Mai 2014 in der Berliner Schankwirtschaft Rumbalotte unter dem dreifachen Titel: „I AM THE ZOO – Candy – Die Geschichte vom inneren Biest“ die Ergebnisse dieses Wort-Bild-Wildwechsels vorzustellen. „EIN WUNSCH DER KEINE FLÜGEL HAT“ ist die zweite gemeinsame Arbeit von Brönner und Rinck, in zwei Teilen.

Teil 1: EIN WUNSCH DER KEINE FLÜGEL HAT #1

Teil 2:

###© Nele Brönner 

(4) Divertimento auf halber Strecke. Ich möchte Sie zu Ihrer einstweiligen Ablenkung bitten, sich in der Ferne auf einer Weide bei Friesack im Brandenburgischen etliche Rehe, klein wie Miniaturen, vorzustellen, kurz darauf eine Feldlerche, die die frühlingshaft erweiterte Luft, worin das Tollpatschige mit dem Erhabenen fusioniert, füllt mit ihrem Flug. Innig, ja noch inniger als eben, wobei schon auch aufflatternd wie ein Tollpatsch mit Flügeln. Oder eine Ente, die ihr Geweih als Paddel trägt. [Imposanter Schwimmfuß im Revierkampf.] Aber wie hell und klar war doch die Luft! Der Wind kam zögerlich als würde er von Enten mit Paddeln erzeugt. Oder einer Feldlerche. Vielen Feldlerchen und einigen Drosseln, ich lasse schließlich mit mir reden. Dieses Ablenkungsmanöver hat nur einen einzigen Zweck, den Sie nie erraten werden. Daher will ich es Ihnen sagen: Es dient der Bewerbung des Textes „Trying To Find Time To Think“, des finnischen Dichters Kai Nieminen, in der englischen Übersetzung von Anselm Hollo aufgenommen in den schmalen Band „Serious Poems“, Rain Taxi Brainstorm Series # 5, der sich neben vielem anderen der Frage widmet, ob Vögel Vergnügen an ihrem Gesang finden und ob es sich dabei um eine Kunstform handelt. Sofort spüren Sie den Wunsch, dieses Buch zu besitzen.

###© Nele Brönner 

(5) Was aber haben Sie hier nun wieder einzusetzen? Immer noch keine Antwort. War es so, dass die Idole sich von Ihnen fortbewegten? Oder waren Sie die Partei, die sich stetig von ihren alten Idolen entfernte – hin zu anderen, fremden Idolen. Nämlich zu den Idolen derer, die Sie bewundern, die Sie sein wollen, auf deren Wünsche Sie jetzt [etwas plump, will ich sagen] zuhalten. Achtung! Es geht wohl darum, sich zu entfremden und die Bewunderung dort zu betreiben, wo sie Ihnen nicht zusteht. Aber wenn Sie die Poster in Ihrem Zimmer entfernen und andere aufhängen, die zeigen, was derjenige begehrt, an dessen Stelle sie so gerne wären – beachten Sie: Kein einziges Poster zeigt Sie selbst. Sie sehen Pferde, Flaming Creatures, Helicopter, Tänzer, Tänzerinnen, deren Namen Sie nicht kennen, zuletzt schaut Sie ein eingespanntes damenhaftes Wesen im Schaft schräg von der Seite an. Es erschien uns, Ihnen vermute ich auch, wie die Vertreterin eines fremden Kultes, dem nirgends etwas ähnlich sah. Ja. Das Ende der Mimesis war da. Wo ist denn nun die Ente mit dem Paddel? Fort. Sie geht am Stock. Sie ist Kopf und Griff. Und ihre eigene Trophäe. Besser Sie hängen die Poster wieder ab. Halten Sie Ausschau nach einem Geweih.

###© Nele Brönner 

(6) Da Sie offenbar nach wie vor nicht sagen können, was Sie hier einzusetzen haben, möchten wir Ihnen einige unverbindliche Vorschläge machen. Wie wäre es mit dieser Digital-Uhr? Sie bekommen ein zweites und drittes Set Batterien hinzu, um sicherzugehen, dass Sie etwas einsetzen, das zählt und nicht steht. Das immer weiter geht. Denn die Uhr zählt, solange sie geht, die noch verbleibenden [verbliebenen] Stunden. Doch bitte widmen Sie sich auch den Alternativen. Zwischen Luxusyacht und Zigarette herrscht ja ein gewisser Spielraum. Ja. Aber ist das wirklich so: Herrschen Räume? Und wenn sie herrschen, kann man dann darin spielen? Dass dieser knallharte Raum zum Spielen taugt, möchte ich bezweifeln. [Blitzblende Lana] Dazu sind die Unterschiede doch ein wenig zu, wie soll ich sagen, schroff? Die Kippe bekäme der ganz Ungeschützte auf der Klippe vielleicht gerade noch gereicht, von einem Geschützten, den er um sie bat. Nicht aber die Yacht. Um alles andere werden wir uns in einer Zehntelsekunde zu kümmern haben. Und tun es dann nicht.

Weiterlesen:

Monika Rinck, Nele Brönner: EIN WUNSCH DER KEINE FLÜGEL HAT #1

Elke Erb: Seltsam

Daniela Seel: SAGA

 

###© Nele Brönner 

1 Lesermeinung

  1. mariedt sagt:

    EIN WUNSCH DER KEINE FLÜGEL HAT... #2 = Raupenstadium?...
    Taubeneistadium?…auf der Arche Noah.

    #3…was setzen Sie/sie ein?…2015…schon 15 Jahre #3…
    #3 dreht 3(geistig) um 90 Grad nach rechts…
    zum “double (yo)U”…W?…
    2 x “Vogel “V-“…”W”ings…weiße Tauben wings?…
    Land in Sicht?…Schmetterlinge?…
    Hoffentlich reicht die Zehntelsekunde zum “Kippen” auf der Klippe…
    und nicht nach der Klippe…obwohl, dann kommt es auf die
    verbleibende Fallzeit an, um Flügel(-Fallschirm) zu benutzen.
    Brain-Storm…Brain-Strom…Brain-Stream…Main-Stream…
    “WehWehWeh”-(Schmerz)LAN?…”We(blank?)h”(ealth)…
    W-(“G”enesung)Lan?

    Was setzen wir ein…für die “V”ermeidung schmerzhaften “Kippens”…
    eine Zehntelsekunde vor der Klippe?
    Kann die “Creme” der Wissenschaft, die Wissen schafft, helfen?…
    indem sie sich um 90 Grad dreht und zum…
    “Weisenschaftnetzstream” für alle wird? “Gesellschaftsaugennetzhaut”?…
    DLRG werden, bevor uns der Schmerz-Kummer so krümmt,
    daß keine Wunsch-pari-Flügelpaare mehr wachsen/ausgebreitet
    werden können?
    Der Human Idee dienen und nicht den “krummen” Menschenideen?!
    “Gesellschaft-Geist-Augen-Hornhaut-Verkrümmungen”?

    MfG
    W.H.

    P.S. …#2, ebenfalls “denk-würdiger” 2.Teil. Wirklich gut, ihrer Beider Schreibzeich(n)engut:=)

    Gehen dem Menschen Hühner und Hunde verloren, so weiß er, wo er sie suchen soll. Geht ihm sein Herz verloren, so weiß er nicht, wo er es suchen soll.
    Mengzi

    Das Wunderbarste an den Wunder-Wünschen ist, dass sie manchmal wirklich geschehen.
    Gilbert Keith Chesterton

    …die Wunde “R”…Ratio…Realität…Rund…zur Gesund-heit führt?

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