Ein Brief aus Mostar: Zwanzig Jahre liegt die Zerstörung der bosnisch-herzegowinischen Stadt am Flusse Neretva bereits zurück. Die Stadt ist teilweise wieder aufgebaut, aber unversöhnlich geteilt, und die Segregation schreitet fort. Doch die Seele und die Erinnerung Mostars liegen im Multikulturalismus. Weiterlesen
Gabriele Taso

Wir begegneten Gabriela in Mostar in einem kleinen Hotel türkischen Stils, dessen Besitzer das Haus in neunter Generation hält und als Privatmuseum betreibt. Gabriela kümmert sich ums Frühstück, führt die Gäste herum, erzählt auf deutsch, englisch und bosnisch die Geschichte des Hauses. Sie weiß, dass sie über einen der schönsten Plätze der Stadt wacht. Im Frühstückssaal hängt an der Wand ein Stammbaum des mittelalterlichen bosnischen Königshauses, mit herrlich aufgekitschten Bildern der Könige und Königinnen. Gabriela erklärte uns, warum ein osmanisches Haus einen solchen frühchristlichen Stammbaum beherbergt, und dann erzählte sie uns, warum sie so gut deutsch spricht: Ihre Eltern kamen als jugoslawische Gastarbeiter nach Baden-Württemberg, dort wurde sie 1968 geboren, ging zur Schule und kehrte 1981 mit ihren Eltern nach Mostar zurück. In Mostar beendigte sie die Realschule, besuchte eine Schule für Tourismus und ist seitdem mit Unterbrechungen als Hotelkraft beschäftigt. (Marion Detjen)