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Schaeffler, Continental und der rote Schal

| 6 Lesermeinungen

Der Familienkonzern Schaeffler hat sich mit dem Kauf des Autozulieferers Continental selbst ruiniert. Im Kampf um Staatshilfe macht Gesellschafterin Maria-Elisabeth Schaeffler sogar gemeinsame Sache mit ihren alten Gegnern von der IG Metall. Aber ein tragfähiges Konzept für die Zukunft von Conti-Schaeffler fehlt weiterhin. Nicht nur Politiker und Banken werden unruhig. Aber im Verhältnis zwischen Conti und Schaeffler gibt es so viele menschliche Abgründe, dass das Warten auf das Konzept wenig überraschend ist.

Über den roten Schal amüsieren sich inzwischen Gewerkschafter in ganz Deutschland. Die Idee der Familienunternehmerin Maria-Elisabeth Schaeffler, ihren am Rosenmontag vollzogenen Schulterschluss mit der IG Metall optisch durch einen tiefroten Schal zu untermalen, der kunstvoll um ihren Hals geschlungen lag, war vielleicht nicht ganz so desaströs wie das Foto von ihr im Pelzmantel , aber ihrem Ruf hat auch der Schal nicht geholfen. Die Inszenierung wirkt anbiedernd und hilflos: Zu tief sitzt die Erinnerung daran, dass gerade die Schaeffler-Gruppe von den Gewerkschaften jahrzehntelang kaum etwas wissen wollte. Nun geht es um Lobbyarbeit, vor allem in Richtung SPD. Denn Staatsgeld muss her. Den Schaefflers steht durch die milliardenschwere Fehlspekulation mit der Übernahme des Autozulieferers Continental in Hannover finanziell das Wasser bis zum Hals. Daran ist nicht allen die Finanzkrise schuld, sondern auch die Strategie der verbrannten Erde, die nach der Übernahme von Continental im Umgang mit dem Management in Hannover an den Tag gelegt worden ist. 

Bild zu: Schaeffler, Continental und der rote Schal

Foto AP

Jetzt fehlen Schaeffler nach eigenen Angaben 5 bis 6 Milliarden Euro. Der Druck, ein tragfähiges Konzept für den Umgang mit der Krise vorzulegen, um womöglich doch noch Staatshilfe zu erlangen, steigt immer weiter. Nur: Ein solches Konzept gibt es nicht, was in der Politik, von den Arbeitnehmervertretern und den kreditgebenden Banken mit Kopfschütteln quittiert wird. „Es ist nicht nachvollziehbar, wie lange Schaeffler und die drei beauftragten Wirtschaftsprüfungsunternehmen brauchen, um ein tragfähiges Geschäftsmodell vorzulegen”, kritisiert auch Hubertus Schmoldt, der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE).

Unter der Ungewissheit leiden nicht nur die Schaefflers und ihre Mitarbeiter, sondern auch die verbliebenen übrigen Conti-Aktionäre: Seit Jahresbeginn, und das Jahr 2009 ist ja noch nicht sehr alt, hat das Conti-Papier mehr als 60 Prozent seines Wertes eingebüßt. Die Ratingagentur Moody’s beurteilte die Kreditwürdigkeit von Continental zuletzt nur noch mit “Ba2” bei negativem Ausblick und gesteht dem Unternehmen damit nur noch den sogenannten “Ramschstatus” zu.

Dass es nach wie vor an einem Überlebenskonzept fehlt, wundert eingeweihte Beobachter aber nicht. Die Situation ist auf vielen Ebenen so verfahren, dass man nirgendwo zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen scheint: Die Banken haben bisher kein großes Interesse daran gezeigt, ihre Kredite gegen Anteile an Schaeffler zu tauschen. Im Aufsichtsrat von Conti gibt es dem Vernehmen nach weiterhin Eiszeit zwischen dem (neuen) Aufsichtsratsvorsitzenden Hans Rolf Koerfer und seinem im Gremium verbliebenen Amtsvorgänger Hubertus von Grünberg, der einst mit den Schaefflers eng befreundet war und nun seine eigene Agenda zu verfolgt. Die Schaefflers beziehungsweise Koerfer würden Grünberg wohl auch gern loswerden, nur wird er – aus ihrer Sicht leider – von Christian Wulff, dem Ministerpräsidenten des Landes Niedersachsen, gedeckt. Und wenn der damit droht, mögliche Staatshilfen für Continental oder dessen Reifensparte an den Verbleib Grünbergs zu koppeln, wird man den Widersacher eben nicht los.

Dass das Debakel um Einstieg bei Conti den Schaeffler-Geschäftsführer Jürgen Geißinger den Job kosten könnte, dementierte Schaeffler zwar: “Es gibt keinen Anlass, sich solchen Gerüchten hinzugeben”, sagte ein Sprecher. Auch aus Bankenkreisen hieß es, dass der Konzernchef inmitten einer Krise nicht ausgewechselt werden sollte. Das ist aber nicht für alle Beteiligten eine gute Nachricht: Denn gerade Geißinger gehört zu den Schaeffler-Vertrauten, die in Hannover viel verbrannte Erde hinterlassen haben.

Ob es am Ende der Rettung des hochverschuldeten Konzerns den Schaefflers wirklich noch gelingt, wenigstens einen Anteil von mehr als 25 Prozent an ihrem Unternehmen zu erhalten, ist ebenfalls völlig offen. Sie würden gern; die Banken haben offenbar andere Pläne. Vielleicht ist der einzig vernünftige Weg für ein Überleben von Conti und Schaeffler eben doch der Konkurs der Schaeffler KG. Insider schließen dieses Szenario jedenfalls längst nicht mehr aus.

Was bleibt, ist das bange Warten auf das Rettungskonzept. Aber die Zeit läuft ab.

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6 Lesermeinungen

  1. tectorat sagt:

    es gibt wirklich wichtigeres...
    es gibt wirklich wichtigeres zu diesem thema zu diskutieren. wie zb dass schaeffler gewinne einfährt und conti verbindlichkeiten ins nächste quartal verschiebt, um kurzfristig besser da zu stehen. dann auch noch der brief von neumann an die großaktionäre von schaeffler, um diese aufzuhetzen. ganz zufällig landet diese info dann auch noch bei der presse und wird hoch diskutiert. oder das, gerücht, dass kuweiter investoren an conti interessiert sind und so die kurse ansteigen, die dann beim dementi wieder stark fallen. und dann noch der herr ministerpräsident wulff, der neumanns rücken stärkt. hat er aus der porsche-saga nicht dazu gerlern?! ich kann nur hoffen, dass schaeffler nicht zu tode intrigiert wird……..

  2. lexicat sagt:

    <p>Langsam geht es mir auf die...
    Langsam geht es mir auf die Nerven. Ja Himmel, was soll Frau Schaeffler denn noch tragen? Nerz – geht gar nicht. Steppjacke – wird verspottet. Und würde sie sich in einem Kartoffelsack präsentieren – bestimmt würde die Presse überlaufen vor bissigen Kommentaren. Und jetzt der rote Schal – hätte er vielleicht in einer gedeckteren Farbe gewählt werden sollen? Völlig egal. Wer das Thermometer ablesen kann, weiß, daß ein Schal momentan nun mal zum Standardoutfit gehört. Oder sollte sie sich gerade in der jetzigen Situation noch nen Schnupfen einhandeln? Ich denke, die Grippe, die das Unternehmen fest im Griff hat, ist schon völlig ausreichend.
    Kommen wir doch mal auf den Boden der Tatsachen zurück.
    Fakt ist – es ist ein enormer Kapitalbedarf vorhanden.
    Fakt ist – nicht erst in Monaten, sondern jetzt.
    Fakt ist – nicht nur das Überleben der Firma Schaeffler ist gefährdet, sondern auch das zahlreicher Zulieferer.
    Fakt ist – sogar der Einzelhandel in der Stadt des Mutterkonzerns verzeichnet auf Grund der unsicheren Situation rapide Umsatzrückgänge.
    Fakt ist – die Arbeitsplätze , und das ist für mich das wesentlichste Argument für eine Staatshilfe, sind in Gefahr. Und da handelt es sich nicht um 10 oder 20, nein, da geht es um Tausende.
    Fakt ist – viele weitere Zulieferer sind betroffen. Und nicht nur Zulieferer, sondern auch auf den ersten Blick fremde Branchen wie z.B. Spediteure.
    Ganz ehrlich, es ist meiner Ansicht nach völlig egal, ob die Familie Schaeffler ihr Vermögen behält oder nicht. Es geht hier um viel mehr. Um Familien, die ihre Zukunftsplanung auf Basis einer Anstellung aufgebaut haben. Um Kinder, die bei Schaeffler einen Ausbildungsplatz erhalten.
    Ist es da nicht nebensächlich, ob Frau Schaeffler nun einen roten oder was weiß ich was für eine Farbe an Schal trägt?
    Die Medien sollten sich überlegen, ob die momentan wirklich einseitige und stimmungsmachende Berichterstattung der Situation gerecht wird. Meiner Meinung nach nicht.

  3. techfieber sagt:

    <p>@qswrrkr ja, ja, der rote...
    @qswrrkr ja, ja, der rote schal. unterstreicht der nicht noch einmal eindrucksvoll, dass sich die gute dame mit dem fragwürdigen geschmack gerne selbst inszeniert – dabei aber irgendwie die bodenhaftung verloren hat? sie schreiben: “(…) dass es nur noch um die Äußerlichkeiten von Fr. Schaeffler und nicht um die Fakten geht.” mag sein, dass dies in der berichterstattung oft vorkommt – nur: frau scheffler gibt ja aufs neue anlass hierzu …

  4. swrrkr sagt:

    <p>Schon die Überschrift...
    Schon die Überschrift zeigt, dass es in diesem Fall nicht mehr um seriöse Berichterstattung, sondern um Journalismus auf Boulevardebene geht. Auch die Kommentare in diesem sowie in vielen anderen Blättern zeigen, dass es nur noch um die Äußerlichkeiten von Fr. Schaeffler und nicht um die Fakten geht.
    Allen Kommentatoren, die hier hämisch die Fakten verdrehen und meinen von außen alles besser beurteilen zu können, sei gesagt dass sie die ersten sind die sich aufregen wenn in kurzer Zeit die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung etc. in schwindelnde Höhen steigen.
    Warum das der Fall sein wird? Weil wir in Deutschland offenbar bereit sind, Firmen die im Kern völlig gesund sind (wie Schaeffler und Conti) über die Wupper springen zu lassen, weil sich deren Eigentümer und Manager verspekuliert haben. Wann begreifen die Schreiberlinge eigentlich dass es hier nicht darum geht das Vermögen von Frau und Herrn Schaeffler zu retten? Es geht darum, zukunftsweisende Hochtechnologien und 80.000 Arbeitsplätze in diesem Land zu erhalten (nur bei diesen beiden Firmen, bei Zulieferern und dem Handel ist zusätzlich ein Vielfaches an Arbeitsplätzen in Gefahr).
    Es wird auch wieder ein Aufschwung kommen, da bin ich mir sicher. Wer deckt dann den Bedarf ab? Nicht mehr Schaeffler und Conti, sondern SKF, Pirelli, Bridgestone, usw.
    Und noch zwei Dinge: Die USA und Frankreich unterstützen ihre Autoindustrie und Zulieferer ebenfalls mit Krediten, wir in diesem Land führen diese Diskussion dagegen wie viele andere Diskussionen (Atomausstieg, usw.) wieder einmal rein ideologisch und nicht pragmatisch.
    Und als letztes: Zockerbankenwerden von unser aller Steuergelder mit Abermilliarden aufgepäppelt, Unternehmen aber die echte Werte schaffen lässt man untergehen (u.a. von Commerzbank und Dresdner Bank, die gerade mit 18 Mrd. gerettet wurden). Ich denke perverser geht es kaum.

  5. ls7400 sagt:

    <p>Wann hört ihr endlich mit...
    Wann hört ihr endlich mit den Modeschauen auf, seid ihr eine ernsthafte Zeitung oder Vanity Fair?
    Wem Kleider so wichtig sind, dem ist der Ernst der Lage offensichtlich immer noch nicht bewußt, zumindest tritt er die Sorgen und Nöte der Betroffenen mit Füßen.
    „Es ist nicht nachvollziehbar, wie lange Schaeffler und die drei beauftragten Wirtschaftsprüfungsunternehmen brauchen, um ein tragfähiges Geschäftsmodell vorzulegen”, kritisiert auch Hubertus Schmoldt …
    Er und andere könnten mal anfangen, zu denken! Zu Recht fordert der Staat ein Konzept als Basis für eine Unterstützung und auch zu Recht nimmt er zumindest die beteiligten (und besonders pikant, die an denen er notgedrungen beteiligt ist) Banken in die Pflicht.
    Und jetzt wird das Ganze zur Farce:
    Die gleichen Banken, die vor einem halben Jahr den Conti-Deal mitgetragen haben, verdienen sich aufgrund der ins Bodenlose gesunkenen Aktienkurse von Conti in Verbindung mit den stark erhöhten Kreditzinsen dumm und dämlich. Ein Risiko für die Banken besteht nicht, denn wenn bei der Bank eine Schieflage eintritt, muß der Staat unterstützend eingreifen. Warum also sollen die beteiligten Banken sich für eine schnelle Lösung einsetzten?
    Je eher die eine Lösung konkret wird, desto eher müssen die Banken, besonders, wenn der Staat dann eine Bürgschaft übernimmt, die Kreditzinsen wieder auf ein normales Maß senken, weil das Risiko durch die Bürgschaft begrenzt wird. D.h. die Banken werden dann weniger verdienen. Also, je länger es dauert, desto besser für die Banken. Und was die Wirtschaftsprüfer angeht, dreimal raten, wer die ausgesucht und geschickt hat.
    Und wenn Schaeffler inzwischen insolvent wird, dann wird bei den Banken halt abgeschrieben, und der Staat, also wir alle zahlen.
    Was mich bei allem immer wieder wundert, ist die perfekte Vernebelungstaktik vieler Medien, sie trägt nicht zur Lösung bei aber es erfreut wenigstens die Neider.
    Und alle, die es besser finden, daß Schaeffler, oder um auch die anderen, also Opel, Edscha, Schiesser usw. zu nennen, pleite gehen, vergessen, daß sie, so oder so, ausgenommen Hartz4 Empfänger, dafür bezahlen müssen.
    Bei einer Hilfe, die Unternehmen zu erhalten, kostet es erst einmal Geld, aber es birgt zumindest die Chance, daß das Geld wieder zurückkommt, wenn es den Unternehmen gelingt, wieder Fuß zu fasssen. Bei Pleiten wird allerdings abgeschrieben, das Geld ist also in jedem Fall weg.
    Mir ist in solchen Situationen übrigens die ruhige Hand lieber als die gelähmte …

  6. <p>Die Auftritte von Frau...
    Die Auftritte von Frau Schaeffler sind doch lächerlich. Wer diese aufgesetzte Freundlichkeit nicht erkennt, ist selber schuld. Die Unternehmensleitung hat nun mal Fehler gemacht und muss dafür jetzt einstehen. Nur weil Finanzkrise ist kann nicht immer der Staat helfen. Eine Insolvnez bedeutet auch nicht gleich den Untergang von Schaeffler – höchstens von Frau Schaeffler.

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