Ad hoc

Michael Dell erwägt Zukäufe

Der Gründer und Vorstandsvorsitzende des nach ihm benannten Computerherstellers macht sich Fabrikschließungen nicht leicht, sieht in seiner Branche erhebliche Wachstumsmöglichkeiten und verweist auf hohe liquide Mittel: Damit will Michael Dell weitere Unternehmen kaufen.

Herr Dell, Amerikaner sind bekannt für ihren Optimismus. Wie würden Sie die aktuelle Lage beschreiben?

Die Lage ist nicht einfach. Die Wirtschaft schrumpft allein in Deutschland um 5, vielleicht 6 Prozent in diesem Jahr, und in anderen wichtigen Industrieländern sieht es nicht viel besser, eher schlechter aus. Man kann also nicht sagen, dass die Situation besonders rosig ist. Aber die Technologie-Branche ist da etwas anders positioniert als andere Industrien und spielt auch eine etwas andere Rolle.

Warum?

Sie ist eine absolute Schlüsselbranche für alle anderen zur Steigerung der Produktivität und der Erhöhung der Effizienz geworden. Ohne Computer und Software läuft heute doch nichts mehr. Daher werden wir auch die nächste große Wachstumswelle auslösen.

Wo sehen Sie denn derzeit Licht?

In Ostasien, vor allem in China. Was die Regierung in Peking mit ihrem multimilliardenhohen Fiskalprogramm gemacht hat, war absolut richtig. Auch was die Regierungen in anderen Teilen der Welt in dieser Richtung unternommen haben, war wichtig. Darüber hinaus sehen wir auf der Seite der Konsumenten positive Signale mit recht ordentlichen Wachstumszahlen. Und drittens ist die öffentliche Hand in die Nachfragelücke der Privatwirtschaft gesprungen. Ihre Ausgaben hinterlassen auch positive Spuren.

Wie werden Sie sicherstellen, dass Dell sich in Zeiten wie diesen als Unternehmen richtig positioniert, damit es ganz vorn ist, wenn wieder ein Aufschwung am Horizont zu sehen sein wird?

Wir hören auf unsere Kunden. Und die sagen uns, dass sie hochleistungsfähige, aber einfach zu bedienende Technik haben wollen. Die sagen uns, dass sie nur mit Hilfe von Computern und Software produktiver werden können. Die sagen uns, dass sie vor allem an Lösungen interessiert sind.

Was meinen Sie damit?

Server, Software und dergleichen sind für die Kunden nur Mittel zum Zweck. Darauf müssen wir eingestellt sein. Und darauf, dass die Kunden sogenannte „Managed Services” wollen – also alle Dienstleistungen rund um Beschaffung, Betrieb und Wartung ihrer Computernetze aus einer Hand. Das müssen wir in allen vier Konzernsparten liefern – vom großen bis zum kleinen Unternehmenskunden, von der Nachfrage durch den öffentlichen Sektor bis zu der von den privaten Haushalten.

Könnte es sein, dass sich manche Wettbewerber von Ihnen mit Blick auf diese Chancen rund um „Managed Services” schon besser positioniert haben?

Sicher haben wir Konkurrenten, die in bestimmten Bereichen mehr gemacht haben als wir.

Aber?

Aber wir wissen auch drei wichtige Vorteile auf unserer Seite: Erstens sind wir ein global aufgestelltes Unternehmen, ohne diese Flickenteppiche partnerschaftlich verbundener Zulieferer und Händler. Und zweitens?

Zweitens sind wir aus unserer Unternehmensgeschichte und unserem traditionellen Geschäftsmodell heraus auf Kundenwünsche geradezu spezialisiert. Drittens passiert in der Branche mit all der Vernetzung und Ressourcenteilung wie Virtualisierung oder Cloud-Computing wahnsinnig viel, und hier spielen wir vorn mit.

Dell als Buchautor. Foto: Archiv

 

Sind Sie da sicher?

Da bin ich mir sicher. Dell kann auch sehr schnell sein: Schauen Sie nur mal, wie wir unser Geschäft mit Netzwerkrechnern aufgebaut haben. Im Jahr 1995 stiegen wir in den Markt ein und hatten damals quasi null Dollar Umsatz. Im Jahr 2002 erlösten wir 5 Milliarden Dollar, im Jahr 2008 etwa 12 Milliarden Dollar.

Und nun wollen Sie das mit Software und Dienstleistungen wiederholen?

Wieso wiederholen? Wir fangen hier ja schließlich längst nicht mehr bei null an.

Gleichwohl: Software und Service sind Bereiche, in denen Sie einen Schwerpunkt für die Ausgaben der Forschung und Entwicklung setzen?

Unsere Investitionen bewegen sich zunehmend in Richtung Software und Service, das ist richtig.

Im irischen Limerick machen Sie gerade eine Fabrik dicht; im deutschen Halle haben Sie vor einiger Zeit ein Service-Zentrum errichtet. Also blauer Himmel über Halle, graue Wolken über Irland?

Wenn Sie das so ausdrücken wollen. Seien Sie aber sicher, dass die Entscheidung gegen Limerick emotional eine ganz schwierige Sache für mich gewesen ist. Und das gilt für alle Fabrikschließungen.

Vor dem Hintergrund der schnellen Innovationen auf der Produktseite und dem Kostendruck in Ihrer Branche haben Sie die gesamte Produktion, alle Fabriken im Konzern auf den Prüfstand gestellt. Wie werden Sie hier künftig aufgestellt sein?

Dazu haben wir alles gesagt, was es bislang zu sagen gibt.

Nun, Wettbewerber wie Hewlett-Packard oder Apple setzen stark auf Auftragsfertigung aus Asien. Was wird Dell machen?

Wie gesagt, wir haben schon bekanntgegeben, dass wir unsere Produktion überprüfen. Weiter habe ich dazu jetzt nichts zu sagen. Aber wir gehen stets fair mit den Mitarbeitern um, informieren sie so frühzeitig wie möglich. Das hat sich auch in unserem texanischen Werk in Austin gezeigt, das wir ebenfalls schließen mussten: Unsere Mitarbeiter dort leisteten bis zum letzten Tag sehr gute Arbeit. Aber wenn sie ein Geschäft wie das von Dell führen, müssen sie auch harte Entscheidungen treffen. Die technische Entwicklung nimmt da keine Rücksicht auf überkommene Strukturen.

Welche technischen Entwicklungen werden in den kommenden Monaten denn auf Ihre Kunden zukommen?

Auf der technischen Seite werden wir in den kommenden Monaten einige wegweisende Produkte sehen. Nehmen Sie das neue Betriebssystem Windows-7 von Microsoft. Das wird groß ankommen, da bin ich mir sicher.

Warum wird das so sein?

Es ist zuverlässiger als sein Vorgänger Windows Vista, es wird schneller und einfacher zu bedienen sein. Auch was wir an anderen Soft- und Hardwareprodukten wie etwa bewegungsempfindlichen Großbildschirmen sehen, wird die Nachfrage wohl treiben.

Wettbewerber wie HP, IBM oder Oracle haben sich durch Zukäufe neue Felder wie etwa starke Auftritte im Softwarebereich oder den Dienstleistungen erschlossen und sind damit sehr rasch gewachsen. Was macht Dell?

Dell ist wohl das bekannteste Unternehmen, das bislang vor allem aus eigener Kraft gewachsen ist. Gleichwohl haben wir auch zugekauft, allein in den vergangenen zwei Jahren neun Unternehmen. Das sollten Sie nicht übersehen.

Nennen Sie doch einmal ein Beispiel . . .

Darunter ist so eine wichtige Gesellschaft wie der Anbieter von Speicher- und Virtualisierungslösungen Equal-Logic. Das war wichtig für uns. Nun aber sehen wir weitere Notwendigkeiten, auf Gebieten wie etwa den Dienstleistungen oder der Software stärker zuzulegen als bisher.

Die bislang so konservative Dell-Gruppe geht auf Einkaufstour?

Das werde ich Ihnen so nicht sagen. Es gibt auch die Möglichkeit von Partnerschaften und Allianzen. Nehmen Sie unsere Zusammenarbeit mit EMC. Die haben wir 2001 geschlossen. Seitdem unterstützt Dell bestimmte EMC-Produkte und EMC bestimmte Dell-Produkte. Wir entwickeln aber auch gemeinsam neue Erzeugnisse, bedienen zusammen etwa 80 000 Kunden und erlösen dank dieser Partnerschaft jedes Jahr jeder für sich mehrere Milliarden Dollar.

Aber Akquisitionen stehen doch auf Ihrer Agenda?

Nun gut: Natürlich stehen auch Zukäufe auf unserer Agenda. Wir haben derzeit etwa 10 Milliarden Dollar an liquiden Mitteln in der Konzernkasse liegen. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie den heutigen ist es sicherlich beruhigend, eine solch große Summe auf der hohen Kante zu haben: Und seien sie versichert, wir legen unser Geld gut an.

Wie werden Sie das machen?

Es wäre nicht angemessen, Ihnen das jetzt und hier zu sagen.

Steve Ballmer, der Vorstandsvorsitzende von Microsoft, nannte die Großakquisition von Sun Microsystems durch Oracle eine „Verrücktheit”. Wie sehen Sie das?

Nun, Steve ist verbal immer etwas auf der offensiven, ja aggressiven Seite. Ich bin da vorsichtiger. Unsere Server arbeiten mit Suns Java-Software, unsere Computer werden oft durch das Sun-Betriebssystem Solaris betrieben. Wir werden sehen, was eine solche Akquisition Oracle und seinen Aktionären bringen wird.

Das Gespräch führten Stephan Finsterbusch und Carsten Knop.

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