Inmitten von Konjunkturabschwung und Riesenloch in der Steuerkasse mal wieder etwas bessere Laune gefällig? Treffen Sie sich mit ein paar französischen Managern, und reden Sie mit ihnen über ihren Präsidenten, die Wirtschaft im Land – und bitten Sie ab und an um einen Vergleich mit den Vereinigten Staaten von Amerika.
Stellen Sie Fragen wie diese: „Warum sollte man eigentlich in Frankreich investieren, wenn Manager dort besser mit ihrer Zahnbürste ins Büro gehen sollten – damit sie darauf vorbereitet sind, wenn sie von den Arbeitern über Nacht im Betrieb festgesetzt werden?“ Antwort: „Nun, ein guter französischer Manager sollte immer mit Zahnbürste ins Büro gehen, schon wegen seiner Freundin.“ Frage: „Warum hat Arnold Schwarzenegger mehr Aufmerksamkeit zur Eröffnung der Computermesse Cebit erregt als im Vorjahr der französische Präsident Nicolas Sarkozy?“ Antwort: „Weil Sarkozy damals noch nicht mit Carla Bruni gekommen ist.“ Frage: „Sind die Franzosen in Amerika unbeliebter als die Deutschen?“ Antwort: „Das kommt darauf an. Als ich 2003 durch New Mexico fuhr, hatte ich ein Auto mit einem Aufkleber mit der Aufschrift ,Nuke France‘ vor mir. Das heißt ,Schmeißt eine Atombombe auf Frankreich‘, aber inzwischen hat sich die Stimmung wieder verbessert.“
Die Stimmung: Angeblich ist sie in Deutschland weiterhin besser als die Lage. Dabei ist den Deutschen doch stets das Gegenteil vorgeworfen worden. Aber die Deutschen sagen auf öffentlichen Podien auch gern, sie hätten keine Lust mehr, über die Krise zu reden – und tun es dann doch. Die Franzosen wiederum kündigen gar nicht erst an, nicht über die Krise reden zu wollen, und tun es dann mit ihrer typischen Leichtigkeit des Seins.
Die neue Leichtigkeit des Seins entdeckt auch Ferdinand Piëch. Kurz bevor in einem Restaurant auf Sardinien „das Wildschwein kalt wurde“, nutzte er die Gelegenheit, seine Sicht der Dinge in Sachen Porsche und VW klarzustellen: Einen Zusammenschluss der beiden Unternehmen, so wie der Porsche-Vorstandsvorsitzende Wendelin Wiedeking ihn sich vorstellt, wird es nicht geben. Und es gab noch anderes Erhellendes zu hören. Obwohl Piëch Miteigentümer von Porsche ist, weiß er nach eigenem Bekunden selbst nicht, wie groß die Risiken sind. An diese Informationen sei er nicht herangekommen. „Ich bin doch nur ein einfaches Aufsichtsratsmitglied.“
Eine solche charmant-spitzbübische Antwort hätte von den französischen Gesprächspartnern stammen können. (Warum sich darüber aufregen, dass Aufsichtsräte derzeit dafür kritisiert werden, dass sie in ihren Unternehmen nicht Bescheid wissen?) Mehr als das: Bei der Porsche SE könne man die Risiken aus der Bilanz nicht herauslesen. Er, Piëch, wisse auch nicht, wie viel Geld Wiedeking verdiene.
Wer das unglaublich findet, darf sich darüber freuen, dass diese Wirtschaftskrise wenigstens dabei hilft, genau solche Dinge ans Licht zu befördern. Denn könnte Porsche mit Hilfe liquider Banken weiter auf der selbsterzeugten Erfolgswelle der eigenen VW-Übernahmespekulationen reiten, gäbe es diese Bekenntnisse aus dem Hause Piëch nicht. Man darf auch sicher sein, dass die Endphase der Insolvenz des Warenhausunternehmens Hertie noch zu einer Schlammschlacht werden wird. Über die Umstände des Niedergangs des Geschäfts des ehemaligen Hertie-Mutterkonzerns Karstadt/Arcandor wird ebenfalls noch zu lesen sein. Dessen Lieferanten werden sich schon in dieser Woche über die Aussage aus dem Hause Arcandor gefreut haben, man zahle seine Rechnungen weiterhin. Aber auch solidere Unternehmen halten ihr Geld derzeit so lange im Haus, wie sie nur können. Da stimmt mancher Lieferant oder Dienstleister abenteuerlichen Zahlungsfristen zu, nur um die Beziehung zu seinem Auftraggeber nicht zu gefährden.
Die Rettung könnte ein schnelles Wiederanziehen der Konjunktur bringen. Darauf hat zuletzt die Börse gehofft. Doch o weh: Die amerikanischen Konsumenten kehren nicht so gut gelaunt in die Läden zurück, wie es zuletzt erwartet worden war. Und auch die jüngsten Konjunkturzahlen aus China sind nicht sehr erbaulich. Dabei darf es doch eigentlich keine weiteren schlechten Nachrichten mehr geben. Sie sind politisch inkorrekt, sozusagen. Halten wir es doch lieber wie die Franzosen: darüber reden, aber den Spaß nicht verlieren. Bis bald also, Herr Piëch!