Die Datenverarbeitungsorganisation der steuerberatenden Berufe, die Datev eG in Nürnberg, wächst trotz der Finanz- und Wirtschaftskrise: „Derzeit sieht es so aus, als ob wir auch die Ziele erreichen können, die wir uns für dieses Jahr gesteckt haben. Offensichtlich treffen uns die Auswirkungen der vielzitierten Wirtschaftskrise derzeit nicht so intensiv wie manch andere Unternehmen“, sagte Dieter Kempf, der Vorstandsvorsitzende der Datev, auf der Jahrespressekonferenz der Genossenschaft in Nürnberg.
Zum einen seien bei der Hauptzielgruppe, den Steuerberatern und deren meist mittelständischen Mandanten, noch keine so deutlichen Konjunkturauswirkungen wie im industriellen Bereich zu spüren. Zum anderen zeigten Vergleiche mit wirtschaftlich schwierigen Situationen in der Vergangenheit, dass der Mittelstand im Gegensatz zu Großunternehmen seine Mitarbeiter länger im Unternehmen halte und auch nach der Krise früher wieder beginne, neues Personal einzustellen.
Mitarbeiter gesucht
Auch für 2009 rechnet Kempf also wieder mit einem Umsatzwachstum, allerdings nicht mehr in gleicher Höhe wie im Vorjahr: „Trotz der Unwägbarkeiten im Markt glauben wir, unsere Planungen von etwa 2,8 Prozent Umsatzzuwachs für das Gesamtjahr zu erreichen.“ Das erste Halbjahr 2009 wurde mit einem Umsatz von 340,6 (Vorjahr: 328,6) Millionen Euro abgeschlossen. Für 2009 sind insgesamt 140 neue Planstellen vorgesehen, vor allem für die Entwicklung und Markteinführung der nächsten Softwaregeneration „Datev pro“. Darüber hinaus wird die Datev voraussichtlich 160 Stellen als Folge normaler Fluktuation wieder besetzen. „Wir brauchen also auch dieses Jahr wieder zusätzlich rund 300 Fachkräfte, überwiegend aus dem motivierten akademischen Nachwuchs“, sagte Kempf.
Deutliches Wachstum verzeichnete das Unternehmen 2008 auch mit seinen Rechenzentrumsdienstleistungen. Unter dem Einfluss der Digitalisierung und der elektronischen Vernetzung werden immer mehr Geschäfte über das Internet angebahnt, abgewickelt sowie die Verwaltungsvorgänge arbeitsteilig neu strukturiert. Software und Sicherheitsdienstleistungen lassen sich zunehmend aus dem Netz beziehen. Das stärkt offenbar die Rolle des Rechenzentrums der Genossenschaft: Neben unterschiedlichen Arten der Bereitstellung von Software, Outsourcing-Diensten und klassischer Datenverarbeitung sind die Nürnberger Drehscheibe für die Datenverteilung, organisieren Datensicherung und -archivierung und kümmern sich um eine sichere Internet-Nutzung für ihre Kunden.
Bei der Erschließung des europäischen Marktes für Informationstechnologie-Dienstleistungen und Software für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer macht die Datev nach eigenen Angaben Fortschritte: Das Unternehmen ist außer in Italien auch in Österreich, Polen und Tschechien mit einem umfassenden Produktangebot vertreten. In Ungarn, Spanien und der Slowakei werden Lösungen für Wirtschaftsprüfer angeboten.
Bürokratieabbau nur für die Verwaltung?
Ein Thema, das den steuerberatenden Berufsstand in Deutschland derzeit umtreibt, sind laut Kempf die möglichen Auswirkungen des Steuerbürokratieabbaugesetzes (SteuBAG). Der Datev-Chef begrüßt das Bestreben der Steuerverwaltung, durch die Automatisierung und Digitalisierung der Prozesse Vereinfachungen und Kostenersparnisse herbeizuführen. Allerdings wünscht sich Kempf, dass dies nicht nur der Verwaltung zugutekomme, sondern auch Bürgern und Unternehmen: Da bestehe in einer Reihe von Punkten noch erheblicher Gesprächsbedarf. Die Finanzverwaltung sei zum Beispiel immer noch der Ansicht, auf Belegen müsste ein Kontierungsvermerk angebracht werden, damit der laut den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung notwendige Zusammenhang zwischen Beleg und Buchung hergestellt werden kann. Dabei sei dies inzwischen revisionssicher über IT-gestützte Buchführungs- und Dokumentenmanagementsysteme problemlos möglich.
Im vergangenen Jahr hat die Datev ihren Umsatz auf 649,7 (614,1) Millionen Euro erhöht. „Es ist ein bemerkenswertes Ergebnis, wenn wir nach einem prima Vorjahr in diesen Zeiten erneut zulegen konnten und auch über dem Durchschnitt für die Softwarebranche von 4,2 Prozent liegen“, sagte Kempf zur eigenen Umsatzsteigerung von 5,8 Prozent. Das operative Ergebnis der Genossenschaft stieg um 12 Prozent auf 42,3 Millionen Euro. Davon fließen 40,7 (35,0) Millionen Euro als genossenschaftliche Rückvergütung an die Mitglieder. Die Zahl der Mitglieder wuchs auf 39 293 (39 052).