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Heinrich von Pierer und die Conti-Chance

Die Neubesetzung des Aufsichtsrats von Continental wird wohl noch eine Weile auf sich warten lassen. Das könnte eine Chance für den Schaeffler-Berater und -Freund Heinrich von Pierer sein. Doch der Ex-Siemens-Chef hat seine Rechtsprobleme noch nicht bewältigt. Und selbst wenn er sich bis Herbst mit Siemens einigt: Werden die Schaefflers seine Expertise höher gewichten als seinen belasteten Ruf? Möglicherweise kommt trotz aller Verzögerungen in Hannover die Conti-Chance doch noch zu früh für Pierer.

Seit der letzten Aufsichtsratssitzung des Autozulieferers Continental in Hannover ist klar, dass der umstrittene Aufsichtsratsvorsitzende Rolf Koerfer, ein Rechtsanwalt und Vertrauter der Familie Schaeffler, abtreten muss. Jedenfalls hat er angekündigt, zu gehen, nicht zuletzt, um endlich wieder nachhaltigen Frieden in Hannover herzustellen. Seine Amtsführung an der Spitze des Conti-Aufsichtsgremiums jedenfalls war wohl doch etwas zu plump und nach Ansicht von manchen Beobachtern nicht frei von Stockfehlern.

Eigentlich hatten manche auch schon angenommen, Koerfer werde zum 29. September zurücktreten. Das Datum schwirrte jedenfalls vor der jüngsten Conti-Aufsichtsratssitzung am 12. August herum, auf der der bisher letzte Wechsel im Vorstandsvorsitz von Continental beschlossen worden war. Von diesem Datum allerdings ist seither, jedenfalls aus Sicht der Schaefflers, keine Rede mehr: Irgendein Datum gebe es nicht, was immer von Gewerkschaftsseite in Hannover verlaute, ist im Umfeld der Schaefflers zu hören.

Kommt Zeit, kommt Rat

Kommt Zeit, kommt Rat, hat man sich dort schon immer gedacht – und war damit ja auch erfolgreich. Jedenfalls sieht es durch das Zuwarten, die konjunkturelle Aufhellung und die geringen Handlungsspielräume der Schaeffler- und Conti-Banken derzeit bekanntermaßen ja wieder viel besser für die Schaefflers und ihren Geschäftsführer Jürgen Geißinger aus, als noch zu Beginn dieses Jahres.

Das Spiel auf Zeit führt zu einem interessanten Gedanken: Je länger es dauert, desto eher könnte – neben den vielen bisher genannten Namen für den Conti-Aufsichtsratssitz – auch der ehemalige Siemens-Vorstandschef und spätere Aufsichtsratsvorsitzende Heinrich von Pierer für das Amt in Frage kommen.

Für die Personalie spricht viel: Pierer ist Franke, kennt damit das fränkische Unternehmen Schaeffler bestens, und er versteht sich mit Maria-Elisabeth Schaeffler und ihrem Geschäftsführer Jürgen Geißinger ausgezeichnet. Er berät sie sogar. Außerdem kennt Pierer aus seiner Zeit bei Siemens die ehemalige Siemens-Tochtergesellschaft VDO gut, die über Conti nun auch bei Schaeffler gelandet ist. Zweifel an seinen Fachkenntnissen über wichtige Kunden von Conti/Schaeffler könnte Pierer damit ausräumen, dass er schließlich jahrelang im Aufsichtsrat des vielleicht wichtigsten Conti-Kunden Volkswagen gesessen hat. Nicht zuletzt würde Pierer eine solche Berufung wohl auch selbst gut gefallen – würde sie den nach dem Siemens-Bestechungsskandal in Ungnade gefallenen einstigen Top-Manager der deutschen Wirtschaft doch wenigstens teilweise wieder rehabilitieren.

Für Pierer gibt es noch zu viele Probleme

Deshalb ist für die Idee einer Conti-Personalie Pierer die Zeit so wichtig: Denn spätestens bis November muss Siemens sich mit seinen Ex-Vorständen, die für die Korruptionsfälle gerade stehen sollen, auf Schadensersatzzahlungen einigen – sonst wird es für eine Absegnung einer solchen Einigung durch die Siemens-Hauptversammlung Ende Januar zu eng.

Doch auch Probleme gibt es zuhauf: Wird sich Siemens wirklich bis dahin mit Pierer & Co. einigen können? Was ist bis dahin mit den Ermittlungen der Münchener Staatsanwaltschaft? Und: Würden sich die Schaefflers trauen, Pierer eine neue Chance zu geben. Daran gibt es viele Zweifel.

Ihn selbst würde es gewiss freuen. Allein, die Chance kommt trotz allen Zeitspiels wohl zu früh für Heinrich von Pierer.

 

 

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