Keine Branche ist in ihrer strategischen Ausrichtung so zerrissen wie die der Stromversorger. Auf welche Form der Energieerzeugung soll man setzen? Soll man noch in Kohlekraftwerke investieren oder mit voller Kraft in die sogenannten erneuerbaren Energien gehen? Anders formuliert: Was soll man bloß mit seinem ganzen Geld machen? Das ist keine triviale Frage. Die Aktionäre wollen vernünftige Investitionspläne und Renditen sehen. Dass der italienische Stromversorger Enel nun angekündigt hat, seine Sparte, die sich mit erneuerbaren Energien befasst, zumindest mit einem Minderheitsanteil an die Börse bringen zu wollen, darf vor diesem Hintergrund nicht den Eindruck vermitteln, die Italiener hätten die Antwort auf diese Fragen gefunden. Vielmehr geht Enel diesen Weg allein deshalb, weil dieser Versorger eben nicht das Problem hat, zu viel Geld auf der Bank zu haben, sondern zu wenig. Schuld daran ist die Übernahme des spanischen Versorgers Endesa, an dem seinerzeit auch Eon interessiert war. Um den Schuldenberg von 51 Milliarden Euro abzutragen, soll Kasse mit der grünen Sparte gemacht werden. Das Investitionsprogramm aber wird reduziert. Das klingt nicht nach einem guten Zukunftsplan.
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Der italienische Energiekonzern Enel will einen Minderheitsanteil von vermutlich 30 Prozent an seinem Tochterunternehmen Green Power verkaufen, das auf das Geschäft mit sogenannten erneuerbaren Energien konzentriert ist. Der Wert der gesamten Sparte wird von Analysten auf 13 Milliarden Euro beziffert. Spätestens bis Ende des Jahres soll Enel Green Power an der Börse notiert sein.
Mit einem Volumen von mindestens 4 Milliarden Euro wäre es der größte Börsengang in Europa seit dem Ausbruch der Finanzkrise im Sommer des Jahres 2008. Nach den Worten des Enel-Vorstandsvorsitzenden Fulvio Conti ist eine Börsennotierung in Italien und Spanien vorgesehen. Gesucht werden auch strategische Investoren; Staatsfonds sind Conti im Aktionärskreis willkommen. Nach Analystenschätzungen hat die Sparte im vergangenen Jahr einen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 1,2 Milliarden Euro erwirtschaftet. Das Ebitda soll bis 2014 auf 2,1 Milliarden Euro steigen.
Immer weniger Investitionen
Der Verkauf des Green-Power-Anteils ist der Eckpfeiler eines Plans zur Veräußerung von Vermögenswerten mit einem Volumen von 7 Milliarden Euro, mit dem Enel bis Jahresende die Verschuldung von zuletzt knapp 51 Milliarden Euro auf zunächst 45 Milliarden Euro reduzieren will. Kein europäischer Versorger ist so hoch verschuldet wie Enel. Die Verschuldung hatte sich vor allem durch den Kauf des spanischen Versorgers Endesa, den Enel dem deutschen Konkurrenten Eon weggeschnappt hatte, stark erhöht. Bis zum Jahr 2014 soll die Verschuldung weiter verringert werden und auf 39 Milliarden Euro sinken. In dieser Zeit werden die Investitionen kontinuierlich verringert – von 7 Milliarden Euro in diesem Jahr auf nur noch 4,8 Milliarden Euro am Ende der kommenden vier Jahre. Zudem plant das Unternehmen auch den Verkauf des Hochspannungsnetzes in Spanien und von Vermögenswerten in Bulgarien und Spanien.
Wachsen will Enel dagegen in Osteuropa. Schon im vergangenen Jahr ist es dem Konzern gelungen, die negativen Auswirkungen der Wirtschaftskrise dank der positiven Ergebnisse des russischen Energieunternehmens OGK-5 einzudämmen. Dort hatten die Italiener im vergangenen Dezember mit knapp 56 Prozent die Mehrheit übernommen.