Die Wirtschaftskrise hat dem deutschen Mittelstand im vergangenen Jahr zugesetzt. Für das laufende Jahr rechnen viele Unternehmen nun aber mit einer Konsolidierung ihrer Geschäfte. Spätestens 2011 soll es wirtschaftlich wieder bergauf gehen: 60 Prozent der Mittelständler rechnen dann mit einer Verbesserung und nur noch 4 Prozent mit einer Verschlechterung ihrer Geschäftslage. Das geht aus einer Umfrage unter gut 4000 Unternehmen des deutschen Mittelstands im Rahmen der Studie „Unternehmer-Perspektiven” hervor, die im Auftrag der Commerzbank erstellt worden ist.
Jedes fünfte Unternehmen geht sogar davon aus, deutlich gestärkt aus der Krise hervorzugehen. Die technologiestarken Zugpferde der deutschen Wirtschaft sind besonders optimistisch. Technologie- und exportstarke Mittelständler geben eine besonders gute Prognose für ihre wirtschaftliche Entwicklung ab: allen voran die chemische und pharmazeutische Industrie (30 Prozent), gefolgt von der IT- und Telekommunikationsbranche (26 Prozent) und dem Maschinen- und Anlagenbau (25 Prozent).
An niedrige Preise gewöhnt
Befürchtet wird aber, dass sich die Kunden an die in der Krise gesunkenen Preise gewöhnt haben und deshalb auch künftig ein hohes Preisbewusstsein an den Tag legen. Hinzu kommt: Bei anhaltendem Preisdruck müssen gestiegene Anforderungen an Qualität und Nachhaltigkeit bedient werden. Während 2009 angesichts der wirtschaftlichen Engpässe mit der Kündigung von Zeitarbeitsverträgen und über Kurzarbeitsregeln Überkapazitäten abgebaut wurden, wird 2010 – auch wegen des anhaltenden Preiskampfs – verstärkt mit Marktbereinigungen in Form von Insolvenzen und Zusammenschlüssen gerechnet. 61 Prozent der Mittelständler erwarten für das laufende Geschäftsjahr Insolvenzen unter ihren Wettbewerbern, jedes zweite Unternehmen rechnet mit einer Konzentrationswelle.
83 Prozent der Unternehmen haben im vergangenen Jahr aggressive Preisstrategien ihrer Wettbewerber festgestellt. 41 Prozent der mittelständischen Unternehmen wollen deshalb noch stärker auf Beschaffungskosten und Profitabilität achten. Sie wollen den wachsenden Preisdruck in der Wertschöpfungskette weitergeben. Darüber hinaus suchen sie nach Möglichkeiten, ihre wirtschaftliche Situation durch Kooperationen und langfristige Verträge abzusichern. Wachstumsstrategien treten hinter Absicherung und Konsolidierung: Nur 11 Prozent der Unternehmen geben an, dass ein überdurchschnittliches Wachstum für sie nach der Krise wichtiger werden wird. Auch im Umgang mit ihrer Bank wollen die Unternehmer vor allem gute Konditionen. Mehr als die Hälfte der Befragten wollen mit ihren Finanzinstituten noch härter als bisher über Preise verhandeln. Auch planen 46 Prozent der Unternehmen die Finanzinstitute zukünftig sorgfältiger zu vergleichen. 32 Prozent werden noch häufiger flexible Geschäftsbeziehungen zu mehreren Banken unterhalten. Mehr strategische Beratung halten die meisten aber nicht für notwendig. Eine „Renaissance der Hausbank” im großen Stil wird es wohl nicht geben. Die Finanzinstitute müssen sich also wie auch ihre Kunden, die Unternehmen – der Herausforderung von steigendem Preisdruck einerseits und höheren Kundenerwartungen andererseits stellen.
Die Konditionen zählen
Lediglich für die Unternehmen, die in der Krise tatsächlich umsteuern, sind nicht nur gute Konditionen, sondern auch die strategische Beratung durch Bankpartner für die Zeit nach der Krise entscheidend. Erstaunlich ist aber, dass zwei Drittel der befragten Unternehmen in der Krise gar keinen Anlass zur strategischen Neuausrichtung erkennen können. Ein Großteil des Mittelstands betrachtet die Krise offensichtlich als konjunkturelles Phänomen, das zwar in weiten Teilen der Wirtschaft deutlich spürbare Auswirkungen hatte, aber in ein bis zwei Jahren überwunden sein wird. Nur ein gutes Drittel (38 Prozent) der Befragten gibt an, ihre strategische Ausrichtung wegen der Krise grundlegend oder zumindest in wesentlichen Eckpunkten verändert zu haben. Überdurchschnittlich viele strategiebewusste Unternehmen gibt es in den Branchen Chemie und Pharma, Maschinen- und Anlagenbau, IT sowie im exportierenden verarbeitenden Gewerbe. Am schlechtesten sieht es im Einzelhandel aus.