Das Ringen um die Zukunft der insolventen Warenhauskette Karstadt verkommt zum Fegefeuer der Eitelkeiten von Alphatieren aus Wirtschaft und Politik. Dabei geht es um eine Menge Geld, aber auch darum, in der Öffentlichkeit nicht als derjenige dazustehen, der dafür gesorgt hat, dass es für Karstadt keine Zukunft mehr gibt. Das sorgt für Spannungen im Vermieterkonsortium Highstreet, hinter dem die Deutsche Bank und die amerikanische Investmentbank Goldman Sachs stehen. Und das ruft die Politik in der Person von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle auf den Plan, die zur Einmischung des Staates in privatwirtschaftlichen Angelegenheiten unterschiedliche Positionen haben. In jedem Fall hat aber Brüderle mit seiner Forderung recht, die Politik solle sich hier nicht einmischen. Denn noch nicht einmal die Vermieter erwecken den Eindruck, als ob sie in ihrem Poker mit den beiden Karstadt-Bietern das eigene Spiel und die Interessen der ebenfalls involvierten Valovis-Bank noch überblicken. Vor allem im Lager des Bieters Maurizio Borletti scheint es eine großzügige Auffassung über die Zeit zu geben, die Karstadt noch hat.
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Der Streit um die Zukunft der insolventen Warenhauskette Karstadt eskaliert in der Politik ebenso wie unter den beteiligten Verhandlungspartnern. Unter den Vermietern wird eine Meinungsverschiedenheit zwischen der Deutschen Bank und Goldman Sachs offensichtlich, die das Karstadt-Vermieterkonsortium Highstreet dominieren. Und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) schreibt einen Brief an Geldgeber von Highstreet.
Der Immobilienfonds der Deutschen Bank DB Rreef hat in der vergangenen Woche mit aller Macht dafür gesorgt, dass das Angebot des neu auf den Plan getretenen Bieters Maurizo Borletti aus Italien im Rennen bleibt; Goldman hingegen will zu einem zügigen Abschluss mit dem Investor Nicolas Berggruen kommen, der sich mit Insolvenzverwalter Klaus-Hubert Görg schon vor Wochen auf einen Kaufvertrag für Karstadt geeinigt hatte. Ein Direktor der DB Rreef war bei Görg, um für Borletti zu werben, ist dabei dem Vernehmen nach aber nicht gut angekommen. Auch der zuständige Deutsche-Bank-Vorstand Jürgen Fitschen hat sich inzwischen eingeschaltet. Längst geht es dabei nicht mehr nur um viel Geld, sondern auch darum, in der Öffentlichkeit nicht als derjenige dazustehen, der für das Ende von Karstadt verantwortlich ist. Einen offiziellen Kommentar gab es zu den Meinungsverschiedenheiten weder von Sprechern der Deutschen Bank noch von Goldman Sachs.
Auch die Politik mischt mit
Von der Leyen hat ebenfalls ihre Bemühungen verstärkt, auf den Verkaufsprozess Einfluss zu nehmen, und bedient sich dabei der Unterstützung der Werbeagentur Scholz & Friends; ein Partner der Agentur berät sie in der Angelegenheit. In dem Brief an Geldgeber von Highstreet, der dieser Zeitung vorliegt, mahnt von der Leyen zur Eile und bittet um Informationen über den Stand der Dinge. Dabei ist es offensichtlich, dass sie eine zügige Einigung mit Berggruen bevorzugt. Eine Insolvenz würde „25 000 Stellen bedrohen und zu ernsten Konsequenzen für die Lieferanten” führen, schreibt von der Leyen. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) hat auf das Bekanntwerden des Briefes vom 6. August verärgert reagiert: „Wer mitverhandelt, ist auch mit in der Haftung”, warnte er. Es sei nicht Sache des Staates, sich in solche Verhandlungen einzumischen.
Dem Highstreet-Konsortium gehört der Großteil der 120 Karstadt-Kaufhäuser. Gestritten wird über die Höhe der Mietzahlungen. Borletti hat sich mit Highstreet in diesem Punkt inzwischen geeinigt. In einer Versammlung der Geldgeber von Highstreet soll – ganz im Sinne der Deutschen Bank – am 2. September in London nun sowohl über die Angebote von Berggruen als auch über das von Borletti entschieden werden. Das ist eine interessante Wendung, weil Borletti es versäumt hatte, in der von Görg ursprünglich gesetzten Frist ein Angebot für Karstadt einzureichen.
Die wichtige Unbekannte: Die Valovis-Bank
Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, wie sich die Valovis-Bank entscheidet, die die Pensionsgelder ehemaliger Karstadt-Mitarbeiter verwaltet, und Highstreet 850 Millionen Euro geliehen hat. „Wir verhandeln derzeit nicht mit Borletti”, hatte ein Sprecher der Bank in der vergangenen Woche gesagt. Valovis stehe vor einer Einigung mit Highstreet und Berggruen. Vor allem die Deutsche Bank traut dieser Mitteilung aber wohl noch nicht so recht. Und tatsächlich, so ist zu hören, spricht Valovis hinter den Kulissen längst auch mit Borletti, der ein gutes Verhältnis zu Metro-Chef Eckhard Cordes pflegt. Cordes würde mit Borletti am liebsten eine Europäische Warenhaus AG schmieden, in der dann sowohl Karstadt als auch die seit Jahren zum Verkauf stehende Metro-Tochtergesellschaft Kaufhof aufgingen. Möglich erscheint aber auch, dass Metro/Kaufhof und Borletti selbst dann zusammenfinden, wenn es nicht zu einer gemeinschaftlichen Lösung mit Karstadt kommt. In jedem Fall wäre dann die Konkurrenzsituation für Kaufhof geklärt, was in der Vergangenheit eine Hürde für den Verkauf war.