Das Internet ist für vieles gut. In dieser Woche war der Chef von Google, des größten Internetkonzerns der Welt, eigens nach Berlin gereist, um den Deutschen zu sagen, was online alles geht. Für seinen Besuch hatte Schmidt einen guten Grund: Nirgendwo wird der Konzern aus Kalifornien wegen seiner Nachlässigkeit im Datenschutz stärker attackiert als in Deutschland. Es sei verständlich und gesund, dass es Debatten um die Privatsphäre gebe, räumte Schmidt deshalb großherzig ein. Denn der schnelle Zugang zu Informationen im Netz sei “beängstigend und spannend” zugleich. Aha.
Das ist wohl wahr, aber wie man die Ängste anspricht oder ausräumt, wie man Unternehmen und Privatpersonen dazu bringt, mit dem Internet verantwortungsvoll umzugehen, darauf blieb Schmidt eine Antwort schuldig. Das könnte für Google zu einem wirklichen Problem werden, arbeitet Schmidt doch für einen Konzern, der genau diesen Zustand der fehlenden Antworten auf die Fragen des Lebens beenden will – und eben dafür so viele Daten sammelt. Nur die Lottozahlen wird Google wohl nie voraussagen können.
Lotto im Internet
Ganz wunderbar im Internet spielen kann man Lotto aber. Sosehr die staatlichen Lottogesellschaften die Werbetrommel auch für sich rühren: Es ist einfacher, seinen Tippschein mal eben online auszufüllen und sich vom Zufallsgenerator die Zahlen vorgeben zu lassen, als am Kiosk lange nachzudenken. Schön, dass Richter jetzt festgestellt haben, dass die deutschen Regelungen, die Online-Tipper seit einiger Zeit auf Websites ins Ausland verbannen, verbotener Unfug sind, solange in Deutschland kräftig für das staatliche Glücksspiel geworben wird. Hoffentlich kommen die Politiker jetzt zur Besinnung: Wenn schon im Internet gewettet wird, wäre es ja nicht schlecht, wenn wieder staatliche Lotterien vermittelt würden oder die Steuern auf andere Wetten dem deutschen Fiskus zugutekämen.
Philipp Rösler – Ha, ha, ha
Das Internet war in dieser Woche auch dazu gut, eine Rede von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler im Land bekanntzumachen. Rösler war beim “Gillamoos”-Volksfest zu Gast, und das Festzelt im niederbayerischen Abensberg jubelte, als er ausrief, Angela Merkel und Guido Westerwelle lieferten sich im Kabinett einen “Zickenkrieg”. (Ha, ha.) Zudem habe die Bundesregierung zehn Monate lang nichts gemacht; dies sei genau die Zeit gewesen, “die die Wirtschaft gebraucht hat, um sich zu erholen”. (Das sollte Ironie sein, war aber einfach die Wahrheit). Dann legte Rösler richtig los – gegen Merkel. Sie gebe es jetzt auch als Barbiepuppe. “Die kostet 300 Euro. Das heißt, die Puppe selbst kostet nur 20 Euro. Aber richtig teuer werden die 40 Hosenanzüge.” (Ha, ha, ha.) Die ganze Rede hätte vermutlich außerhalb des Bierzelts keinen Widerhall gefunden. Doch es gibt den Internet-Videokanal Youtube, der zum Reich von Eric Schmidts Google-Konzern gehört, und der macht die Dinge stets für jedermann transparent. Geben Sie dazu bei Youtube “Rösler” ein – schon sind Sie im Bierzelt.
Glücklicherweise gibt es auch SMS. Mit diesem von der Kanzlerin geschätzten Kommunikationsmittel hat Rösler Missverständnisse mit seiner Chefin ausgeräumt. Erstaunlich: Andere Chefs hätten gewiss auf eine persönliche Aussprache Wert gelegt; in Berlin ist man da weiter. Aber vermutlich hatte Merkel keine Zeit, ein Gespräch von Rösler entgegenzunehmen, weil sie gerade an nichts weniger arbeitete als an einer: Revolution.
Die Frau mit Superlativ
Merkel, die eher selten Superlative verwendet, machte für das nationale Energiekonzept, das die Bundesregierung am Montag präsentierte, in diesem Punkt eine Ausnahme. Der Maßnahmenkatalog, der Deutschlands Weg in die Zukunft der Atomkraft und der erneuerbaren Energien zugleich beschreibt, sei nämlich genau das – “eine Revolution”. Nur weiß man in Deutschland in Energiefragen eben nie, ob nicht die nächste, ganz geordnete demokratische Wahl in solchen Angelegenheiten schon wieder eine Gegenrevolution bringt. Wer sich jedoch die Ankündigung der Revolution der Woche durch die Kanzlerin noch einmal anschauen möchte: Google hilft auch hier.
Eric Schmidt ist trotz seiner fehlenden Antworten übrigens ganz und gar nicht auf den Kopf gefallen: Er glaubt, dass die Deutschen gegenüber neuen Ideen stets sehr skeptisch sind. Zudem sei man hier sehr auf Konsens bedacht. Das bremse vieles. Stimmt – und Revolutionen wohl auch.