„Mehr Wachsamkeit”, lautet die Empfehlung des Deutschland-Chefs des amerikanischen Herstellers von Informationstechnologie (IT), Hewlett-Packard (HP), an die Verantwortlichen in den Unternehmen zwei Jahre nach dem Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers. „Wenn keine weitere große Bank zusammenbricht oder ein Staat zahlungsunfähig wird, ist eine abermalige, deutliche Abschwächung der Konjunktur, ein sogenannter ,double dip‘, unwahrscheinlich”, sagt Volker Smid im Gespräch mit dieser Zeitung. Aber: „Die Unternehmen müssen sich, und das ist eine wichtige Erfahrung aus der Krise, jetzt immer so verhalten, als wenn das nächste Ereignis dieser Art unmittelbar bevorstünde.”
Wenig überraschend wird diese Wachsamkeit nach Ansicht von Smid mit dem Einsatz moderner Instrumente der Informationstechnologie leichter, die Unternehmen dabei helfen könne, das eigene, nicht selten weltumspannende Geschäft besser zu überwachen, flexibler zu steuern und zu produzieren. „In den vergangenen zwei Jahren hat sich viel verändert”, sagt Smid. Absatzmärkte in fernen Ländern seien noch wichtiger geworden; ebenso habe sich gezeigt, wie bedeutend eine flexible Fertigung sei, um einen Nachfragerückgang ausgleichen zu können.
IT Branche wächst schneller als das BIP
Die IT-Branche wird nach Meinung von Smid auch künftig beständig schneller wachsen als das gesamte Bruttoinlandsprodukt der Weltwirtschaft. Zugleich durchdringe die IT immer mehr Teile der Wertschöpfungskette in den Unternehmen. „Das hat seinen Grund auch darin, dass in unserer Branche die Kosten stetig steil nach unten gehen, die Leistung aber steil nach oben”, sagt Smid. Bedauerlich sei aber, dass die öffentliche Hand die Möglichkeiten moderner IT nach wie vor nicht optimal nutze – und das trotz eines IT-Budgets aller Gebietskörperschaften von insgesamt 17 Milliarden Euro im Jahr. „Die Gesundheitskarte wurde hier im Jahr 2005 erfunden, in anderen Ländern wurde sie eingeführt – wir haben sie noch immer nicht”, beklagt der HP-Chef. Besonders interessant müsste nach Smids Meinung für die öffentliche Hand das derzeitige IT-Modethema „Cloud” sein.
Das englische Wort für Wolke steht hier im übertragenen Sinne für eine Wolke aus Daten, die dezentral in Rechenzentren gespeichert – und über Internetbrowser für viele Anwender und Softwareprogramme in einer Behörde oder einem Unternehmen zur Verfügung gestellt werden. Das verspricht nach Ansicht diverser Anbieter gegenüber der bisherigen IT-Infrastruktur Möglichkeiten zur Kosteneinsparung im deutlich zweistelligen Prozentbereich, was vor allem an einer besseren Auslastung der Hardware durch eine automatisierte Ressourcenverwaltung und einem geringeren Stromverbrauch liegt.
Ab in die Cloud
Um die Bedürfnisse der Kunden rund um die Cloud besser bedienen zu können, investiert nicht zuletzt HP derzeit viel Geld in die Übernahme von Unternehmen, die den Konzern um angrenzende Technologien bereichern. Zuletzt lieferte sich HP einen teuren Bieterkampf gegen Dell um das bis dahin weitgehend unbekannte Unternehmen 3Par, einen Hersteller von Speicherrechnern. „Aber trotz aller Übernahmen ist der Markt noch immer sehr fragmentiert”, sagt Smid. So erreiche das Marktvolumen in der IT insgesamt 1,5 Billionen Dollar – die größten Anbieter IBM und HP brächten aber selbst gemeinsam lediglich 220 Milliarden Dollar Umsatz auf die Waage. Sicher scheint für Smid daher, dass die IT-Unternehmen den Pfad der Konsolidierung weiter beschreiten werden.
Die neuen, daraus erwachsenden Cloud-Angebote können nach seiner Meinung beim Kunden ein Problem lösen helfen, das den Einsatz der IT seit Jahren belastet: Der größte Teil des IT-Budgets wird für den Erhalt der Funktionsfähigkeit der bestehenden Systeme ausgegeben – für die Investition in Innovationen bleibt danach nur noch wenig Geld übrig. „Das kann sich mit der Cloud ändern”, sagt Smid. Investiere ein großer Mittelständler derzeit 40 Millionen Euro im Jahr in seine IT, gebe er davon vermutlich mehr als 30 Millionen Euro nur für den Erhalt seiner bestehenden IT aus. Durch den Einsatz der Cloud lasse sich dieser Anteil auf 20 Millionen Euro drücken, verspricht Smid. Der Rest könne dann in Innovationen investiert werden.
Die Technologie der Cloud sei in Deutschland intellektuell zwar schon sehr tief durchdrungen worden, doch hapere es hier einmal mehr an der Umsetzung. Und das, obwohl es in Deutschland auch schon echte Cloud-Pioniere gebe – ein solcher ist nach Smids Überzeugung zum Beispiel die Datev, die genossenschaftlich organisierte Datenverarbeitungsorganisation der steuerberatenden Berufe in Nürnberg.