Ad hoc

Fraport: Kaufen, wachsen und ein neuer Verband

Der Flughafen Frankfurt wird in den kommenden Jahren deutlich schneller wachsen als der Markt, und er wird sein Ergebnis vor Steuern in den Jahren bis 2015 im Durchschnitt um rund 10 Prozent im Jahr erhöhen. Dieser Überzeugung ist Stefan Schulte, der Vorstandsvorsitzende des Flughafenbetreibers Fraport. „Wir werden im Vergleich zum gesamten Markt sicher besser abschneiden”, sagte Schulte im Gespräch. Als Gründe führt er die neue Landebahn Nordwest, die Kraft der Deutschen Lufthansa und der Luftverkehrsallianz Star Alliance sowie die Stärke der Wirtschaftsregion Rhein-Main an. Es gebe eine starke Nachfrage nach Start- und Landerechten (Slots) in Frankfurt. „Das stimmt uns zuversichtlich, dass wir nach Inbetriebnahme der neuen Landebahn jährliche Zuwachsraten in der Bandbreite zwischen 4 und 7 Prozent sehen werden”, sagte Schulte. Auch im Ausland will Fraport investieren. Es wurde eine Absichtserklärung zum Kauf eines Anteils von 25 Prozent am chinesischen Flughafen Changsha unterzeichnet. In Puerto Rico und Brasilien hofft Schulte auf Chancen. In Deutschland soll ein neuer Verband die Schlagkraft der Branche erhöhen.
 

Herr Schulte, ist Ihr Verhältnis zur Lufthansa und anderen Flughafenbetreibern immer noch gespannt?

Nein, es ist professionell und kollegial wie immer. Warum?

Als Sie verkündeten, dass Sie mit der Flugsteuer doch gut leben könnten, war die Empörung groß. Es hieß, Sie seien unsolidarisch und hätten der Branche einen Bärendienst erwiesen.

Ich habe immer betont, dass ich gegen die Einführung einer Flugsteuer in Deutschland bin. Und wir haben alle gemeinsam immer wieder die Argumente gegen die Abgabe vorgetragen, angefangen bei dem nationalen Alleingang über die Verkehrs- und Arbeitsplatzargumente bis hin zur Schwächung der Luftverkehrsindustrie im internationalen Wettbewerb, die sich im Übrigen vollständig selbst finanziert und damit den höchsten Kostendeckungsgrad aller Verkehrsträger hat.

Dennoch: Sie räumten als Erster die Bastion gegen die Flugsteuer.

Unsinn, es gab ja bereits eine heftige Diskussion über die Ausgestaltung der Abgabe. Die Bundesregierung hat klar gesagt, dass an der Milliarde nicht gerüttelt wird, bei dem Wie sei sie jedoch offen. Wir haben leider erkennen müssen, dass unsere Bedenken in der deutschen Öffentlichkeit wenig Gehör finden und sich außerhalb unserer Branche keine Mitstreiter gegen die Flugsteuer finden.

Wie wollen Sie diese Schwierigkeit lösen?

Wir müssen deutlicher über den Nutzen des Luftverkehrs für Deutschland in einer immer international arbeitsteiligeren Welt reden. Wir müssen klarer machen, wie Luftverkehr funktioniert und wir müssen uns offen mit den Gegenargumenten auseinandersetzen. Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten ja bereits erhebliche Fortschritte im ökologischen Bereich oder bei der Entkopplung von Fluglärm und Flugbewegungen erzielt. Daher wollen wir auf unserer Seite die Interessen auf Verbandsebene schleunigst bündeln: Bis Ende 2010 werden sich die Flughäfen und Fluggesellschaften, die Deutsche Flugsicherung sowie deren Verbände in einem gemeinsamen Luftfahrtverband organisieren. Gelungen ist aber wenigstens, dass Erlöse aus dem künftigen Emissionshandel angerechnet werden, die Abgabe 2012 hinsichtlich ihrer Auswirkungen noch einmal kritisch überprüft wird, der Frachtverkehr und die internationalen Transferpassagiere ausgenommen werden.

Was Ihnen prompt den Vorwurf der Kungelei einbrachte: Von dieser Ausnahme profitieren Fraport und Lufthansa, während andere Flughäfen und Fluggesellschaften das Nachsehen haben . . .

. . . es gibt zu diesen Ausnahmen keine Alternativen. Die Luftfracht ist sehr preissensibel. Es macht doch keinen Sinn für die Exportwirtschaft Deutschlands, die Fracht erst ins europäische Ausland per LKW zu fahren, um sie dann in die Welt zu fliegen. Das schwächt dann wirklich die deutsche Wirtschaft.

Und was die Befreiung der Umsteige-Passagiere angeht?

Die Hälfte unserer rund 53 Millionen Passagiere dieses Jahr sind hier abfliegende Passagiere, die die Abgabe voll zahlen müssen. Und von der anderen Hälfte der Fluggäste, also die in Frankfurt umsteigenden Passagiere, ist wiederum ein hoher Anteil von anderen deutschen Flughäfen kommend, die ebenfalls die Abgabe zahlen müssen – außer sie würden ins benachbarte Ausland fliegen und von dort in die weite Welt. Das ist doch das Risiko, das wir tragen.

Dennoch kalkuliert jetzt der Flughafenverband, dass die Flugsteuer die gesamte Branche etwa drei Prozent Wachstum kosten wird. Hinzu kommt, dass ab 2012 der Handel mit Emissionsrechten auf den Luftverkehr in Europa durchschlägt. Müssen Sie Ihre Prognosen im Passagiergeschäft revidieren?

Keineswegs, das hängt aber mit der Inbetriebnahme der neuen Landebahn in Frankfurt zusammen. In diesem Jahr werden wir trotz der Flugausfälle zum Jahresauftakt durch Witterung, Vulkanasche-Wolke und Streikaktionen ein durchschnittliches Passagierwachstum von über 4 Prozent ausweisen. Für die Folgejahre rechnen wir mit Wachstumsraten von eher 4 bis 7 Prozent, aber eben weil wir unsere Kapazitäten durch die Inbetriebnahme der Landebahn Nordwest ab Oktober 2011 schrittweise erweitern können. Damit werden wir im Vergleich zum gesamten Markt sicher besser abschneiden.

Der internationale Fluglinien-Verband Iata spricht von einer „Verlangsamung des Wachstums” und moderaten Zuwächsen im Passagier- und Fracht-Geschäft. Mit wie viel Wachstum rechnen Sie auf mittlere Sicht?

Wir haben einen sehr starken Home-Carrier Deutsche Lufthansa, wir sind das führende Drehkreuz der Star Alliance, wir operieren in einer starken Region Rhein Main mit einem großen Einzugsbereich durch den ICE-Bahnhof direkt am Terminal und wir konnten viele Jahre nicht wachsen aufgrund der vollausgelasteten Kapazität. Es gibt also eine starke Nachfrage nach „Slots” hier in Frankfurt. Alle diese Argumente stimmen uns zuversichtlich, dass wir mit Inbetriebnahme der neuen Landebahn jährliche Zuwachsraten in einer Bandbreite zwischen 4 und 7 Prozent sehen werden.

Fraport ist nicht nur Betreiber in Frankfurt und damit nicht allein auf das Wachstum des Großkunden Lufthansa und seiner internationalen Partner im Service-Verbund „Star Alliance” fixiert. Wie schnell treiben Sie das internationale Geschäft, vor allem in den Zukunftsmärkten Asiens und in Südamerika, voran?

Unsere ausländischen Beteiligungen in Türkei, Peru, China, Russland und Indien tragen allein im laufenden Geschäftsjahr knapp ein Drittel zum operativen Konzernergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) bei. Dieses internationale Ergebnis wird auf mittlere Sicht sicherlich steigen. In China haben wir neben unserer Minderheits-Beteiligung an dem Flughafen Xian jetzt auch eine Absichtserklärung zum Kauf von 25 Prozent vom Flughafen Changsha unterzeichnet. Das Vorhaben, das wir gemeinsam mit Investoren realisieren, soll binnen zwei Jahren abgeschlossen sein. In Südamerika wollen wir zudem ein Gebot in Puerto Rico für den Hauptstadt-Flughafen in San Juan abgeben, und in Brasilien haben wir Interessen, vorausgesetzt die Regierung trifft die notwendigen Entscheidungen.

Haben Sie es bei diesen Projekten noch mit den üblichen Mitbietern aus Europa wie etwa Hochtief oder Ferrovial aus Spanien zu tun?

Unsere Mitbieter sind finanziell stark und in großer Zahl vertreten, wobei es je nach Projekt unterschiedliche Wettbewerber gibt.

. . . beide genannten haben sich mit ihren Engagements in Budapest (Hochtief) oder dem Kauf des britischen Flughafenbetreibers BAA (Ferrovial) vergriffen . . .

Da müssten Sie bitte Ferrovial und Hochtief ansprechen.

Fraport selbst hat vor Jahren mit dem Bau des Terminals 3 am Flughafen in Manila ein finanzielles Desaster erlebt. Wie begrenzen Sie solche Risiken heute?

Wir haben uns längst sehr klare Kriterien für ein Engagement gesetzt. Auf Basis dieser Kriterien entwickelt sich das internationale Geschäft bereits seit Jahren erfolgreich.

Sie haben eine Kriegskasse von 2,6 Milliarden Euro. Wie viel geben Sie für die neuen Zukäufe im Ausland aus?

Einen Bruchteil. Denn der Preis für die geplanten Engagements dürfte sich jeweils in zwei- bis dreistelliger Millionenhöhe bewegen. Der Betrag von 2,6 Milliarden Euro ist in erster Linie für den Ausbau in Frankfurt gedacht. Beispielsweise soll die Frachtkapazität an unserem Heimatstandort von heute 1,8 Millionen Tonnen mittelfristig auf 3,2 Millionen Tonnen steigen. Wir haben an den Finanzmärkten jedoch eine hervorragende Reputation, um uns bei Bedarf mit frischem Fremdkapital zu versorgen.

Sie haben ehrgeizige Ausbaupläne in Frankfurt. In den Ausbau der Kapazitäten sollen in der Zeit zwischen 2007 und 2015 insgesamt 7 Milliarden Euro an Investitionen fließen. Mit welchen Gewinnzuwächsen rechnen Sie, wenn die Projekte im Inland umgesetzt und die geplanten Engagements im Ausland realisiert sind?

Wir rechnen damit, dass sich unser operatives Ergebnis, gemessen an dem Ebitda-Wert vom vergangenen Jahr, in Höhe von 544 Millionen Euro, bis 2015 um im Durchschnitt etwa zehn Prozent im Jahr erhöhen wird. Bei einem Investitionsprogramm in dieser Größenordnung ist das Ergebniswachstum aber auch notwendig, um die zusätzlichen Abschreibungen und Zinsaufwendungen schultern zu können. Wesentlicher Treiber ist hier das Mengenwachstum durch die neue Landebahn.

Unter Mitarbeit von Ulrich Friese.

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