Bosch geht es wieder richtig gut. „Wir haben eine gute Chance, das bisherige Rekordjahr 2007 zu übertreffen”, sagt Franz Fehrenbach, Vorsitzender der Geschäftsführung, im Gespräch. Das würde einen Umsatz von mehr als 46,3 Milliarden Euro bedeuten. Grund dafür sei aber so gut wie allein die Nachfrage in den Schwellenländern in Asien, im pazifischen Raum, in Brasilien und sogar in den Vereinigten Staaten. Europa hingegen hinke hinterher: „Reden wir nur von Bosch in Europa, werden wir dieses Niveau nicht vor 2013 wieder erreichen”, sagt Fehrenbach. Das Unternehmen mit seinen rund 270 000 Mitarbeitern, deren Zahl bis zum Jahresende auf 285 000 steigen wird, steht damit beispielhaft für alle großen deutschen exportorientierten Unternehmen.
Die Erholung hat sich viel schneller vollzogen als noch vor Jahresfrist gedacht, vor allem die Dynamik in den Schwellenländern hat alle überrascht. Und auch für das kommende Jahr ist Fehrenbach zuversichtlich: „2011 wird kein Krisenjahr. Ich erwarte abermals ein stabiles, wenn auch langsameres Wachstum.” Denn Fehrenbach ist ein vorsichtiger Mensch: „2011 wird aber nicht so leicht laufen, wie viele das heute glauben.”
Der Chef des Konzerns mit seinen drei Standbeinen Kraftfahrzeugtechnik, Industrietechnik und Gebrauchsgüter/Gebäudetechnik gibt zu bedenken, dass die Rohstoffpreise schon wieder sehr stark gestiegen seien, dass der so wichtige Exportmarkt China vermutlich politisch abgekühlt werde und dass sich die Zuwachsrate der deutschen Exporte – und hier vor allem derjenigen in die Länder der europäischen Union – nach den jüngsten Zahlen schon wieder etwas verringere.
Bekenntnis für die europäische Integration
Zugleich legt Fehrenbach ein Bekenntnis für die europäische Integration ab: „Für mich steht der Euro nicht in Frage. Wir müssen eine funktionierende europäische Währung erhalten”, sagt der Manager mit Blick auf die aktuelle Debatte über die Stabilität des europäischen Währungssystems. „Ich stelle auf keinen Fall die europäische Integration in Frage, allerdings brauchen wir einen Währungsraum, in dem sich alle Länder an die geltenden Regeln halten”, fordert Fehrenbach. Zu berücksichtigen sei im Übrigen auch, dass sich der deutsche Export in den vergangenen Jahren auch deshalb so gut entwickelt habe, weil den europäischen Konkurrenten aus den früheren Weichwährungsländern das Mittel der eigenständigen Abwertung ihrer Währung nun nicht mehr zur Verfügung stehe.
Für Fehrenbach steht es zwar außer Zweifel, dass die Mitarbeiter am unerwartet schnell und deutlich zurückgekehrten Erfolg des Unternehmens teilhaben sollen. „Deshalb haben wir ja auch als Erster angekündigt, die Tariferhöhung des laufenden Abschlusses vorzuziehen.” Der Bosch-Chef mahnt angesichts der Herausforderungen für das kommende Jahr jedoch vor zu großem Überschwang für die neue Tarifrunde, die für seine Branche im kommenden Herbst beginnen wird. „Mit Sicherheit wird der nächste Tarifabschluss höher sein, doch werden Sie von mir keine Zahl hören”, sagt Fehrenbach.
„Nach meiner Ansicht sollte die erfolgsabhängige Komponente mit in den nächsten Tarifabschluss eingebunden werden. Wenn es dem Unternehmen wirklich gut geht, sollten auch die Mitarbeiter davon kräftig profitieren”, plädiert Fehrenbach für mehr Flexibilität in der Entlohnung. Die jüngeren Tarifabschlüsse hätten solche Elemente enthalten. „Und ich hoffe, der Dialog geht in diese Richtung weiter.” Zu berücksichtigen sei zudem, dass die gemäßigte Tarifpolitik der jüngeren Vergangenheit für den hohen Beschäftigungsstand in Deutschland gesorgt habe und die inländischen Mitarbeiter im internationalen Vergleich noch immer an der absoluten Spitze des Lohnniveaus lägen.
USA entwickeln sich besser als gedacht
Angetan ist Fehrenbach von der Entwicklung in den Vereinigten Staaten. Wenig überraschend habe sich der Anteil der Region Asien/Pazifik im laufenden Jahr zwar um 3 Prozentpunkte auf 23 Prozent erhöht, und dementsprechend sei der Anteil Europas zurückgefallen. Doch sei das Geschäft in den Vereinigten Staaten – umso überraschender – besser gelaufen als zunächst gedacht. Bosch profitiere vor allem davon, dass der wichtige Kunde Ford sehr gut durch die Krise gekommen sei, General Motors aufgefangen wurde und Chrysler unter der Führung von Fiat saniert werde. Diese Effekte seien für Bosch auch sehr viel bedeutender als die Schwierigkeiten, die Toyota durch seine Rückrufaktionen auf dem amerikanischen Markt gehabt habe. „Eher schleppend sind hingegen die großen Strukturprogramme der amerikanischen Regierung angelaufen”, bemerkt Fehrenbach. Das sei vor allem auf den Märkten für Energie- oder Verkehrsinfrastrukturprojekte zu spüren.
Mit Blick auf das eigene Geschäft verweist Fehrenbach mit Stolz darauf, während der Krise das hohe eigene Forschungs- und Entwicklungsbudget kaum abgeschmolzen zu haben. „Wir haben kein einziges wichtiges Zukunftsprojekt gestoppt”, sagt Fehrenbach. Allerdings habe man auch in der Forschung und Entwicklung die Effizienz gesteigert. „Wir arbeiten ständig an Prozessverbesserungen.” Selbst die Halbleiterfabrik in Reutlingen für eine halbe Milliarde Euro habe man in den Absatzeinbruch hinein fertiggestellt. „Als die Konjunktur schnell wieder anzog, waren elektronische Bauelemente der Engpassfaktor schlechthin, aber wir konnten unsere Kunden über Notprogramme einigermaßen zuverlässig versorgen.”
Im kommenden Jahr, dem 125. seit der Gründung des Unternehmens, soll zudem der Grundstein für ein neues Forschungszentrum in Renningen-Malmsheim gelegt werden, das rund 150 Millionen Euro teuer wird und in verschiedenen Ausbaustufen 1100 bis 1500 Ingenieuren moderne Arbeitsplätze bieten soll. Hier geht es vor allem um die Grundlagenforschung des Konzerns, die bisher auf viele Standorte verteilt war. Damit ist Malmsheim aber nur eine Investition von mehreren, deren Volumen eine dreistellige Millionenhöhe erreicht.
Neue Batteriefabrik
Weitere Großprojekte sind eine neue Batteriefabrik für 500 Millionen Dollar sowie hohe Investitionen in ein Gemeinschaftsprojekt für Turbolader mit Mahle. In der Region Asien/Pazifik plant Bosch allein im kommenden Jahr Investitionen von mehr als einer dreiviertel Milliarde Euro, mehr als die Hälfte davon in China.
Auch Unternehmensübernahmen kann sich Fehrenbach gut vorstellen: „Die Liquidität ist wieder so, dass wir auch auf der Akquisitionsseite etwas unternehmen können.” Man sondiere den Markt ständig, allerdings seien die Objekte in den vergangenen Monaten auch schon wieder deutlich teurer geworden. Gut vorstellen kann sich Fehrenbach auch weitere Investitionen in Softwareunternehmen, die nicht so kapitalintensiv seien wie andere Übernahmen. Denn das „Internet der Dinge”, die elektronische Vernetzung von Produkten sowie die Chancen, die sich durch internetfähige Produkte auftun, ist eines der Themen, die Fehrenbach nach eigenen Worten derzeit am meisten beschäftigen. Er lässt keinen Zweifel daran, dass Bosch stark an der Einstellung vieler neuer Softwareingenieure interessiert ist. „Gut wäre es, wenn die Software ein weiteres, leistungsfähiges Cluster unserer Wirtschaft werden könnte”, sagt Fehrenbach, aber so weit wie im Maschinenbau oder der Automobiltechnik sei Baden-Württemberg in dieser Hinsicht noch nicht.
Wie lange es dauern kann, bis aus Zukunftsvisionen betriebswirtschaftlich überzeugende Aktivitäten werden, hat Fehrenbach mit seinen Investitionen in die Solartechnik erfahren. Die Übernahme von Ersol habe einige Schwierigkeiten mit sich gebracht, doch sieht Fehrenbach seinen Geschäftsbereich Solar Energy inzwischen auf gutem Weg. Er glaubt, dass Bosch damit vorankomme, den Wirkungsgrad der Solarmodule zu erhöhen. Dabei helfe auch die Verwandtschaft zum Wissen der Bosch-Ingenieure in der Halbleiterindustrie. „Solar Energy wird 2010 voraussichtlich einen Umsatz von mehr als 800 Millionen Euro erzielen”, sagt Fehrenbach. Das ist eine deutliche Steigerung, denn im vergangenen Jahr standen hier lediglich 640 Millionen Euro zu Buche. „Und wenn der Wachstumskurs weiter fortgesetzt wird, erwarten wir im Jahr 2011 eine weitere Steigerung auf über 1 Milliarde Euro.”
Das Gespräch führten Carsten Knop und Susanne Preuß.