Ad hoc

Die Amerikaner feiern in Davos die deutsche "Mitbestimmung"

Die Moderatorin Maria Bartiromo ist das Aushängeschild des amerikanischen Wirtschafts-Fernsehsenders CNBC – und das schon seit Jahren. Anfangs war sie eine reine Börsenreporterin, später wollten die amerikanischen Manager und Anleger immer mehr von ihr sehen. Längst trägt sie den Spitznamen „Money Honey”, der Oberflächlichkeit suggeriert, die Lage der Dinge deshalb aber nicht trifft. Denn Bartiromo hätte in Amerika nicht eine so nachhaltige Karriere gemacht, glänzte sie nicht durch eine in der Regel gute Vorbereitung auf ihre Gespräche und Gesprächspartner.

Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos ist Bartiromo schon lange Stammgast. Die von ihr moderierte Fernsehdebatte am Eröffnungstag des Forums hat inzwischen Tradition. In diesem Jahr ging es um die Zukunft der Arbeit – und wer der Debatte lauschte, bekam schnell einen guten Eindruck von der aktuell mehr als nur ein wenig deprimierten Gemütslage der Amerikaner. Die Stunde in Davos erlaubte einen Blick auf ein Volk, das aus dem Auge verloren zu haben scheint, welche Erfolgsgeschichten das Land in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder geschrieben hat. Aufstiegs-Storys wie die von Bartiromo sind derzeit jedenfalls kein Thema, es geht um die Krise. Auch am Tag nach der kämpferischen „State of the Union”-Rede von Präsident Barack Obama.

Die bedrückten Amerikaner

Deshalb beklagt also die erfolgreiche Internet-Journalistin Arianna Huffington in der Diskussionsrunde, dass die Politiker nach ihrer Ansicht viel zu wenig tun, um den Amerikanern neue „Jobs” zu bringen, dass das amerikanische Bildungssystem eine Katastrophe sei – und es endlich möglich werden müsse, Lehrer, die den Kindern den Stoff nicht ordentlich vermittelten, zu entlassen. Amy Gutmann, die Präsidentin der Universität von Pennsylvania, kritisiert, dass an den noch immer hervorragenden amerikanischen Hochschulen zwar viele überragende Absolventen aus Schwellenländern ausgebildet würden, diese danach aber häufig nicht die Erlaubnis erhielten, in den Vereinigten Staaten zu bleiben. Dabei sie häufig genau das der Wunsch, der frischgebackenen Hochschul-Abgänger, nämlich in Amerika zu bleiben und erfolgreich zu sein.

Irgendwann war der Zeitpunkt gekommen, zu dem ein Teilnehmer fragte, warum man in der Debatte eigentlich die ganze Zeit nur Selbstbespiegelung betreibe und ausschließlich über die Misere in den Vereinigten Staaten rede. Man solle doch einmal schauen, was in anderen Ländern besser laufe. An dieser Stelle wurde es dann richtig interessant – jedenfalls für die Deutschen im Saal. Denn Deutschland dient vielen amerikanischen Fachleuten plötzlich als Vorbild für eine effiziente Arbeitsmarktpolitik und für eine in der Regel ausgezeichnete Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern im Aufsichtsrat. Es sei eindeutig an der Zeit, Arbeitnehmer nicht nur als Kostenfaktor zu betrachten, hieß es.

Mitbestimmung schickt sich an, ein Exportschlager zu werden

Das deutsche Wort „Mitbestimmung” schickt sich deshalb an, in den englisch-amerikanischen Wortschatz aufgenommen zu werden. Das ist bisher nur wenigen Ausdrücken gelungen, „Kindergarten” gehört dazu – und bald nun wohl auch „Mitbestimmung”.

Die Frage ist nur, ob die amerikanischen Vorstandsvorsitzenden, mit denen Moderatorin Bartiromo bald wieder daheim in New York reden wird, auch dieser Meinung sein werden. Die Debatte in Davos konnte diese Frage nicht beantworten. Denn solche waren ausnahmsweise auf Bartiromos Podium nicht zu finden, vermutlich bemühten sie sich gerade in den Nebenräumen mit Geschäftspartnern um neue Aufträge, die das Land so dringend braucht.

 

follow me on Twitter

Die mobile Version verlassen