Die Folgen des schweren Erdbebens in Japan, vor allem aber die Schwierigkeiten im japanischen Atomkraftwerk Fukushima, belasten die internationalen Lieferketten in einer globalisierten Welt stärker als noch zu Beginn der Woche gedacht. Vor allem in der Auto- und Lastwagenindustrie werden bei längeren Produktionsstillständen in Japan Zulieferteile fehlen. Einige japanische Häfen sind schwer beschädigt, zudem beeinträchtigt die drohende Verstrahlung Tokios den internationalen Flugverkehr. Die Lufthansa steuert die japanische Hauptstadt vorerst nicht mehr an und verlagert Flüge in Städte im Süden des Landes. Auch Air China und EVA Airways strichen am Dienstag Verbindungen nach Tokio. Andere Fluggesellschaften prüfen ähnliche Schritte. „Sobald in Tokio radioaktive Strahlung gemessen wird, werden alle Flüge eingestellt”, sagt Jörg Handwerg von der Pilotenvereinigung Cockpit (VC).
Autoproduktion könnte beeinträchtigt werden
„Die Produktionsschwierigkeiten mit japanischen Zulieferern können die weltumspannende Autoproduktion durchaus beeinträchtigen”, ist ein Analyst des Marktforschungsunternehmens IHS Global Insight überzeugt. Einige der betroffenen Zulieferer versorgten mit ihren Produkten Fabriken auf der ganzen Welt. Das werde man nicht ohne weiteres auf andere Produktionsstätten verlagern können. Tatsächlich finden sich in dem grundsätzlich nicht so stark industrialisierten Nordosten Japans einige Fabriken gerade von Autozulieferern. Ein Auto besteht allerdings aus rund 20 000 verschiedenen Teilen, eine genaue Analyse der Auswirkungen durch einzelne Produktionsausfälle in Japan ist daher schwierig. Auch ist die deutsche Industrie mit der japanischen grundsätzlich nicht so stark verflochten wie zum Beispiel die chinesische, genutzt werden aber nicht selten bestimmte Elektronikbauteile. Mit Blick auf die Endprodukte hingegen kann der Produktionsausfall zum Beispiel von Toyota nach Ansicht von Analysten auf den meisten Märkten von anderen Autoherstellern ersetzt werden, Bagger von Caterpillar wiederum stünden als Ersatz für die entsprechenden Maschinen der japanischen Komatsu zur Verfügung.
Deutsche Unternehmen reagieren
Unabhängig von solchen mittelfristigen Überlegungen zur Lieferkette holen die deutschen Großunternehmen immer mehr Mitarbeiter aus Japan nach Hause oder in den als sicherer geltenden Süden. Letzteres geschieht zum Beispiel im Fall des Softwarekonzerns SAP und des Chipherstellers Infineon. BMW, VW und Continental holen ihre deutschen Beschäftigten zurück nach Deutschland. Schon am Montag hatte es geheißen, dass BASF und Daimler ihre Produktion in Japan gestoppt haben. BASF betreibt in dem Land 27 Produktionsstätten. Daimler ist in seiner Tochtergesellschaft Mitsubishi Fuso für knapp 13 000 Mitarbeiter verantwortlich. Bosch hat 36 Standorte mit rund 8000 Beschäftigten in Japan; die ersten Mitarbeiter haben das Land verlassen. Die Deutsche Bank will ihre gut 1100 zumeist japanischen Mitarbeiter vorerst am Finanzplatz Tokio belassen.
Der Hamburger Kosmetikhersteller Beiersdorf erwägt, seine rund 130 Beschäftigten in Tokio zum Umzug in südlichere Regionen zu bewegen. Auch Bayer trifft Vorkehrungen, Mitarbeiter aus dem Großraum Tokio in die rund 500 Kilometer entfernte Stadt Osaka zu holen. Der Pharma- und Chemiekonzern hat rund 700 Beschäftigte im Großraum Tokio. Den rund 2500 Siemens-Mitarbeitern in Japan steht es nach Firmenangaben frei, das Land zu verlassen. Der Spezialchemiekonzern Lanxess hat sein Büro in Tokio vorübergehend geschlossen. „Wir sind über die Auswirkungen der Katastrophe entsetzt. Unsere Gedanken sind bei den Betroffenen dieser Tragödie”, sagte Lanxess-Arbeitsdirektor und Vorstandsmitglied Rainier van Roessel.
Die Deutschen Autobauer...
Die Deutschen Autobauer könnten allerdings durchaus Gewinner (wenn man das so bezeichnen darf in einer solchen Situation) der aktuellen Situation sein. Insbesondere der Asiatische Markt wurde von den japanischen Autobauern natürlich stark von Japan aus bedient. Andere Hersteller sind mit ihren Produktionskapazitäten hier deutlich diversifizierter