Jetzt scheint schon seit Wochen die Sonne – und die Landwirte beginnen zu klagen. Das kann man verstehen. Aber jenseits solcher Erkenntnisse zum Wetter beenden wir die Woche mit der Bestätigung der alten Journalistenregel, dass man es wirklich nie allen recht machen kann.
Beginnen wir mit den guten Nachrichten, an denen wir, so die Legende, in der schreibenden Zunft eigentlich gar nicht interessiert sind. Aber es ist doch erfreulich, dass die nächste Steuerschätzung dem Fiskus Mehreinnahmen in dreistelliger Milliardenhöhe vorhersagen wird. Denn schuld sind keine Steuererhöhungen. Der Grund ist vor allem die stark verbesserte wirtschaftliche Lage.
Einnahmen sowieso weg?
Doch so manchen Begleiter unseres Tuns mag das gar nicht erbauen: Auch wenn die Steuereinnahmen des Bundes bis 2014 tatsächlich um 135 Milliarden Euro steigen sollten, der deutsche Steuerzahler werde davon nichts haben, wird uns zugerufen. Denn bis 2014 seien – mindestens – Griechenland und Portugal insolvent und müssten umschulden. Und dann werde dank der Politiker und ihrer Schuldenübernahmegarantien für den deutschen Steuerzahler ein Mehrfaches an Garantieleistungen fällig. Schade, dabei wollten wir uns gerade freuen.
Also noch ein Versuch: Die deutsche Wirtschaft brummt. Was der Bundeswirtschaftsminister schon vor einiger Zeit mit dem Schlagwort „XL-Aufschwung” belegt hat, beweisen die Quartalszahlen der großen deutschen Unternehmen. Soeben hat BMW vom besten Jahresauftakt aller Zeiten berichtet. Ähnlich tolle Nachrichten kommen von Daimler, Audi, Siemens und vielen, vielen anderen Unternehmen – nicht zuletzt aus dem so wichtigen deutschen Mittelstand. Aber auch das sei doch wieder typisch Medien: „XL-Aufschwung”, heißt es. Ob man das wirklich glaube? Durch die massive Geldspülung der Zentralbanken sei einfach unglaublich viel Geld im Umlauf, das investiert werden wolle. Allein das trage den Aufschwung. Und die Chinesen, die viele unserer deutschen Produkte kauften, kopierten die ja ohnehin nur.
Da fällt es schwer, sich weiter für die Arbeit zu motivieren, aber versuchen wir es dennoch. Es gab zum Beispiel ein Urteil, das einem den Glauben an die Gerechtigkeit zurückgeben kann. Denn jetzt darf man schreiben, dass der frühere Arcandor-Chef Thomas Middelhoff Kapitalmarkt und Öffentlichkeit bewusst getäuscht hat. Zu diesem Ergebnis ist das Landgericht Essen in der Klage eines Kleinaktionärs gekommen. Dem Urteil zufolge hätte der damalige Vorstandsvorsitzende einschreiten müssen, als sein seinerzeitiger Pressesprecher im September 2008 tagelang wahrheitswidrig beteuerte, die Beteiligung des Handelskonzerns an dem Reiseunternehmen Thomas Cook werde nicht verkauft. Das geschah damals übrigens vor allem gegenüber dieser Zeitung, die die Wahrheit kannte, dabei blieb – und letztlich darin bestätigt wurde.
Der “gute Ruf” von Thomas Middelhoff
Doch auch das gefällt längst nicht allen: Ist doch klar, dass Middelhoff das Urteil überprüfen lassen werde, heißt es lapidar. Schließlich stehe sein „guter Ruf” auf dem Spiel. Und der Job von Journalisten sei es, Fakten herbeizuschaffen, nicht zu werten. Dabei hatten wir doch genau das getan, nämlich Fakten herbeigeschafft, als das Unternehmen lügen ließ.
Nun ja, kommen wir zu einer anderen juristischen Auseinandersetzung. Die amerikanische Regierung hat die Deutsche Bank wegen Betrugs im Geschäft mit Hypotheken auf Schadenersatz über mehr als 1 Milliarde Dollar verklagt. So weit, so gut. An uns aber wird der Wunsch herangetragen, dass „die Amis” doch erst mal selbst gegen „die größte Betrügerbank der Welt” vorgehen sollten, nämlich gegen die Notenbank, die Federal Reserve. Durch dieses Institut und seine Politik sei es doch erst zur Krise gekommen: zu niedrige Zinsen, zu viel Geld im Markt. Jetzt seien alle pleite. Die Großbanken genauso wie die Regierungen.
Aber: So ganz pleite ist zumindest Deutschland ja noch nicht (siehe oben). Und die Deutsche Bank hat gerade erst das zweitbeste Quartalsergebnis ihrer Geschichte hingelegt. Das Leben wird also irgendwie weitergehen, jedenfalls noch eine Weile. Bis dahin können wir uns an Sonnentagen über die Wärme freuen. Der Regen, liebe Landwirte, kommt früh genug zurück.