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Das Gewicht Chinas

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Gute Nachrichten aus China: Trotz steigender Zinsen, hoher Inflation und der Schuldenkrise beim wichtigsten Handelspartner Europa wächst die chinesische Wirtschaft nahezu ungebremst. Das Bruttoinlandsprodukt erhöhte sich im zweiten Quartal um 9,5 Prozent gegenüber der gleichen Zeitspanne des Vorjahres. Schon in den vergangenen Jahren haben deutsche Unternehmensführer voller Begeisterung von China berichtet.

Gute Nachrichten aus China: Trotz steigender Zinsen, hoher Inflation und der Schuldenkrise beim wichtigsten Handelspartner Europa wächst die chinesische Wirtschaft nahezu ungebremst. Das Bruttoinlandsprodukt erhöhte sich im zweiten Quartal um 9,5 Prozent gegenüber der gleichen Zeitspanne des Vorjahres.

Schon in den vergangenen Jahren haben deutsche Unternehmensführer voller Begeisterung von China berichtet. Als der hiesige Binnenmarkt noch nicht recht in Schwung gekommen war, als sich abzeichnete, dass viele europäische Nachbarländer wie Spanien oder Irland noch etwas länger mit Wachstumsschwierigkeiten kämpfen würden, half den traditionell exportorientierten Unternehmen China weiter – und wie: Das jährliche Wirtschaftswachstum ist dort seit Jahren hoch und blieb es, auch als der Rest der Welt mit den Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise zu kämpfen hatte. Jahr für Jahr finden in China mehr Menschen eine Arbeitsstelle. Das Geld kommt bei den Menschen an, es wächst so etwas wie eine Mittelschicht heran: Deshalb ist der chinesische Automarkt inzwischen mindestens so groß wie der amerikanische. Und wenn die Deutschen irgendwo stark sind, dann in der Fertigung von Maschinen und Zulieferteilen gerade für diese Industrie. Vom Aufbau der übrigen chinesischen Infrastruktur profitieren deutsche Unternehmen ebenfalls sehr und viel stärker als ausländische Wettbewerber. Das spiegelt sich in den Wachstumszahlen des vergangenen Jahres wider.

Handel keine Einbahnstraße

Die Chinesen ihrerseits haben erkannt, dass dieser Handel keine Einbahnstraße sein darf. Deshalb kaufen sie immer häufiger Rohstoffvorräte und Unternehmen im Ausland, nicht zuletzt in Afrika, aber auch Deutschland. Dabei werden sie selbstbewusster: Übernahmen haben Vorrang vor Gemeinschaftsunternehmen (Jointventures) bekommen, wie die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte vor einiger Zeit ermittelt hat. Deutlich zugenommen hat auch die Zahl der Börsengänge chinesischer Unternehmen. Man versucht auf diesen Wegen, sich international stärker zu vernetzen, den Kapitaleinsatz geographisch breiter zu streuen, das Wissen in Entwicklung, Fertigung und Vertrieb zügig zu vergrößern.

Doch China ist noch keine Wachstumslokomotive für die Weltwirtschaft, dazu ist die chinesische Volkswirtschaft insgesamt noch immer zu klein. Zum anderen hängt die weitere Entwicklung in China von der Art und Weise ab, wie die Zentralregierung Einfluss nimmt, vor allem auf die Provinzverwaltungen, die wirtschaftlich häufig sehr liberal orientiert sind. So könnte es zu einem Bedürfnis der Zentralregierung werden, das Wirtschaftswachstum zu dämpfen, um so Inflation und Einkommensungleichheiten besser kontrollieren zu können. Davon unabhängig gibt es aber Fragen zur Rechtssicherheit, zur mangelnden Qualifikation der chinesischen Arbeitskräfte, zu häufigen Arbeitsplatzwechseln und zur Belastung der Umwelt.

Vossloh und die China-Bremse

So bietet China viele Chancen, aber es finden sich beinahe ebenso viele Risiken. Dafür liefern selbst Unternehmen Beispiele, die in China in den vergangenen Jahren sehr erfolgreich waren und noch immer sind. Davon kann das Bahntechnik-Unternehmen Vossloh aus Werdohl ein Lied singen, das rund 12 Prozent seines Umsatzes in China macht. Zum Ergebnis vor Zinsen und Steuern trägt das Geschäft in China nach Hochrechnungen sogar überproportionale 25 bis 30 Prozent. Jetzt aber wird der neue chinesische Bahn-Minister wolle nicht nur das Tempo der Hochgeschwindigkeitszüge verringern, um die operativen Kosten zu senken, sondern auch Kürzungen bei Neuprojekten vornehmen. Die darauf jüngst folgende Prognosekorrektur von Vossloh hat der Börse nicht behagt. So wie Vossloh müssen sich Unternehmen, die mit China Geschäftsbeziehungen haben, im Spannungsfeld von Wachstum, Inflation, samt ihrer jeweiligen Dämpfung von oben, und nicht zuletzt von möglicher Korruption bewegen. Die Entwicklung des Landes wird deshalb nicht gradlinig aufwärts verlaufen. Und mit der steigenen Bedeutung Chinas auf dem Weltmarkt werden die Schocks, die negative Entwicklungen in diesem Land auslösen können, immer größer.

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1 Lesermeinung

  1. dunnhaupt sagt:

    Verständlicherweise basiert...
    Verständlicherweise basiert dieser ungehemmte deutsche Enthusiasmus auf dem technischen Gebiet, also dem Gebiet, auf dem China uns als Exportweltmeister abgehängt hat. Heute exportiert China nachgebaute ICE-Züge nach Argentinien und beliefert die Welt mit Maschinen, Schiffen und Automobilen.
    Was den Chinesen jedoch fehlt, ist das Essen. Hungersnöte sind nichts neues, denn unter Mao verhungerten Millionen. Lebensmittelversorgung ist deshalb Problem Nr.1 der Chinesen. Selbst wenn es stimmte, dass sie nur eine Handvoll Reis benötigen — man stelle sich den Reisberg vor, den anderthalb Milliarden jeden Tag verkonsumieren. Die logistischen Probleme, so viele Menschen zu versorgen sind gigantisch.
    Nur Handelspartner Nr.1 Nordamerika ist in der Lage, den ungeheuren Bedarf von anderthalb Milliarden Menschen zu decken. Russland stoppte letztes Jahr alle Exporte, weil es selbst nicht genug hatte, Australien hatte Wetterkatastrophen, und Europa fällt sowieso aus. Brasilien und Afrika sind noch nicht so weit entwickelt. Bleiben nur USA und Kanada, die jede beliebige Menge Weizen, Reis und Kohle liefern können, die China dringend importieren muss.

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