Nach den Einschnitten in den Budgets für Forschung & Entwicklung (F&E) im Nachgang zur Finanzkrise im Jahr 2009 sind diese Ausgaben von Unternehmen auf der ganzen Welt im vergangenen Jahr wieder um 9,3 Prozent gestiegen. Die deutschen Unternehmen liegen mit einem Wachstum von 8,9 Prozent nur geringfügig unter diesem weltumspannenden Durchschnitt: Mit einem kumulierten F&E-Investitionsvolumen von 38,6 Milliarden Dollar steht Deutschland für 7 Prozent (Vorjahr: 7,6) Prozent der gesamten F&E-Investitionen von 550 Milliarden Dollar auf der Welt. Zudem konnte Deutschland klar seine Position als Innovations-Europameister vor Frankreich und der Schweiz als Pharma-Hochburg verteidigen. In diesen beiden Ländern stiegen die F&E-Etats nur um 4,8 beziehungsweise 8,1 Prozent.
Das sind die Ergebnisse der „Global Innovation 1000″-Studie der Strategieberatung Booz & Company. Die Studie untersucht zum siebten Mal in Folge die Budgets und Strategien der tausend Unternehmen mit den höchsten F&E-Ausgaben der Welt. Mit Volkswagen (auf Platz 14) und Siemens (Platz 20) schafften es zwei deutsche Konzerne abermals unter die ersten zwanzig auf der Weltrangliste. So steigerte VW seine F&E-Investitionen um 19,4 Prozent und holt damit gegenüber seinem schärfsten internationalen Konkurrenten Toyota (2010: Platz sechs; 0,7 Prozent Steigerung) deutlich auf. Die internationalen Spitzenplätze indes teilen mittlerweile fast ausschließlich Pharmakonzerne unter sich auf: Vorjahressieger Roche verteidigte seine Führungsposition im internationalen Innovationsranking. Pfizer und Novartis belegen 2010 den zweiten und dritten Rang.
Antizyklisch in die Forschung investiert
Deutsche Konzerne haben einen erheblichen Teil der durch den Aufschwung erzielten Rekorderträge in die Innovationskraft und Qualität der künftigen Produktpipeline investiert. „In der zurückliegenden Weltwirtschaftskrise hat die deutsche Industrie antizyklisch die Forschung für essentielle Produktinnovationen forciert. Auch deswegen hat sie sich deutlich schneller aus der Rezession befreit als viele andere Volkswirtschaften und fährt heute wieder Rekordergebnisse ein”, kommentiert Klaus-Peter Gushurst, der Sprecher der Geschäftsführung von Booz & Company, die Ergebnisse der Studie: „Die Kennzahlen belegen, dass das Innovationsniveau hierzulande weiter hoch ist. Gerade vor dem Hintergrund der EU-Schuldenkrise täten Unternehmen gut daran, diese antizyklische Innovationsstrategie erneut anzuwenden.”
China wächst auch hier dynamisch
Denn China wächst auch hier dynamisch; die chinesische Industrie steigert ihre F&E-Ausgaben 2010 um 38 Prozent. Und auch die zunehmende Digitalisierung weiter Lebensbereiche verändert die Markt- und Machtverhältnisse fast aller Branchen. Konsequenterweise mobilisiert der Treiber dieser rasanten Entwicklung, also die IT- und Elektronikindustrie, mit 28 Prozent den Löwenanteil aller Innovationsbudgets. Innerhalb dieses Segments haben die Vorjahreszweit- und Drittplatzierten Microsoft und Nokia mittlerweile im Mobilfunksektor ihre F&E- und Vermarktungskräfte gegen die digitalen Innovationsführer Apple und Google vereint. Dabei gab Nokia mit rund 7,78 Milliarden Dollar mehr als viermal so viel für Produkt- und Softwareinnovationen aus als Wettbewerber Apple. „Unsere Studie belegt: Erfolgreiche Neuentwicklungen lassen sich nicht einfach durch massive F&E-Investitionen erzwingen”, so Gushurst.
„Es bedarf einer Firmenkultur, die Innovation Priorität einräumt und vertriebsseitig unterstützt. Nur mit einer übergeordneten und umsetzbaren F&E-Strategie lassen sich marktverändernde Entwicklungen realisieren.” Das aber ist längst nicht immer der Fall. So räumten 36 Prozent der Befragten ein, dass ihre eigene Unternehmenskultur ihre verabschiedete Innovationsstrategie nicht unterstütze.