Mit der Energiewende soll der Bau von Windkraftanlagen vor der deutschen Küste in der Nord- und der Ostsee in Schwung kommen. Die Bundesregierung sähe es gern, wenn bis zum Jahr 2020 auf der See Windräder mit einer Leistung von 7600 Megawatt stünden. Darauf reagieren die Unternehmen: Rund 30 Kilometer nördlich von Helgoland errichtet derzeit der Energiekonzern RWE einen Windpark mit einer Leistung von 295 Megawatt. Vor Amrum baut Eon 80 Siemens-Turbinen auf, die später 288 Megawatt erzeugen sollen. Der amerikanische Finanzinvestor Blackstone hat Felder vor Helgoland und Sylt in Arbeit. Das jüngste Geschäft ist der Verkauf des ebenfalls in der Nordsee geplanten Windparks „Gode Wind II” vom Projektentwickler PNE Wind aus Cuxhaven an eine Gesellschaft des dänischen Investors Brancor Capital Partners.
PNE Wind ist ein börsennotiertes Unternehmen – die Aktie legte nach der Bekanntgabe des Geschäfts am Donnerstag im Verlauf um 8 Prozent auf Kurse von knapp 1,90 Euro zu. Für das Unternehmen hat die Transaktion größte Bedeutung, denn es ist vergleichsweise klein und auf das reine Projektgeschäft mit Windparks auf See (Offshore) oder auf dem Land (Onshore) konzentriert. Bisher ist das Unternehmen weitgehend unbekannt. Allein der Gegenwert des Gode Wind II-Geschäfts entspricht in etwa der derzeitigen Börsenkapitalisierung von PNE Wind. Exakt liegt dem Kaufpreis eine Bewertung von rund 317 000 Euro je Megawatt bei einer projektierten Gesamtleistung von 252 Megawatt zugrunde. Der Betreiber wird nach den Angaben von PNE mit der Anlage später aber einen Milliardenumsatz erzielen.
Vor der Insel Norderney
Der Windpark liegt rund 38 Kilometer vor der Insel Norderney und soll mit seinen 84 vom dänischen Hersteller Vestas gelieferten Windrädern im Jahr 2014 am Netz sein. Ein Netzanschluss für Gode Wind II wird vom Unternehmen Tennet garantiert, was für den Investor ein wichtiger Grund für die Kaufentscheidung war. „Wir werden den Windpark sehr schnell in Betrieb nehmen können”, ist Kim Brangestrup, Gesellschafter von Brancor Capital Partners, überzeugt. Man habe sich das Projekt seit Mai angeschaut und seit September verhandelt. Es sei sinnvoll gewesen, zügig zum Abschluss zu kommen. Mit dem konkreten Vertrag in der Tasche lasse es sich nun leichter mit den Geldgebern verhandeln. Das Projekt ist nach den Worten von Brangestrup vergleichbaren anderen Projekten um Jahre voraus. Es wurde vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) schon genehmigt. Dadurch kann 2012 mit dem Bau begonnen werden.
Gode Wind II steht auch beispielhaft für die Art der Finanzierung solcher Projekte: Der Übergang von 50,1 Prozent der Anteile erfolgte am 29. Dezember 2011 – mit auflösender Bedingung eines ersten wesentlichen Zahlungseingangs zum 29. Februar sowie der Fälligkeit einer weiteren Rate zum 25. März 2012. Damit soll Brancor die nötige Zeit erhalten, um den vereinbarten Kaufpreis zu bezahlen. Die verbleibenden 49,9 Prozent der Anteile sollen mit Erhalt der zweiten Kaufpreisrate übertragen werden. Später folgen bis zur Inbetriebnahme der letzten Windturbinen noch zwei weitere Meilensteinzahlungen. „Wir sind uns sicher, dass Brancor die Finanzierung gelingen wird, denn das Unternehmen besitzt auf dem Gebiet der Windparks schon große Erfahrung”, sagte der PNE-Vorstandsvorsitzende Martin Billhardt. „Der Kaufpreis entspricht unseren Erwartungen und wird, wie in Offshore-Transaktionen üblich, in mehreren Teilbeträgen gezahlt.” Für den unwahrscheinlichen Fall, dass das nicht gelinge, sei keine Vertragsstrafe vorgesehen; hingegen seien die Kosten, die Brancor schon bis zum Vertragsabschluss entstanden seien, hoch genug, um das Ziel eines positiven Abschlusses zu unterstreichen.
Unmittelbar positiver Zahleneffekt
Das Geschäft wirkt sich für das Zahlenwerk von PNE noch im laufenden Jahr positiv aus: Das Unternehmen werde einen großen Teil seines für die Geschäftsjahre 2011 bis 2013 prognostizierten Betriebsergebnisses (Ebit) von kumuliert 60 bis 72 Millionen Euro schon in diesem Jahr erreichen, sagte Billhardt. Sein Unternehmen nennt wegen der Unwägbarkeiten in der Projektentwicklung keine Jahresziele; die Prognosen umfassen stattdessen drei Jahre. Anheben will Billhardt die Prognose aber auch noch nicht. Das könne frühestens nach einem Verkauf des Schwesterparks „Gode Wind I” geschehen. Hier wolle er aber noch keine übertriebenen Hoffnungen wecken.
Die beiden Vertragsparteien haben vereinbart, dass PNE auch weiterhin in der Projektentwicklung eingebunden ist. Für den Windpark hat das Unternehmen erhebliche Vorleistungen erbracht. Ende Juni hatte PNE vom Übertragungsnetzbetreiber Tennet schließlich die für den Verkauf so wichtige unbedingte Zusage des Netzanschlusses erhalten. Mittlerweile ist dieser beauftragt und in Bau.
Bisher 97 Windparks errichtet
PNE hat bisher 97 Windparks mit 563 Windenergieanlagen und einer Gesamtnennleistung von 804 Megawatt errichtet. „Zugleich expandieren wir in Wachstumsmärkte wie Großbritannien und Amerika und sind über Gemeinschaftsunternehmen und Tochtergesellschaften auch schon in Ungarn, Bulgarien, der Türkei und Rumänien vertreten”, sagte Billhardt. In diesen Ländern werden nach seinen Worten gegenwärtig Windpark-Projekte mit einer Nennleistung von bis zu 3725 Megawatt bearbeitet, die mittelfristig realisiert werden sollen. In Deutschland (Onshore) befänden sich derzeit Windpark-Projekte mit mehr als 1100 Megawatt Nennleistung in der Bearbeitung. Auch für den Offshore-Bereich werde der Einstieg in aussichtsreiche Auslandsmärkte geprüft.
Ein Übernahmekandidat?
Die Kursentwicklung der Aktie von PNE Wind spiegelt die vermeintlich guten Perspektiven bisher allerdings nicht wider, auch wenn im Jahressaldo nun ein prozentual zweistelliges Kursplus zu Buche steht. Billhardt verweist in diesem Zusammenhang auf die Eigenheiten des langjährigen Projektentwicklungsgeschäfts. Das Unternehmen (170 Mitarbeiter, Bilanzsumme knapp 190 Millionen Euro) sei aber solide finanziert, müsse den Kapitalmarkt deshalb nicht anzapfen und sei auch nicht auf eine Übernahme angewiesen. Die will Billhardt angesichts der Tatsache, dass sämtliche Aktien im Streubesitz sind, zwar auch nicht ausschließen. Derzeit würden in dieser Hinsicht aber keine Gespräche geführt, und das Einsammeln der Papiere am freien Markt könne bei den niedrigen Umsätzen eine zeitraubende Angelegenheit für einen Käufer werden.