Der Konsumgüterkonzern P&G und sein Vorstandsvorsitzender stehen unter dem Druck von Investoren. Die Antwort des Chefs: Sparen, Innovation – und ein Bekenntnis zu Deutschland.
Herr McDonald, Sie haben jüngst zugegeben, Sie seien nicht zufrieden mit der Entwicklung von Procter & Gamble, seit Sie vor mehr als drei Jahren Ihren Posten als Vorstandsvorsitzender angetreten haben. Können Sie denn versprechen, dass die nächsten drei Jahre besser werden?
Ich kann Ihnen versprechen, dass wir einen ganz klaren Fokus auf unsere Wachstumsstrategie haben. Wir machen Fortschritte, und wir sind mit Blick auf die Zukunft zuversichtlich.
Die Finanzmärkte sind da offenbar nicht ganz so optimistisch wie Sie: Verglichen mit Wettbewerbern wie zum Beispiel Colgate-Palmolive oder Unilever, hat sich Procter & Gamble im vergangenen Jahr schwach geschlagen. Liegt denn die Börse mit ihrer Einschätzung völlig falsch?
Wir versuchen, eine Balance zwischen dem kurz- und dem langfristigen Wachstum unseres Geschäfts zu erreichen, um die Erwartungen der Aktionäre zu erfüllen. Über längere Zeiträume betrachtet, haben wir an der Börse viel besser abgeschnitten als der Gesamtmarkt, auch wenn es kurzzeitig eine unterdurchschnittliche Entwicklung gab. Sie sollten auch nicht vergessen, dass Procter & Gamble in den vergangenen zehn Jahren 42 Milliarden Dollar an Dividenden bezahlt hat. Unsere Dividendenrendite war in diesem Zeitraum im Schnitt 2,6 Prozent und lag über dem Durchschnittswert der Unternehmen im S&P 500. Procter & Gamble ist eines von nur neun amerikanischen Unternehmen, die in den vergangenen 120 Jahren jedes Jahr eine Dividende gezahlt haben.
Gut und schön, aber warum hat Procter & Gamble in wichtigen Regionen wie Nordamerika und Europa Marktanteile verloren?
Wir mussten wegen zusätzlicher Rohstoffkosten von mehreren Milliarden Dollar unsere Preise anpassen. Das führte in einer kleinen Anzahl von Fällen zu einem Verlust von Anteilen. Aber wir haben die Preise wieder revidiert und sehen jetzt wieder Wachstum bei den Marktanteilen. Wir haben starke Innovationen auf den Markt gebracht, zum Beispiel die Waschpulverkapseln Tide Pods in Amerika, die auf dem Weg sind, im ersten Jahr einen Umsatz von einer halben Milliarde Dollar einzubringen.
Der als aggressiv bekannte Investor Bill Ackman ist mit seinem Hedgefonds Pershing Square Capital bei Procter & Gamble eingestiegen und hat angeblich Ihren Rücktritt verlangt. Wie reagieren Sie auf diese Forderung?
Wir begrüßen Investitionen in das Unternehmen. Unser Augenmerk liegt darauf, unser Geschäft auszubauen. Wir haben dazu den richtigen Plan, und wir machen Fortschritte. Das haben unsere letzten Ergebnisse unterstrichen.
Sehen Sie Herrn Ackman denn nicht als unnötige Ablenkung?
Noch einmal: Pershing Square Capital ist ein Investor in unserem Unternehmen. Wir haben viele Aktionäre, und wir begrüßen Investitionen.
Wie können Sie Ihre schwächelnde Profitabilität verbessern?
Wir wollen bis zum Jahr 2015 durch Verbesserung unserer Produktivität 10 Milliarden Dollar einsparen, und wir werden sicherstellen, dass wir unser Augenmerk auf Produktivität auch danach behalten.
Braucht Procter & Gamble noch zusätzliche Kosteneinsparungen?
Wir wollen sicherstellen, dass wir eine Kultur von Produktivität und konstruktiver Unzufriedenheit haben. Wir müssen das Bestreben zur Konstante machen, besser, effizienter und agiler zu werden.
Gehören dazu nicht auch einige Veränderungen im Management Ihres Konzerns?
Wir haben Vertrauen in unser Management-Team. Wir haben die richtigen Leute an den richtigen Plätzen.
Hat Procter & Gamble größere Akquisitionen erst einmal eingestellt? In jüngster Zeit scheinen Sie jedenfalls sehr viel mehr verkauft als gekauft zu haben…
Wir überprüfen ständig unser Portfolio mit dem Ziel, dass es unsere Wachstumsambitionen erfüllt. Es wird Zeiten geben, in denen wir mehr kaufen als verkaufen und umgekehrt.
Wie stellen Sie sich mit Ihren Produkten und Ihrer Produktion auf die Veränderungen und das Wachstum in aufstrebenden Regionen der Welt ein?
Unser Geschäft in diesen Regionen steht heute für rund ein Drittel unseres Umsatzes – das alleine übersteigt die Gesamtgröße vieler unserer Wettbewerber. Wir haben noch viele, viele weiße Flecken. Procter & Gamble ist inmitten einer der größten Kapazitätsausweitungen in unserer 175 Jahre währenden Geschichte: Zwischen 2010 und 2015 bringen wir 20 neue Werke rund um die Welt ans Netz. Mit einer Ausnahme sind alle Standorte in aufstrebenden Ländern. Lassen Sie mich ein paar Beispiele nennen: Wir haben unser Mundpflegegeschäft in Lateinamerika ausgeweitet und gleichzeitig die Marke Vicks in Russland eingeführt. Ein anderes Beispiel ist Safeguard-Seife, die unlängst in sieben afrikanischen Ländern eingeführt worden ist.
Sind Produkte von Procter & Gamble nicht grundsätzlich zu teuer, um sich stärker in solchen aufstrebenden Regionen zu etablieren?
Ich denke, unsere Ergebnisse zeigen, dass wir schon stark etabliert sind. Im Jahr 2000 standen diese Märkte für einen Umsatz von 8 Milliarden Dollar, jetzt sind es 32 Milliarden Dollar. Das sind 10 Milliarden Dollar mehr, als jeder andere Konsumgüterkonzern hat. Unser Ziel ist es, das Wachstum der Märkte selbst zu beschleunigen und gleichzeitig unsere Anteile zu erhöhen. Das gelingt uns auch. Der Haarpflegemarkt in Brasilien ist in vier Jahren um 45 Prozent gewachsen, und unsere Marke Pantene konnte ihren Anteil daran in diesem Zeitraum fast vervierfachen. Unsere neue Wachstumsstrategie besteht darin, uns auf unsere 40 größten Geschäfte, unsere 20 wichtigsten Innovationen und unsere zehn Topmärkte unter den aufstrebenden Regionen zu konzentrieren – also auf die Bereiche, auf die es am meisten ankommt.
Und welche Rolle spielt Deutschland in Ihrer Strategie noch?
Deutschland bleibt ein Schlüsselland für Procter & Gamble. Es ist für uns außerhalb der Vereinigten Staaten das Land mit den meisten Mitarbeitern, es ist ein entscheidender Teil unseres Europa-Geschäfts, und wir investieren. In den vergangenen Monaten haben wir unser Logistikzentrum in Crailsheim und eine Produktionslinie in Berlin ausgeweitet.
Sie haben in diesem Jahr Markenrechte für einen Teil der Braun-Produkte an DeLonghi verkauft. Wie wichtig ist Braun für Sie und für Procter & Gamble überhaupt noch?
Das Modell des Verkaufs der Markenrechte hat sich bei Braun bewährt. Wir haben zum Beispiel das Uhrengeschäft von Braun an Zeon Limited lizenziert und die Gesundheitsprodukte an Kaz Inc. Jetzt bekommt das Geschäft mit kleinen Haushaltsgeräten die Chance, durch eine Lizenzvereinbarung von einem Verbund mit DeLonghi zu profitieren, während wir unsere Investitionen auf die Teile von Braun fokussieren können, die nach unserem Glauben die besten Möglichkeiten haben, langfristig erfolgreich zu sein und zu wachsen. Wir bekennen uns weiter klar zu Braun.
Die Fragen stellten Carsten Knop und Roland Lindner.
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