Ad hoc

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Unternehmen bestimmen unser tägliches Leben. Aber was bewegt die Unternehmer? Über Trends, Technologien und Menschen, die sie bestimmen.

Kirchner und das Kapital: Kleiner Nachtrag zum WEF in Davos

Jim Hagemann Snabe, den Co-Vorstandsvorsitzenden des Softwarekonzerns SAP, haben die Bilder im Ernst-Ludwig-Kirchner-Museum in Davos begeistert und inspiriert. Allen Widrigkeiten zum Trotz: was für eine Lebensleistung eines Künstlers, der einen großen Teil seiner Werke in Davos erschaffen hat und vom Nazi-Regime gehasst wurde.

“Was ein einziger Mensch leisten kann!” Jim Hagemann Snabe, den Co-Vorstandsvorsitzenden des Softwarekonzerns SAP, haben die Bilder im Ernst-Ludwig-Kirchner-Museum in Davos sichtlich begeistert und inspiriert. Allen Widrigkeiten zum Trotz: was für eine Lebensleistung eines Künstlers, der einen großen Teil seiner Werke in Davos erschaffen hat und vom Nazi-Regime gehasst wurde.

Snabe hatte gemeinsam mit seinem Vorstandskollegen Bill McDermott am Rande des Weltwirtschaftsforums früh am Morgen Gäste eingeladen. Es galt, darüber zu diskutieren, wie Unternehmen ihre hohen liquiden Mittel (für die sie auf der Bank kaum Zinsen bekommen) in hoffnungsvolle junge Wachstumsunternehmen aus ihrem jeweiligen Umfeld investieren können. Der Lohn könne sein, die Kraft der Ideen Einzelner für sich und sein Unternehmen zu mobilisieren und dabei auch die Welt in ihrer Entwicklung ein Stück voranzubringen.

Wie nachzulesen ist, wurde das Kirchner-Museum 1982 in Davos gegründet, zehn Jahre später wurde der von Kirchners Nachlassverwalter Roman Norbert Ketterer gestiftete Neubau eröffnet. Er steht direkt gegenüber dem Belvedere-Hotel, während des Weltwirtschaftsforums der Treffpunkt der Mächtigen und Reichen. Die meisten Besucher der dortigen Partys werden für einen Besuch im Kirchner-Museum keine Zeit finden. Hier geht es um Kontakte und Geschäfte, ist vieles zufällig, manchmal auch etwas oberflächlich. Kirchner hätte es vermutlich nicht gefallen, denn er war ein Kontrollfreak.

Nichts für Kontrollfreaks

Während des Forums aber kann man die Situation nur schwer unter Kontrolle halten. Das hat knapp eine Woche nach dem Ende des Forums auch dessen Gründer und Chef Klaus Schwab erkannt. Der hat sich bei den Teilnehmern inzwischen per Post für ihr Kommen bedankt, beklagt aber auch, dass neben seiner Veranstaltung immer häufiger Aktivitäten stattfänden, die mit den Zielen seines Forums aber auch gar nichts gemein hätten. Man darf gespannt sein, welche Antwort Schwab auf diese Herausforderung finden wird. Recht hat er: Am Rand des Forums wird Davos immer mehr zum Zirkus. Die Veranstaltungen im Kongresszentrum rücken in den Hintergrund.

Eine allerdings weiß die Bühne in den Bergen stets für sich zu nutzen. Auch wenn sie nur wenig Zeit hat, gelingt es Bundeskanzlerin Angela Merkel im Beisein von Schwab Reden zu halten, die Beachtung finden. In diesem Jahr pochte Merkel unter anderem auf eine Kontrolle der sogenannten Schattenbanken, die nicht der üblichen Finanzmarktregulierung unterliegen. Beim nächsten Treffen der acht wichtigsten Industrieländer und Russland (G8) werde dieses Thema eine „zentrale Rolle” spielen.

Gegen die Schattenbanken

Kurz nach der Finanzkrise im Jahr 2009 seien sich alle einig gewesen, dass jeder Finanzplatz, jeder Finanzmarktakteur und jedes Finanzmarktprodukt reguliert werden müsse. „Wir sind heute weit davon entfernt”. Sie sehe an dieser Stelle noch eine riesige Lücke. Wie wahr: In diesem Punkt könnte es tatsächlich noch gelingen, die Welt im Sinne Schwabs ein wenig zu verbessern. Denn während die normalen Banken regulierende Eingriffe erfahren und Mitarbeiter unter zunehmender Bürokratie ächzen, legen die Geschäfte von Schattenbanken zu: Derartige Banken setzten 2011 rund 67 Billionen Dollar um, wie der Finanzstabilitätsrat in seinem jüngsten Jahresbericht mitgeteilt hat. Das ist eine Menge Holz – und hätte den am materiellen Erfolg seiner Kunst durchaus interessierten Kirchner gewiss fasziniert.

Im Gegensatz zu den Summen, die im Schatten bewegt werden, nehmen sich die Hoffnungen der Unternehmer, die von SAP im Kirchner Museum gefördert werden sollen, bescheiden aus. Und doch steckt hinter diesen Überlegungen eine Entwicklung, die den großen Banken noch gefährlicher werden kann als das Schattenbankensystem: Wenn sich Unternehmen zu Investoren und Finanziers wandeln, wird es für Deutsche Bank & Co. schwieriger, im Kreditgeschäft Geld zu verdienen. Und dann? Müssen die Kosten weiter runter. Die Mitarbeiter haben darauf in der Woche nach Davos einen Vorgeschmack bekommen. Auf der Bilanzpressekonferenz am Donnerstag in Frankfurt war die Party im Davoser Belvedere weit weg. Aber das Museum ist eine Reise wert. Es kann zu Neuanfängen anregen.

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