Die Globalisierung der Forschung und Innovation zwingt nach der Überzeugung von Fachleuten dazu, die nationale und europäische Innovationspolitik zu überdenken. Das schreibt die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) in ihrem jüngsten Gutachten. Um sicherzustellen, dass auf den Gebieten der Spitzentechnologie Forschung und Entwicklung (FuE) auch weiterhin in Deutschland betrieben werde, sei es unerlässlich, öffentlich finanzierte angewandte Forschung in außeruniversitären Forschungseinrichtungen zu halten. Zudem gelte es, ausländische Konzerne dazu zu motivieren, die FuE hierzulande auszubauen und verstärkt mit Forschungseinrichtungen in Deutschland zu kooperieren.
Eine effektive Förderung der angewandten Forschung könne helfen, als attraktiver Kooperationspartner ausländische Unternehmen – und diese dadurch anzuziehen. Der Blick auf Forschungs- und Entwicklungsstandorte zeige eindeutig, dass es auch hier zu einer immer stärkeren internationalen Arbeitsteilung komme: Unternehmen seien in der Wahl ihrer FuE-Standorte inzwischen sehr mobil und wählten bewusst Standorte, an denen sie von lokal vorhandenem Know-how profitieren könnten, hat die Kommission festgestellt. Daraus könnten Chancen, aber auch Gefahren für den Standort Deutschland erwachsen. Auf sie müsse die Politik Forschungs-, Innovations- und Bildungspolitik in Deutschland angemessen reagieren. Durch das Engagement ausländischer Unternehmen werde der Standort Deutschland in den entsprechenden Bereichen jedenfalls gestärkt, es entstünden attraktive Beschäftigungsmöglichkeiten für deutsche Forscher und Entwickler. Gleichzeitig sei der Forschungsstandort Deutschland durch die zunehmende Verlagerung von FuE auf den wichtigsten Gebieten der Spitzentechnologie ins Ausland besonders herausgefordert. Denn deutsche Unternehmen, vornehmlich aus der Pharmabranche, dem Kraftfahrzeugbau, der chemischen Industrie sowie aus den Gebieten Computer, Elektrotechnik und Optik, haben ihre FuE-Ausgaben im Ausland deutlich ausgebaut. Umgekehrt sind ausländische Unternehmen hierzulande schwerpunktmäßig ebenfalls in diesen traditionellen deutschen Vorzeigebranchen mit eigener Forschung und Entwicklung präsent.
Breite Grundlagenforschung wichtig
Angesichts der Spezialisierung deutscher Unternehmen auf bestimmte Technologiegebiete und der gleichgerichteten Konzentration ausländischer Konzerne in ihren FuE-Aktivitäten in Deutschland spricht sich die Gutachterkommission dafür aus, die bildungspolitischen Anstrengungen und die Grundlagenforschung breit anzulegen, um auch für zukünftige technologische Entwicklungen jenseits dieser Spezialgebiete gerüstet zu sein. Gleichzeitig seien mit einem effektiven Technologietransfer die Grundlagen für eine zukünftige Nutzung neuen Wissens zu schaffen.
„Deutschland wird in den nächsten Jahren die angestrebte hohe FuE-Intensität nur dann erreichen, wenn insbesondere Spitzentechnologien und wissensintensive Dienstleistungen ausgebaut werden“, heißt es in dem Gutachten. Das aber werde ohne weitere Investitionen multinationaler Unternehmen in Deutschland nicht gelingen. Für deren Investitionsentscheidung spielten auch verlässliche finanzielle und steuerliche Rahmenbedingungen eine entscheidende Rolle. Deutschland sei aber eines der wenigen Länder, das bislang keine steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung anbiete.
Steuerlichen Standortnachteil korrigieren
Wolle Deutschland im internationalen Wettbewerb nicht ins Hintertreffen geraten, müsse dieser steuerliche Standortnachteil korrigiert werden. „Die entsprechenden Maßnahmen sollten unbedingt zu Beginn der nächsten Legislaturperiode eingeleitet werden“, fordern die Gutachter. Darüber hinaus, so heißt es in dem Text, sollten Entscheidungsträger aus Politik und Wissenschaft regelmäßig im Austausch mit forschungsstarken ausländischen Unternehmen stehen. Erhältlich ist das Gutachten über die Geschäftsstelle der EFI, die beim Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft angesiedelt ist.
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