Nach allem, was man hört, war es dieses Mal keine gezielte Attacke. Der Bayern-Präsident und -Aufsichtsratsvorsitzende Uli Hoeneß hat einfach nur seine ganz persönliche Einschätzung abgegeben, als er am Mittwochabend im Turiner Nobelhotel „Principi di Piemonti“ von zwei Journalisten nach seinem Wunschgegner im Halbfinale der Champions League gefragt wurde. Hoeneß war guter Dinge. Bayern München hatte Juventus Turin in zwei Spielen mit insgesamt 4:0 besiegt, beim anschließenden Bankett wurde Seebrassen-Filet an Zucchini-Gratin serviert, und Wurstfabrikant Hoeneß wünschte sich nun den nächsten, sportlichen Gang: „Ich will Dortmund haben“, sagte Hoeneß, der BVB sei „schlagbarer als die Spanier.“
Das kam in Dortmund nicht gut an – und der Sauerländer Hans-Joachim Watzke, der Vorsitzende der Geschäftsführung von Borussia Dortmund, gab indigniert zu Protokoll: „Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass wir gegen die Münchner das eine oder andere Spiel gewinnen können.“ Ohnehin ist man in Dortmund pikiert darüber, wie wenig Anerkennung die Münchner der Leistung ihres wichtigsten Liga-Konkurrenten in den vergangenen zwei Jahren zollen.
Nun ist das von Hoeneß erhoffte deutsch-deutsche Gipfeltreffen im Halbfinale der höchsten europäischen Spielkasse ausgeblieben: Am Freitag wurde den Bayern der FC Barcelona zugelost, nach Hoeneß’ Lesart ist der also weniger schlagbar als der BVB, der sich seinerseits zum zweiten Mal im laufenden Wettbewerb mit Real Madrid auseinandersetzen muss. Der 61 Jahre alte Hoeneß ist bekannt dafür, Gegner immer wieder zu provozieren. Und dass in den vergangenen zwei Jahren kein anderer Verein häufiger zur Zielscheibe von Hoeneß’ berühmt-berüchtigten Wutreden geworden ist als der BVB, ist, rein wirtschaftlich betrachtet, vor allem das Verdienst des 53 Jahre alten Watzke. Hier begegnen sich zwei Fußballmanager auf Augenhöhe – und das gilt auch für ihr jeweiliges Ego.
Alphatiere aus dem Mittelstand
Hier haben sich zwei Alphatiere aus dem Unternehmermittelstand (Watzke ist ein Hersteller von Schutzkleidung unter anderem für die Feuerwehr) in die Fußball-Champions-League geboxt. Gelegentlich bekommt man da eben mal einen Schlag ab. Beide eint, dass sie keine Lust darauf haben, sich politisch korrekt zu verhalten. Wenn ihnen Entwicklungen nicht gefallen, ob in der Gesellschaft oder im Sport, müssen die Meinungen von Watzke oder Hoeneß keinesfalls dem Mainstream entsprechen. Watzke sagt Vertretern der Vereine Hoffenheim oder Wolfsburg klipp und klar, dass sie nach seiner Meinung gegen die Regeln des finanziellen Fairplay verstoßen und nicht in der Lage sind, bei Auswärtsspielen ihrer Vereine die Fanblocks zu füllen. Mit Blick auf das Ausland erweiterte er diese Kritik soeben auf Scheichs, die in Fußballclubs wie Paris St-Germain investieren und dadurch auch international den Wettbewerb verzerren. Watzke und Hoeneß halten auch nicht mit ihren politischen Vorlieben hinter dem Berg. Beide sind stramm konservativ, was sich in Watzkes Fall auch nicht dadurch geändert hat, dass Peer Steinbrück seit geraumer Zeit im Aufsichtsrat von Borussia Dortmund sitzt. Zudem sind beide Fußball-Manager keine Schwätzer, sondern eher bodenständige Menschen, die wie in einer kumpelhaften Dorfgemeinschaft ihre Nachbarn einfach mal verbal am Stammtisch oder im Wiesn-Festzelt anhauen, um zu schauen, wie standfest sie noch sind. Während es für die Bayern unter Hoeneß wirtschaftlich meist nur bergauf ging, weiß Watzke, was für ein unglaubliches Glück es war, dass es Dortmund vor Jahren überhaupt geschafft hat, den Fängen des Konkurses zu entkommen. Und er macht sich keine Illusionen darüber, welches wirtschaftliche Potential der Münchner Verein in seiner Heimatregion Bayern abrufen kann: In Nordrhein-Westfalen gebe es so viele erstklassige Fußballvereine, die um die Aufmerksamkeit von Sponsoren buhlten, dass die Bayern allein aus diesem Grund einen gehörigen Wettbewerbsvorteil besäßen.
Deshalb blieben die Bayern auch in ihren zwei titellosen Jahren wirtschaftlich das Maß der Dinge. So transparent wie der börsennotierte Rivale aus Dortmund (215 Millionen Euro Umsatz, 34 Millionen Euro Gewinn) ist die FC Bayern München AG nicht. Aber die Zahlen, die Hoeneß der Öffentlichkeit gern nennt, sind beeindruckend: In der vergangenen Saison erzielte der Rekordmeister einen Rekordumsatz von 373 Millionen Euro, die Eigenkapitalquote erreichte stolze 77,5 Prozent, und auf den Festgeldkonten liegen fast 130 Millionen Euro. Hoeneß selbst bezifferte den Unternehmenswert des „gesündesten Vereins der Welt“ auf 1 bis 1,2 Milliarden Euro. Seit der Metzgerssohn aus Ulm 1979 seine aktive Fußballerlaufbahn wegen chronischer Kniebeschwerden beenden musste und als jüngster Manager der Liga an der Säbener Straße die Nachfolge des legendären Robert Schwan antrat, hat Hoeneß den FC Bayern in ein modernes Fußballunternehmen verwandelt. In drei Jahrzehnten verschaffte er ihm eine Quasi-Monopolstellung.
50 Millionen Euro Einnahmen sicher
In dieser Saison haben Bayern wie Dortmunder durch den Einzug ins Halbfinale der Königsklasse insgesamt schon 50 Millionen Euro Einnahmen sicher. Anders als in den vergangenen Jahren wird Dortmund im Sommer daher auch im Saldo Geld für neue Spieler ausgeben. Schließlich will man sich mit Hoeneß streiten. Am Freitag, nach der Auslosung, musste Hoeneß nicht lange auf den Konter aus Dortmund warten. „Es tut mir leid“, sagte Watzke, „dass Uli Hoeneß’ Wunsch, auf uns, den schwächsten Gegner, zu treffen, nicht hingehauen hat.“
Unter Mitarbeit von Henning Peitsmeier.
Der Autor auf Twitter: www.twitter.com/carstenknop
Transparente Finanzen - auch bei den Bayern
Als börsennotierte GmbH & Co. KGaA müssen die Dortmunder unterjährig Geschäftsberichte erstellen und veröffentlichen. Auf dem gelbschwarzen Server findet man deshalb jede Menge aktuelle Finanzinformationen, z. B. den Halbjahresfinanzbericht 2012/13.
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Ohne Börsennotierung sind die Publikationspflichten für die Bayern weniger streng. Sie informieren regelmäßig im Herbst über den wirtschaftlichen Erfolg in der vorangegangenen Spielzeit, aber nicht im Detail. Gehaltvoller sind die Geschäftsberichte, die der FCB für den Elektronischen Bundesanzeiger zur Verfügung stellen muss. Dort kann man sie leider erst mit einem Jahr Zeitverzug nachlesen. Zuletzt wurde am 2.8.12 der Konzernabschluss des Geschäftsjahres 2010/11 veröffentlicht.
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Der Elektronische Bundesanzeiger ist leicht zu googlen. Dann “FC Bayern München” als Suchbegriff eingeben. Der Konzernabschluss enthält auch die Allianz Arena-Geschäfte.
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Wer bei Google “Spitzenspiel Updates” suchen lässt, findet an 1. Stelle einen Eintrag in meinem Blog “Updates”, in dem die Finanzen von beiden Fußballvereinen, FCB und BVB, diskutiert werden.