Ad hoc

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Die Wünsche von Steve: Apple-Manager Eddy Cue und der Buchladen für das iPad

Eddy Cue wollte Steve Jobs zur Vorstellung des iPad unbedingt einen funktionierenden Buchladen präsentieren. Das bringt seinem Arbeitgeber Apple jetzt eine Menge Ärger.

Eddy Cue ist 48 Jahre alt – und arbeitet schon seit 24 Jahren für den Elektronikhersteller Apple. Das ist deshalb so bemerkenswert, weil Cue Apple damit nicht nur in- und auswendig kennt, sondern es auch geschafft hat, zu dem auserwählten Kreis derer zu gehören, die über eine lange Zeit das Vertrauen des verstorbenen Apple-Mitbegründers und -Vorstandsvorsitzenden Steve Jobs genossen haben. Cue ist einer dieser Menschen, die in den vergangenen Jahren im Schatten des charismatischen Jobs dafür gesorgt haben, dass dieser auf der Bühne stets genau die Produkte präsentieren konnte, die er sich zuvor ausgemalt hatte. Dazu gehörten seit der Vorstellung des digitalen Musikspielers iPod immer wieder auch Verhandlungen mit den Inhabern von Rechten an Musik, Videos oder auch Büchern. Denn die virtuellen Einkaufsläden, die Jobs rund um seine neuen Geräte von iPod bis iPad gebaut hat, brauchten Ware. Die Verhandlungen mit Musik- oder Buchverlagen sind dabei alles andere als einfach; Cue aber hat sich durch das Gesprächsdickicht mit den Juristen hindurchgekämpft und konnte liefern.

So steht Cue immer unter Druck: Derzeit geht es um Verhandlungen, Musik im Internet auch „streamen“ zu dürfen, also auf die Computer der Nutzer „zu senden“, ohne dass diese die Rechte an den Liedern haben. Das führt dann zu einer Art digitalem Radio, so wie es Apple vor ein paar Tagen für die Vereinigten Staaten angekündigt hat, für Europa aber noch nicht. Der Grund für die Verzögerung sind die Rechte – Cue hat also noch viel zu tun. Ganz besonders dringend war Cues Geschäft im Jahr 2009. Damals stand Apple, noch unter der Führung von Jobs und vor der Einführung des Tabletcomputers iPad, und Jobs wollte den Computer unbedingt auch als tragbares elektronisches Lesegerät verkaufen, in Konkurrenz zum Lesegerät Kindle des Wettbewerbers Amazon. Das, was daraus folgte, mündete in Kartellverfahren gegen Apple und große Buchverlage in Europa und den Vereinigten Staaten. Und in Amerika steht Apple in diesem Zusammenhang noch vor Gericht.

Einblick in die Gefühlswelt 

Im Gerichtssaal in Manhattan hat Cue nun Einblicke in seine Gefühlswelt gegeben, in der Zeit zum Jahreswechsel 2009/10: „Jobs stand schon damals kurz vor dem Ende seines Lebens“, sagte Cue. Er habe den Apple-Übervater gerade deshalb auf keinen Fall enttäuschen wollen. „Ich wollte die Einigung mit den Buchverlagen rechtzeitig und ich wollte es für ihn“, gab Cue vor dem Richter zu Protokoll. Wer Jobs persönlich erlebt hat, ahnt, wie groß der Druck war, der auf Cue zu diesem Zeitpunkt gelastet haben muss. Es passierte also etwas Interessantes – und im Jahr 2013 Gerichtsrelevantes: Wenn man den Worten Cues Glauben schenkt, hat Apple damals nicht das durchgesetzt, was sich das Unternehmen selbst als Einkaufs- und Preismodell für elektronische Bücher überlegt hatte, sondern die Verlage bekamen ihren Willen.

Worum ging es damals? Um den Verkauf des Kindle und der elektronischen Bücher anzukurbeln, war Amazon nicht davor zurückgeschreckt, erhebliche Anlaufverluste in Kauf zu nehmen. Eine Amazon-interne Subvention sorgte dafür, dass jedes im Großhandel eingekaufte E-Book zur Einführung des ersten Kindle nur 9,99 Dollar kostete, was den Buchverlagen missfiel. Von Apple verlangten sie nun, dass die Verlage den Einzelhandelspreis für E-Books selbst festlegen, genauso wie sie es bei gedruckten Büchern tun: 70 Prozent des Preises behalten die Verleger in diesem Agenturmodell für sich, Rabatte gehen dann von den 30 Prozent Marge ab, die die Einzelhändler für sich haben. Cue und Apple gingen darauf ein – in der Folge werden den Vertragspartnern nun Preisabsprachen vorgeworfen. Sie hätten Amazon zu höheren Preisen zwingen wollen.

 Inmitten aufreibender Zielkonflikte

Ihm sei das letztlich alles gleichgültig gewesen, versicherte Cue nun treuherzig. Man habe nur keinen schlechteren Verkaufspreis haben wollen als andere Anbieter. So kommt es, dass das amerikanische Justizministerium Cue gerade für den Kopf einer Verschwörung und den Koordinator von Preisabsprachen mit den Verlagen hält – und Cue in dem Glauben lebt, nur das Beste für seinen damaligen Chef gewollt zu haben. Was immer das Gericht entscheidet: Cue hat sich dort als ein Manager inmitten spannender Zielkonflikte präsentiert und tiefen Einblick in die Gefühlswelt eines Apple-Mitarbeiters unter der Ägide von Steve Jobs gegeben.

Der Autor auf Twitter: www.twitter.com/carstenknop

Mehr zum Thema auch im neuen Buch “Amazon kennt dich schon”: https://www.fazbuch.de/buecher/sachbücher-geschenkbücher-e-books/amazon-kennt-dich-schon