Ad hoc

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Unternehmen bestimmen unser tägliches Leben. Aber was bewegt die Unternehmer? Über Trends, Technologien und Menschen, die sie bestimmen.

Wenn die Tochter nach dem Koalitionsvertrag fragt

Die Tochter fragt: Findest du das gut mit der früheren Rente für Menschen, die schon so lange gearbeitet haben? Und das mit dem Mindestlohn? Der Vater seufzt: Klingt schon gut, oder? Aber ach, so einfach ist das alles gar nicht. Das finden auch Gregor Gysi oder Ulrich Grillo. Und manchmal ist Opposition einfach besser.

Die Tochter fragt: Findest du das gut mit der früheren Rente für Menschen, die schon so lange gearbeitet haben? Und das mit dem Mindestlohn? Der Vater seufzt: Klingt schon gut, oder? Aber ach, so einfach ist das alles gar nicht. Schau mal: Man muss immer fragen: Wer zahlt dafür? Und hinter allem, was zunächst gut klingt, ist meist auch ein Nachteil versteckt. Das ist fast immer so im Leben. Und wäre es nicht viel wichtiger, es würde mehr und sinnvoller in Lehrer, Schulen, Schienen, Straßen und Kommunikationsnetze investiert? Schließlich geht es um das Land, in dem ihr leben wollt. Darauf die Tochter: Hm.

Zur selben Zeit im Radio: Gregor Gysi von den Linken wird interviewt. Er findet am Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD alles Mögliche schlecht. Dann sagt der Moderator, dass Ulrich Grillo vom Bundesverband der Deutschen Industrie den Vertrag auch nicht gut finde. Ja, aber doch vermutlich aus anderen Gründen, sagt Gysi. Und doch habe Grillo im Grunde recht: Für die Zukunft des Landes tue der Vertrag zu wenig. Die Tochter ist verwirrt. Es ist offenbar gar nicht so leicht, diese Sache mit den Weichenstellungen für eine gute Zukunft. Und dann sagt Gysi: Ach, Regieren ist ja auch nicht so toll. Er finde Opposition ganz schön. Darauf die Tochter: Hm.

Schon gespendet?

Ob man denn eigentlich schon für die Philippinen gespendet habe, will sie dann wissen, wie aus heiterem Himmel. Ja, doch, ist die Antwort – dabei hatte uns jemand, der sich in der Region gut auskennt, eigentlich gesagt, eine solche Spende sei gar nicht nötig, überflüssig geradezu. Die Amerikaner machten das schon. Die Interessen in der Region erforderten das. Aber das geht doch auch nicht: immer auf die Amerikaner schimpfen und dann sagen, die machten das schon. Die hätten dort sogenannte Interessen. Findest du das fair?, fragen wir die Tochter. Darauf die Tochter: Hm.

So kann es weitergehen. Einfache Weisheiten entlarven sich besonders dann, wenn man versucht, Kindern die Hintergründe zu erklären und dabei trotz aller Vereinfachungen bei der Wahrheit zu bleiben. Die Unterhaltung soll schließlich nicht oberlehrerhaft daherkommen, sondern zum Nachdenken anregen, eigene Schlüsse zulassen. Bei der Tochter kommt das an. Vielleicht gilt das für viele Menschen, doch immer weniger politische oder ökonomische Kommentatoren beherzigen diese Regel. Dabei ist das Leben eines ganz gewiss nicht: nur schwarz und weiß.

Wie sehr die Menschen stets auf der Suche nach richtigen Antworten sind, zeigen zwei weitere Ereignisse dieser Woche: Der Londoner Bürgermeister Boris Johnson zum Beispiel hat sich für die Großverdiener im Bankenviertel der britischen Hauptstadt starkgemacht: „Gier ist ein wertvoller Ansporn für wirtschaftliche Betätigungen“, sagte Johnson in einer Rede zum Gedenken an die frühere britische Premierministerin Margaret Thatcher. Da ist bestimmt was dran. Selbst Kinder wissen davon schon ein Lied zu singen, besonders vor Weihnachten.

Und dann gibt ja noch den Papst

Andererseits gibt es da ja noch den Papst: Zur Christenpflicht gehört es nach seiner Meinung, konkrete Hilfe zu leisten und sich um die Behebung der strukturellen Ursachen für Armut weltweit zu bemühen. Dazu gehört für Franziskus die Ablehnung des aktuellen Wirtschaftssystems, das einen Großteil der Menschheit von ihrem Recht auf Teilhabe an allen Gütern der Erde ausschließe. Ohne eine Regulierung der Märkte lindert auch Wachstum nach den Worten des Papstes nicht die weltweite Armut. Und auch da würde nicht nur die Tochter gewiss beherzt zustimmen.

Wo liegt die Wahrheit? In der Mitte, müsste man dem Kind wohl erklären – und auch, dass es beruhigt weiter an seinem Wunschzettel für das bevorstehende Weihnachtsfest arbeiten kann. Das gilt gewiss in vielen Familien so. Schließlich ist die Konsumlaune nach den Angaben der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) gerade in Deutschland ungebrochen. Und vielleicht fällt am Ausgang nach dem Gottesdienst zum Fest ja auch die Spende an „Brot für die Welt“ etwas größer aus als sonst – wo das Geld doch sowieso keine Zinsen bringt.

Der Autor auf Twitter: www.twitter.com/carstenknop