Führende Unternehmer der Technologiebranche haben auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos im Umgang mit den Daten ihrer Nutzer mehr Transparenz von den Staaten und ihren Behörden gefordert. Zudem brauche die Welt bessere und einheitlichere Gesetze für den Umgang mit diesen Daten. „Die Kunden müssen wissen, was mit ihren Daten geschieht. Deshalb müssen uns die Staaten mehr Freiheiten geben, über entsprechende Anfragen ihrerseits zu berichten“, sagte Marissa Mayer, die Vorstandsvorsitzende des Internetkonzerns Yahoo. „Und es wäre gut, wenn es auf der Welt eine verlässliche und einheitliche Regulierung zum Thema Daten und Datenschutz gäbe“, sagte John Chambers, der Vorstandsvorsitzende des Netzwerkausrüsters Cisco.
Die Technik ist der Gesetzeslage voraus
In diesem Punkt waren sich sogar alle Podiumsteilnehmer einig: Die Technologie sei der jeweiligen Gesetzeslage weit voraus, womit die Branche gewisse Parallelen mit der Finanzwirtschaft vor dem Ausbruch der jüngsten Krise hat. „Die Gesetzgebung hat aufzuholen“, stellte auch Gavin Patterson fest, der Vorstandsvorsitzende der britischen BT Group. Denn die Vernetzung der Welt beschleunigt sich, ob mit oder ohne Datenschutzdiskussion. Die Geschwindigkeit der Mobilfunknetze wird sich nach Ansicht des Vorstandsvorsitzenden des amerikanischen Telekommunikationskonzerns AT&T, gemessen an ihrem Ausbauzustand, auch in Europa im laufenden Jahr verdoppeln: „Jedenfalls wäre ich enttäsucht, wenn es nicht so wäre“, sagt Randall Stephenson.
Zudem verlege AT & T in immer mehr amerikanischen Städten modernste Glasfaserkabel – und in vielen anderen Regionen der Welt geschehe Vergleichbares. Wegen dieser Veränderungen glaubt Mayer, dass sowohl das mobile Internet als auch das Internet der Dinge, also die Vernetzung einzelner Produkte, in diesem Jahr vor einem Wendepunkt stehen. Sie würden das Leben verändern wie nie zuvor: Konkret würden auf die Angebote von Yahoo am Ende dieses Jahres mehr Menschen von einem Mobiltelefon aus zugreifen als von einem stationären Personalcomputer.
Siegeszug der Sharing-Economy
Hinzu kämen die Auswirkungen der sogenannten „Sharing Economy“, also des Verleihens von Autos oder Wohnungen über das Internet – an zuvor völlig unbekannte Personen, denen Bewertungen in entsprechenden Apps im Internet erst das nötige Vertrauen verliehen: „150 000 Menschen haben im vergangenen Jahr Übernachtungsgäste über Airbnb gesucht und gefunden, 56 Prozent würden ihre Autos an Fremde vermieten“, sagte Mayer. Hier entstehe eine völlig neue Art des Wirtschaftens.
Nutzer müssen entscheiden können
Wegen des großen Nutzens solcher Angebote sei es auch ausgeschlossen, dass es im Internet irgendwann einmal eine hundertprozentig geschützte Privatsphäre geben könne. Aber die Menschen müssten in die Lage versetzt werden, aufgeklärter darüber zu entscheiden, was mit ihren Daten geschehe. Es gelte, den Nutzern bewusste Entscheidungen über den Umgang mit ihren Daten zu ermöglichen – sie müssten stets wissen, in welchem Kontext diese später eingesetzt würden. Ausdrücklich lobte Marc Benioff, der Vorstandsvorsitzende des amerikanischen Softwareunternehmens Salesforce.com, vor diesem Hintergrund die deutsche Diskussion und Haltung zu diesen Themen: „Die Deutschen machen es genau richtig, wenn sie sagen, dass die Daten dem Nutzer gehören und niemandem sonst.“
Ohnehin gelte es zu verstehen, dass die neue Welt des industriellen Echtzeit-Internets den Kunden und seine Wünsche endgültig in den Mittelpunkt eines jeden unternehmerischen Handelns stelle: „Das Internet ist letztlich niemals ein Internet der Dinge, sondern der Menschen“, sagte Benioff. Und dem Produktivitätsdruck, den das Internet entfalte, könnten sich immer weniger Branchen entziehen. In dieser Hinsicht stünden sowohl die Gesundheitswirtschaft, das Bildungswesen, aber auch die öffentliche Verwaltung unmittelbar vor ihrer IT-Revolution.
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