Der britische Premierminister David Cameron will die Förderung von Schiefergas durch das sogenannte „Fracking“ nutzen, um die Wirtschaft in seinem Land und in Europa wieder wettbewerbsfähiger zu machen. „Wir brauchen die Möglichkeiten durch das Schiefergas. Ich verstehe die Sorgen der Umweltschützer. Aber es ist auch möglich, dass das Schiefergas bei seiner Nutzung sogar weniger CO2 emittiert als Erdgas“, sagte Cameron am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos. Zu harte Vorschriften gegen Schiefergas wären abträglich, ist Cameron überzeugt: „Europa würde darunter leiden.“ In den Vereinigten Staaten seien durch das sogenannte Fracking in den vergangenen Jahren rund eine Million neue Arbeitsplätze geschaffen worden: „Das müssen die europäischen Politiker begreifen.“
Europa braucht bezahlbare Energie
Wenn Europa Chancen wie die durch das Fracking ergreife, werde es möglich, nicht zu einem Verlierer der Globalisierung zu werden. Schon heute kämen Arbeitsplätze aus dem Osten zum Teil wieder in den Westen zurück, weil die Unternehmen mit der Produktion näher an ihren Kunden sein wollten. Diesen Trend gelte es durch Deregulierung, niedrigere Steuern, eine bessere Infrastruktur, aber eben auch eine bezahlbare Energie zu verstärken.
Cameron steht mit dieser Beobachtung auf dem Weltwirtschaftsforum nicht allein. Verschiedene Vertreter der Energiewirtschaft aus Europa, Asien und Amerika werden in Davos nicht müde, auf die Veränderungen zu verweisen, die das billige Schiefergas für den Weltenergiemarkt mit sich bringt. Derzeit sorgt der Schiefergasboom dafür, dass der Gaspreis in Europa um den Faktor drei und in Asien um den Faktor fünf über dem in den Vereinigten Staaten liegt. Das ist für die amerikanische Wirtschaft ein immenser Wettbewerbsvorteil. Verwiesen wird in diesem Zusammenhang auch auf den kurz vor Beginn des Forums vorgelegten „Energy Outlook 2035“ des Energiekonzerns BP. Danach steigt die Nachfrage für Öl und Kohle in den kommenden Jahrzehnten am langsamsten, Schiefergas und erneuerbare Energien werden dagegen wichtiger.
Der Schiefergasschock
Ein „Schiefergasschock“ wird die Vereinigten Staaten nach Ansicht der Autoren der Studie unabhängig von Energieimporten machen: 71 Prozent des auf der ganzen Welt produzierten Schiefergases würden im Jahr 2035 aus den Vereinigten Staaten kommen. Bis dahin werde China der zweitgrößte Produzent von Schiefergas sein. Dem Bericht zufolge wird der Energiebedarf auf der ganzen Welt bis zum Jahr 2035 um 1,5 Prozent im Jahr wachsen. Rund 95 Prozent des Wachstums kommen dabei aus den Schwellenländern – in den westlichen Industrieländern hingegen werden die Bemühungen zu einem immer effizienteren Einsatz von Energie zunehmende Früchte tragen. Europa wird nach den Aussagen der Studie immer abhängiger von Importen, vor allem von Gas aus dem Ausland. Cameron wird die Studie von BP gelesen haben, bevor er nach Davos gereist ist.
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