Für einkommensschwache Haushalte kann die Belastung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) existentiell werden. Zwei Wirtschaftswissenschaftler des Westfälischen Energieinstituts haben festgestellt, dass die Kosten der Energiewende bis 2013 bei Strom zu einem Preisaufschlag von 47 Prozent geführt haben. Dadurch sei die Zahl der Menschen, die einen ungebührlich hohen Anteil ihres verfügbaren Einkommens für Elektrizität aufwenden müssen, um 1,7 Millionen auf 5 Millionen gestiegen, heißt es in ihrem Gutachten.
Weitere Netzinvestitionen sowie die Bereitstellung von Sicherheits- („Back-up“) und Speicherkapazitäten werden zu steigenden Netzentgelten und neuen Umlagen auf die Stromverbraucher führen. Klaus Engel, der Vorstandsvorsitzende des Spezialchemiekonzerns Evonik, will als Moderator des Initiativkreises Ruhr mit dem Bundeswirtschafts- und energieminister Sigmar Gabriel am 8. März in einer geschlossenen Veranstaltung über die Analyse sprechen. Das Gutachten liegt der F.A.Z. exklusiv vor.
„Diese Zahl darf man nicht kleinreden. 5 Millionen Betroffene sind beachtlich, selbst wenn man sie ins Verhältnis zur Gesamtbevölkerung von 80 Millionen Einwohnern setzt“, sagt Heinz Bontrup. Der Professor ist mit seinem Kollegen Ralf Marquardt für den Initiativkreis Autor des Textes mit dem Titel: „Verteilungskonflikte infolge der Energiewende: Elektrizitätsarmut“. Die Professoren gehen davon aus, dass der Kreis der Betroffenen noch wachsen wird. In einigen hunderttausend Haushalten ist die Stromzufuhr wegen unbezahlter Rechnungen abgestellt – und auch ihre Zahl steigt.
Insgesamt ist die Grenze der Belastbarkeit noch lange nicht erreicht
Wahr ist aber auch: In knapp 30 Millionen Haushalten liegt der Stromausgabenanteil lediglich zwischen 3,6 und 1,3 Prozent. So wird auch hier die immer größere Kluft zwischen einem wirklich armen Teil der deutschen Bevölkerung und dem sehr viel besser situierten Rest deutlich. Für die Gesellschaft insgesamt ist die Grenze der Belastbarkeit durch steigende Energiepreise noch lange nicht erreicht. Aber: „Auch wenn die große Mehrheit der Haushalte in Deutschland die höheren Stromkosten stemmen kann, müssen wir uns unverzüglich um jene kümmern, die den stetigen Anstieg nicht mehr finanzieren können“, sagt Initiativkreis-Moderator Engel. Elektrizität gehöre, unabhängig vom Einkommen, zur Grundversorgung. Hier sei an erster Stelle die Sozialpolitik am Zug.
Nach Definition der beiden Professoren gibt es in Haushalten „Elektrizitätsarmut“, wenn mindestens 5 Prozent der verfügbaren Mittel für Strom ausgegeben werden müssen. Während die Energiearmut auch durch die Preisentwicklung von Erdöl und Erdgas verursacht wird, konzentriert sich das Gutachten auf die messbaren Kosteneinflüsse der umweltorientierten Energiepolitik auf den Strompreisanstieg – angefangen bei der 1999 zur Finanzierung der Rentenkasse eingeführten „Ökosteuer“ über das 2000 geschaffene und mehrfach novellierte Erneuerbare-Energien-Gesetz bis zur 2011 nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima beschlossenen „großen Energiewende“ mit dem endgültigen Beschluss zum Atomausstieg.
Plus 47 Prozent
Die Arbeitsbasis für die Analyse der unterschiedlichen Haushaltseinkommen ist ein seit 1998 für einen privaten Drei-Personen-Musterhaushalt im Durchschnitt um 11,6 Cent je Kilowattstunde auf 28,7 Cent gestiegener Strompreis. Wäre der Strompreis mit dem allgemeinen Anstieg der Verbraucherpreise gewachsen, dann hätte sich unter Berücksichtigung der steuerlichen Effekte die Kilowattstunde nur auf 19,57 Cent verteuert. Das ergibt für die privaten Haushalte im Jahr 2013 einen durch die Energiewende verursachten um 47 Prozent höheren Strompreis.
In dem Gutachten werden mit diesen beiden Preisen die Belastungen der Netto-Einkommen in Haushalten mit Allein- oder Doppelverdienern, Vollzeitbeschäftigten, Niedriglohnempfängern, Rentnern und Empfängern von Transferzahlungen analysiert. Untersucht werden acht Einkommensklassen mit mittleren Budgets von 450 bis 6500 Euro, welche die Finanzlage von knapp 40 Millionen Haushalten mit gut 79 Millionen Menschen spiegeln. „Wir waren überrascht, dass Strom im Warenkorb nur 2,3 Prozent ausmacht“, sagt Marquardt. Deshalb betrage der Energiewende-Effekt nur einen zusätzlichen Prozentpunkt.
Angesichts dieses relativ geringen Gewichts sieht Bontrup zu wenig Druck auf die große Mehrheit der Haushalte, den Verbrauch effizienter zu gestalten: „Was sind bei 3500 kWh Jahresverbrauch für Besserverdienende schon 83 Euro im Monat? Und den Haushalten, für die dieser Betrag schmerzlich ist, fehlt das Geld, um auf effizientere Geräte umzurüsten.“ Die Studie zeigt in den 10,5 Millionen Haushalten der beiden untersten Einkommensklassen aber eben auch, dass bei 5,5 Millionen Menschen die Ausgabenquote von 5 bis 9,1 Prozent reicht und dort Elektrizitätsarmut herrscht.
Chancen und Lasten gerecht verteilen
Die Energiewende könne nur gelingen, wenn die Chancen und Lasten zwischen allen Beteiligten gerecht verteilt würden, sagt Engel dazu. „Das Gutachten nimmt eine Menge heißer Luft aus der öffentlichen Diskussion über die Energiewende. Wir müssen nun endlich damit aufhören, die privaten Haushalte und die Industrie gegeneinander auszuspielen.“
25 Jahre nach der Gründung wird der Initiativkreis Ruhr von fast 70 Unternehmen, Banken und Organisationen getragen. Nicht wenige davon leiden als energieintensive Unternehmen unter dem gewaltigen Stromkostenauftrieb, darunter Namen wie Bayer Materials, Deutsche Bahn, Evonik, Grillo-Werke, Thyssen-Krupp und Trimet Aluminium oder, wie Eon und RWE, unter den von der Energiewende mit verursachten Verwerfungen am Strommarkt.
Öffentlich bekennen sich deren Vertreter durchweg zur Energiewende. Aber in privateren Gesprächen berichten manche Vorstände unumwunden, dass sie wegen der Folgen der Energiewende in Deutschland keine großen neuen Kapazitäten mehr errichten können. Die beiden Professoren betrachten das aus der Perspektive der Arbeitnehmer: „Je nach Preiselastizität wälzen Unternehmen den Kostenanstieg manchmal über mehrere Wertschöpfungsstufen komplett weiter“, sagt Marquardt.
Die Wissenschaftler schätzen, dass die Kosten der Energiewende auf diesem Weg die Preise im Warenkorb um maximal 2 weitere Prozentpunkte gesteigert hat. Wo das Überwälzen aus Wettbewerbsgründen nur unzureichend oder gar nicht gelinge und die Energiekosten die Erträge schmälerten, beginne zwangsläufig ein interner Verteilungskampf. „Und den verliert in der Regel der Arbeitnehmer“, sagt Marquardt.
Kredite her?
Vor diesem Hintergrund halten die beiden Professoren den im Januar von der bayerischen Wirtschaftsministerin Ilse Aigner vorgeschlagenen, aber von Ministerpräsident Horst Seehofer abgeblockten Vorschlag der kreditfinanzierten Energiewende für überlegenswert. „Die Infrastruktur, die jetzt gebaut wird, wird sich auf längere Sicht amortisieren. Wenn davon spätere Generationen profitieren, ist es doch gerecht, wenn die dann auch die Kredite tilgen“, sagt Marquardt.
Unter federführender Mitarbeit von Werner Sturbeck.
Jetzige EEG-Infrastruktur * spätere Generationen profitieren? Träum weiter, Prof. Schilda!
Ja, wenn diese Ausgaben für Windräder, Sonnen-Kollektoren, Leitungen und Speicher, die die “Energiewende” mit sich bringt, wirklich zukunftsträchtige Investitionen wären, könnte man sich damit anfreunden.
Leider ist aber nicht damit zu rechnen, daß aus diesem EE-Ansatz jemals ein Nettoertrag erwächst, auch wenn die noblen Mitglieder des RIK in der Öffentlichkeit tönen, sie unterstützten die Energiewende. Warum reden sie dann im vertrauten Kreis anders? Warum diese Leisetreterei?
Die beiden Professoren sollten sich mal den Vortrag “Energiewende ins Nichts” ihres Kollegen Sinn ansehen; vielleicht begreifen sie ja dann den UNSINN des ganzen EE-Spektakels, über dessen Urheber man herzlich lachen könnte – wie früher über die Bürger von SCHILDA, wenn es nicht 20 Mrd EUR/J kosten würde.
Wie der Artikel richtig ausführt,
sind die Kosten der Energiewende kein grundsätzliches Problem, sondern nur ein sozio-ökonomisches Verteilungsproblem. Wenn die Einkommens-Schere in der Gesellschaft immer weiter auseinander geht und Teile der Bevölkerung mit sinkenden Einkommen zu kämpfen haben, dann zeigt sich dieses Problem eben auch in “Energiearmut”. Ein erster Schritt könnte z.B. sein, dass H4-Empfänger eine Pauschale für die Deckung des Strombedarfs gezahlt wird. Genauso wie es bei den Heiz- und Mietkosten bereits seit Jahren Praxis ist.
Weitere Schritte könnten eine größere Verteilungsgerechtigkeit bei der Förderung der EE sein. Zumindest in der Höhe der in den letzten Jahren gesunkenen Großhandelspreise für Strom könnte sich auch die energieintensive Industrie an den Kosten beteiligen. Eine Befreiung von den Kosten sollte auch daran gekoppelt werden, dass ein Teil des eingesparten Betrages in energiesparende Techniken investiert werden muss. Soll einer sagen, dass das zu viel verlangt wäre?!
Mit Verlaub, Herr Wrobel
glauben Sie allen Ernstes, der “energieintensiven Industrie” Ratschläge zu “energiesparenden Technik” geben zu können?
Kopfbelastung ist eine Idee der Linken,
das ist zwar seltsam, aber Tatsache.
Während früher (vor “Grün”) allgemeine Aufgaben steuerlich erhoben wurden (ergo Besserverdiener mehr zahlten), werden neuderdings immer mehr Belastungen pro Kopf erhoben.
Angefangen hat das bei Stromkosten nicht mit dem EEG, sondern mit der Stromsteuer (immer noch der größte Anteil an Stromkosten!).
Das sollte mal eine Belastung sein, die zum Energiesparen zwingt, wurde dann aber für die Rentenkasse verwendet.
Allerdings trifft das nur die Wenigverdiener – Besserverdiener merken diese kleine Belastung kaum.
Die Energiewende wurde auch so finanziert und das freut die PV-Besitzer (=Bessetverdiener) immens.
Zum Glück sind Wenigverdiener auch wenig intelligent, deshalb merken die das nicht. Und wählen weiterhin die eigenen Schlächter. Darum nur weiter so,
ich bin zum Glück Besserverdiener (und Vermieter, und deshalb sind mir die Stromrechnungen meiner Mieter ziemlich egal, selbst schuld, diese Schwachmaten.)
Teuer ...
… kommt es das gesamte VOLK, was sich Konzerne, Banken und Politiker mit Hilfe ihres Interessensfilzes in die Taschen stecken.
Die erneuerbaren Energien sind so flexibel einsetzbar wie die der etablierten Konzerne keinesfalls sein können. Sie sind lokal einsetzbar und damit demokratischer nutzbar.
Die Atom-Energie war nie rentabel, sie musste immer subventioniert werden, das heisst vom STAAT = wir, das Volk, also zahlen wir doppelt.
Es geht garnicht, dass die Konzerne mehr Subventionen bekommen als die Erneuerbaren, die NOCH IN DER ENTWICKLUNG sind.
Die verfilzte Gemeinschaft von Wirtschaft, Finanzen und POLITIK und auch Wissenschaft vergisst ständig, dass sie in der DEMOKRATIE dem SOUVERÄN VOLK zu dienen hat.
WIR ENBTSCHEIDEN
SO IST ES
ICH BIN LUISE
ohne Systemwende profitieren die Kapitalstock- und Kredit-Anbieter einseitig von der Energiewende
Das 2%Wachstumszwang-System der Kapitalstock- und Kreditmaximierer beutet auch die Energiewende für ihre Interessen aus. Ein weiterer Schub für ihre Vorherrschaft undhin auf den Systemabsturz.
Erst nach der ‘Systemwende’ drehen sich die Verhältnisse und die Perspektive um. Die Systemwende ist durch die ökologische Umfinanzierung der sozialen und staatlichen Leistungen – und noch etwas mehr in Richtung Nachhaltigkeit – erreichbar. Die revolutionäre Lage und Gruppe wird sich für diese Umslteuerungs-Projekt schon noch ergeben.
1998 für einen privaten Drei-Personen-Musterhaushalt im Durchschnitt um 11,6 Cent je Kilowattstund
auf 28,7 Cent gestiegener Strompreis. Und das haben wir ausschließlich den Grünen und dem Grünen Traum zu verdanken der sich nach und nach als Albtraum herausstellt.
Weil niemals wirklich CO2 eingespart und niemals ohne Parallel laufende konventionelle Kraftwerke Versorgungssicherheit möglich ist.
Gerade die ärmere Bevölkerung = alle die weniger als 2000Netto im Monat oder Brutto 2800 € Einkommen haben leiden unter diesem Wahnwitz.
Wenn es irgend eine Chance gäbe etwas positives zu erreichen mag man es verteidigen.
Nur es kann niemals positiv werden nur ununterbrochen sehr viel teurer.