Ad hoc

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Unternehmen bestimmen unser tägliches Leben. Aber was bewegt die Unternehmer? Über Trends, Technologien und Menschen, die sie bestimmen.

Beteiligungsgesellschaft Fosun: Der Warren Buffett Chinas

In China wird es bis dahin 200 Städte mit mehr als einer Million Einwohner geben. Von diesen Entwicklungen will die chinesische Beteiligungsgesellschaft Fosun profitieren. Ihr geht es darum, westlichen Lebensstil für die chinesische Mittelschicht bezahlbar zu machen, sei es über den Kauf von Modeunternehmen mit Marken wie „St. John“, über Urlaubskonzerne wie Club Med oder die deutsche BHF-Bank.

Nach den Prognosen der Bank HSBC Trinkaus wird China bis zum Jahr 2030 Frankreich als wichtigsten Handelspartner Deutschlands ablösen. Zudem wird sich die chinesische Mittelschicht bis zum Jahr 2050 auf rund 700 Millionen Menschen vergrößern – das sind doppelt so viele Menschen wie die Bevölkerung der Vereinigten Staaten. In China wird es bis dahin 200 Städte mit mehr als einer Million Einwohner geben. Von diesen Entwicklungen will die chinesische Beteiligungsgesellschaft Fosun profitieren. Ihr geht es darum, westlichen Lebensstil für die chinesische Mittelschicht bezahlbar zu machen, sei es über den Kauf von Modeunternehmen mit Marken wie „St. John“, über Urlaubskonzerne wie Club Med oder Anbieter von Lebensversicherungen wie die jüngst von Fosun erworbene Lebensversicherungsgesllschaft in Portugal. Zudem ist Fosun in seiner Heimat im Bergbau, in der Pharmazie und in der Stahlherstellung tätig.

Das alles war zuletzt ein durchaus profitables Geschäft. Der auf die Muttergesellschaft entfallende Nettogewinn der Gruppe ist nach den jüngsten verfügbaren Zahlen im Jahr 2013 auf 5,5 Milliarden Renminbi (rund 890 Millionen Dollar) gestiegen, was einem Zuwachs von 48,9 Prozent entspricht. Das Ferienclubunternehmen Club Med will Fosun noch in diesem Jahr gemeinsam mit anderen Investoren und den Führungskräften im Rahmen eines sogenannten Management-Buy-out vollständig übernehmen – und danach von der Börse nehmen.

Das Unternehmen steht damit beispielhaft für die Strategie, vergleichsweise starke Marken günstig einzukaufen, was bei Club Med angesichts der Krise, in der die Franzosen vor einigen Jahren steckten, durchaus gelungen ist. Eine ähnliche Strategie darf hinter dem Einstieg bei der BHF-Bank vermutet werden. Auch hier wurde letztlich ein sehr viel geringerer Preis gezahlt, als es der Verkäufer Deutsche Bank zunächst erhofft hatte. Zugleich hat die Marke trotz aller Wirren der vergangenen Jahre unter vermögenden Privatkunden kaum an Glanz eingebüßt. Fosun International ist seit 2007 an der Börse Hongkong notiert.

Mein Kollege Gerald Braunberger und ich haben Guo Guangchang, den Chairman der Fosun-Gruppe, zu einem Gespräch in Frankfurt getroffen.

Herr Guo, Ihre Beteiligungsgesellschaft Fosun hält seit ein paar Tagen einen Anteil von 19,2 Prozent an der neuen BHF-Bank und der Kleinwort-Gruppe: Hier eine traditionsreiche deutsche Privatbank, dort ein noch recht junges chinesisches Beteiligungsunternehmen – wie passt das zusammen?

Sehr gut, weil wir hier in Frankfurt auch ein ausgezeichnetes Management-Team übernommen haben und gemeinsam neue Wachstumschancen erschließen werden. Das gilt sowohl für die vermögenden Privatkunden der BHF-Bank auf der einen Seite als auch für chinesische Unternehmer auf der anderen Seite. Die BHF-Bank kann mit unserer Hilfe zu einer Brücke für deutsche und chinesische Unternehmer gleichermaßen werden.

Gibt es dafür denn einen Bedarf auch in China?

Eindeutig ja, immer mehr chinesische Unternehmer suchen kompetente Ansprechpartner, die ihre Vermögen auch im Ausland verwalten können.

Sie haben zuletzt auch in Versicherungen investiert, zum Beispiel in einen entsprechenden Anbieter in Portugal. Erwarten Sie in der Zusammenarbeit mit der BHF-Bank Synergien?

Nun, das Geschäft mit der BHF-Bank ist insgesamt zwei Jahre lang geprüft worden – und zu Beginn der Prüfung hatten wir das Investment in Portugal noch nicht geplant. Nun könnte es sich aber tatsächlich so fügen, dass auch gemeinsam Produkte entwickelt werden können.

Warum sollten sich Unternehmer oder Anleger, die sich für den chinesischen Markt interessieren, denn künftig an die BHF-Bank und Fosun wenden – und nicht etwa an einen großen Wettbewerber wie die HSBC?

Ganz einfach: Weil wir uns in der chinesischen Industrie und auf dem chinesischen Markt bestens auskennen. Wir sind an vielen Unternehmen beteiligt. Wir haben ein tiefes Verständnis von China und verfügen zudem über eine globale Reichweite.

Und die BHF-Bank?

Sie hat zum Beispiel unsere Pharmasparte an die Börse in Hongkong begleitet. Das war für alle Beteiligten – und damit auch für die Bank und vor allem für die Kunden der BHF – ein sehr, sehr gutes Geschäft. Vergessen Sie zudem nicht: Eine so große Bank wie etwa die HSBC wird sich nie so stark auf einen einzelnen Kunden konzentrieren können wie die BHF.

Spüren Sie Widerstände, wenn Sie Unternehmen oder Finanzdienstleister im Ausland und besonders in Europa erwerben, oder werden Sie freundlich empfangen?

Wir werden freundlich empfangen. Das liegt gewiss auch daran, dass wir uns stets als langfristige Investoren engagieren, das Geschäft mit unseren Verbindungen nach China weiterentwickeln wollen und es nicht in erster Linie darum geht, Personal abzubauen und dann schnell weiterzuziehen. Wir wollen als Investor sehr transparent sein, uns sozial verantwortlich verhalten und das Managementteam der Unternehmen, in die wir investieren, unterstützen.

Deshalb werden Sie oft mit Warren Buffett verglichen.

Ja, wir folgen in unserer Investmentstrategie Warren Buffett und seinem Beteiligungsunternehmen Berkshire Hathaway, diese Idee liegt allen unseren Beteiligungen zugrunde. Fosun verfolgt dabei ein Entwicklungsmodell, das wir das „TwinDriver“-Konzept nennen. Das heißt, wir werden zum einen den umfassenden versicherungsorientierten Ansatz verstärkt ausbauen, um so der Gruppe den Zugang zu langfristigem, qualitativ hochwertigem Kapital zu sichern. Gleichzeitig werden wir unseren Ansatz weiterverfolgen, weltweit in die grundlegenden Industrien zu investieren. Das entspricht dem Fosun-Prinzip, nur werthaltige Investments einzugehen.

Nun wird in der BHF-Bank aber durchaus Personal abgebaut …

Das Wichtigste für jedes Unternehmen ist es, sich stetig weiterzuentwickeln und an Effizienz zu gewinnen. Hierzu wollen wir bei den Unternehmen, in die wir investieren, einen Beitrag leisten und so den Unternehmenswert steigern. Im Vordergrund steht die Zukunftsperspektive einer expandierenden Bank.

Streben Sie dabei bestimmte Renditeziele an?

Nein, da haben wir uns keine Ziele gesetzt, die man an einer bestimmten Zahl festmachen könnte.

Nur zum Verständnis: Ihre Beteiligung an der BHF-Bank wird bald in Aktien des mehrheitlichen BHF-Erwerbers RHJI getauscht?

Ja, das stimmt. Das ist aber eine technische Angelegenheit. Wir sind hier eingestiegen, um die BHF-Bank weiterzuentwickeln. Die BHF-Bank ist das Herzstück unseres Investments. Allein darum geht es.

Planen Sie weitere Übernahmen in Europa?

Wir prüfen ständig Möglichkeiten. Derzeit geht es aber darum, sich voll auf die beiden Neuerwerbungen in Portugal zu konzentrieren und natürlich die BHF-Bank hier in Frankfurt zu unterstützen.

Könnten Sie sich auch vorstellen, eine Bank in den Vereinigten Staaten zu kaufen? Dort haben Sie in dieser Hinsicht noch einen weißen Fleck auf der Landkarte.

Nein, das haben wir nicht vor.

Müssen wir uns mit Blick auf das Bankgeschäft in China Sorgen machen? Dort ist zuletzt von einem hohen Abschreibungsbedarf für notleidende Kredite die Rede.

Es gibt einige Bereiche, in denen Anpassungen vorgenommen werden müssen. Das stimmt. Es besteht aber überhaupt kein Grund, deshalb eine Krise zu erwarten. Das ist alles ohne Schwierigkeiten in den Griff zu bekommen. China ist auch grundsätzlich auf einem guten Weg, in den kommenden Jahren um jeweils gut 7 Prozent zu wachsen. Die Unternehmen sind zwar recht hoch verschuldet, die Staatsverschuldung bewegt sich aber schon in einem normalen Rahmen – und vor allem die privaten Konsumenten haben bisher kaum Schulden. Und wenn die Regierung ein entsprechendes Verhalten unterstützen sollte, zum Beispiel mit Blick auf die soziale Absicherung, werden die Privatleute auch bereit sein, künftig mehr Geld auszugeben. 

Ihr Geschäftsmodell zielt über die Industriebeteiligungen auf ein konstantes Wachstum in China ab, aber auch darauf, dass die Menschen künftig mehr sparen und etwas für ihre Altersvorsorge tun, richtig?

Ja, wir fokussieren uns auf die Wünsche des stark wachsenden Mittelstands in China und wollen ihn zum einen mit innovativen Finanz- und Altersvorsorgeprodukten bedienen, aber auch mit Modeartikeln von starken Marken oder mit Urlaubsangeboten etwa von unserer Beteiligungsgesellschaft Club Med.

Und das funktioniert?

Eindeutig ja. Wir betreiben inzwischen zum Beispiel zwei Club-Med-Anlagen in China, und die dritte wird bald eröffnen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass es irgendwann einmal 30 solcher Anlagen sein könnten.

Die Luftverschmutzung in China wird kein Hindernis für Ihre Wachstumshoffnungen sein?

Nein, denn alle Chinesen wollen, dass das Problem gelöst wird. Und deshalb werden wir es auch lösen, das zeigt ein Blick in unsere Geschichte. Das wird übrigens eine große Chance für Anbieter von Umwelttechnik gerade auch aus Deutschland. Die schauen wir uns sehr genau an. Und vergessen Sie nicht, auch in London oder in deutschen Städten wie Frankfurt gab es große Probleme mit der Luftverschmutzung. Und diese Herausforderungen haben sie gemeistert. Wir können von den Erfahrungen, die hier gemacht worden sind, lernen und das Problem lösen.

Wie wichtig ist für Sie die neue Renminbi-Clearing-Bank, die nun in Frankfurt entstehen soll?

Das ist ein sehr gutes Zeichen und kommt mit Blick auf unseren Einstieg bei der BHF-Bank zu einem guten Zeitpunkt.

Der Autor auf Twitter: www.twitter.com/carstenknop