Der deutsche Mittelstand geht wieder mit mehr Zuversicht in die Zukunft. Denn die Bereitschaft, längerfristige Investitionsentscheidungen zu treffen und die entsprechenden Risiken einzugehen, ist seit dem Jahr 2012 signifikant gestiegen. Das ist das entscheidende Ergebnis einer Befragung von mehr als 4000 deutschen Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mindestens 2,5 Millionen Euro, die das Marktforschungsinstitut TNS Infratest im Auftrag der Commerzabank durchgeführt hat. Die dabei entstandende Studie im Rahmen der Reihe „Unternehmer Perspektiven“ zeigt: 53 Prozent aller Unternehmen planen langfristig. Zwei Jahre zuvor waren das lediglich 37 Prozent.
Nur noch 42 Prozent (und damit 15 Prozentpunkte weniger als 2012) fahren auf Sicht und entscheiden flexibel: 45 Prozent der Unternehmen sehen in schwankenden Rohstoff- und Energiepreisen, 43 Prozent im anhaltenden Fachkräftemangel und 40 Prozent im insgesamt unsicheren wirtschaftlichen Umfeld die wesentlichen verbliebenen Investitionsbarrieren. Probleme bei der Finanzierung von Investitionen hingegen gibt es im gesamten Mittelstand kaum.
Bloß keine Kredite!
Fremdfinanzierung ist allerdings äußerst unbeliebt: Die Unternehmen versuchen, ihre Investitionen möglichst ohne Kredite zu tätigen. Nur 17 Prozent der Befragten sehen bei der Planung und Durchführung von Investitionen Finanzierungsprobleme. 15 Prozent haben Investitionsprobleme aufgrund von fehlendem Eigenkapital. 66 Prozent wollen Investitionen möglichst ohne Fremdkapital von Banken und Sparkassen tätigen.
Staat soll auch investieren – ohne neue Schulden
Eine überwältigende Mehrheit der Unternehmen sieht die Notwendigkeit, dass der Staat mehr investieren muss: sowohl in Bildung als auch in Infrastruktur. Der Mittelstand betont aber zugleich, dass die öffentlichen Haushalte saniert werden müssen und Investitionen daher nicht durch neue Schulden finanziert werden dürfen.
Die weiteren Ergebnisse zeigen: Im Mittelstand hält man den eigenen Betrieb wettbewerbsfähig. Man reagiert mit Investitionen auf Kundenerwartungen, sichert die Qualität, ersetzt Ausrüstung, senkt Kosten und investiert in Energieeffizienz. Deutlich seltener geben dagegen Expansionsbestrebungen oder neue Produkte Anlass, Geld zu investieren. Innovations- und wachstumsorientierte Unternehmen agieren stärker aus eigenem Antrieb und verfolgen neue, selbstgesetzte Unternehmensziele.
Die Erfolgreichen sind die qualitativ besser und innovativer
Überdurchschnittlich profitable Unternehmen investieren häufiger in die Qualität ihres Angebotes (76 Prozent), halten Schritt mit dem technologischen Fortschritt (70 Prozent) und kümmern sich um die regionale Ausweitung ihrer Geschäftstätigkeit im Inland (66 Prozent) und im Ausland (42 Prozent). Innovations- und wachstumsorientierte Unternehmen wiederum investieren stärker in die Entwicklung neuer Produkte (73 Prozent) und in deren Markteinführung (70 Prozent). Und der Anteil dieser Unternehmen, die in die Expansion ins Ausland investieren, ist fast doppelt so hoch wie der Bundesdurchschnitt (62 Prozent).
Die mittelständischen Unternehmen insgesamt investieren dabei am häufigsten in Informationstechnologie und Telekommunikations-Infrastruktur, in Büro- und Betriebseinrichtung und den Fuhrpark. Sie engagieren sich hier noch stärker als bei langfristigen Investitionen, wie Produktionsanlagen, Immobilien oder Unternehmensbeteiligungen. Innovationsführer setzen wieder andere Schwerpunkte: Sie investieren in Maschinen, Produktionsanlagen sowie Patente und planen Finanzmittel für strategische Kooperationen und Beteiligungen ein. Sehr viele Unternehmen geben Geld für Personal- und Organisationsentwicklung aus. Der Mittelstand will mit entsprechenden Investitionen dem Fachkräftemangel etwas entgegen setzen. Produktentwicklung und Markenaufbau sind weniger wichtig. Know-how sichern und Optimieren gehen offensichtlich vor Innovieren.
Mittelstand glaubt nicht an den Megatrend
Ein mittelstandsübergreifender Megatrend ist nicht in Sicht. Überhaupt sieht die Mehrheit der Unternehmen wenig Potenzial in wirtschaftlichen Megatrends, am ehesten noch in der weiter fortschreitenden Digitalisierung aller wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Prozesse. 41 Prozent der Unternehmen erkennen in der Digitalisierung aller Lebensbereiche am ehesten positive Geschäftsentwicklungen – gleichzeitig sehen hier aber 45 Prozent auch Investitionsbedarf.
49 Prozent der Befragten sehen zusätzliche Investitionsanstrengungen aufgrund des Fachkräftemangels auf sich zukommen, 43 Prozent erwarten zusätzliche Anstrengungen aufgrund des demografischen Wandels und der Energiewende.
50 Prozent der Unternehmen des Dienstleistungssektors sehen Chancen in der stetig fortschreitenden Digitalisierung, 52 erwarten allerdings auch entsprechende Investitionen. 32 Prozent des verarbeitenden Gewerbes sehen in dem unter dem Stichwort „Industrie 4.0“ zusammengefassten Phänomen Potenzial für mehr Geschäft. Allerdings meinen 28 Prozent, dass es auch entsprechender Investitionen bedarf.
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Neugierige Nachfrage - was genau ist daran interessant, dass man versucht, ohne Kredite
auszukommen? Mit Krediten begibt man sich – immer und unvermeidbar – in fremde Hände und wenn man Pech hat, in die Hände von Halsabschneidern und sonstigem Gelichter. Viel eher wäre zu begründen, wenn viele Unternehmen geantwortet hätte, dass sie es tun. Denn dass Banken NICHT im Interesse ihrer kreditaufnehmenden Kunden handeln, das sollte sich schon rumgesprochen haben.
Gruss,
Thorsten Haupts