Ad hoc

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Unternehmen bestimmen unser tägliches Leben. Aber was bewegt die Unternehmer? Über Trends, Technologien und Menschen, die sie bestimmen.

Auf einen Espresso: Besser spielen

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"Wir haben keinen Einfluss auf die Karten, die uns ausgeteilt werden. Aber wir haben Einfluss darauf, wie wir sie spielen.“ Der amerikanische Universitätsprofessor Randy Pausch war trotz seines frühen Todes mit seinem Leben zufrieden. Er hatte die Karten richtig gespielt – und gewiss keine Zeit für unnütze Pressemitteilungen.

Pünktlich zur Weltmeisterschaft in Brasilien gibt es fast kein Unternehmen mehr, das nicht versucht, aus dem Ereignis Kapital zu schlagen – und wenn es um profane Pressemitteilungen geht. So hat es sich der Kreditversicherer Euler Hermes in seiner jüngsten Insolvenzstudie nicht nehmen lassen, auch hier den „Weltmeister“ zu ermitteln. Das Ergebnis der Studie zeigt, so finden es jedenfalls die Autoren, „überraschende“ Parallelen zum Sport. Gemeint ist damit: Wer im Sport recht gut ist, hat auch stabile Unternehmen. So ganz allerdings geht die Rechnung nicht auf – und damit sie überhaupt funktioniert, wird allein mit der Veränderung der Zahl der Insolvenzen argumentiert, nicht mit dem absoluten Wert.

Schauen wir also genauer hin. Bei den Unternehmensinsolvenzen verzeichnet der amtierende Fußball-Weltmeister Spanien einen Rückgang von 23 Prozent im Vergleich zu 2013 und holt damit auch im Weltmeisterschafts-Ranking von Euler Hermes den „Titel“. Glückwunsch dazu an dieser Stelle. Es folgen die von Jürgen Klinsmann trainierten Vereinigten Staaten (minus 10 Prozent) und Großbritannien (minus 7 Prozent). Nun denn, die Vereinigten Staaten kämen also ins Finale. Ob man sich das in Brasilien an Ort und Stelle aber wirklich vorstellen kann?

Rote Karte für brutale Gedanken-Fouls

Deutschland erreicht nach Euler Hermes zwar das Spiel um Platz drei, geht aber letztlich mit dem undankbaren 4. Rang bei den Insolvenz-Medaillen leer aus, die ja eigentlich Insolvenz-Rückgangs-Medaillen sind. Eigentlich möchte man an dieser Stelle Euler Hermes schon die Rote Karte für brutale Gedanken-Fouls zeigen, aber es gibt ja noch Brasilien. Wie also steht es um den Gastgeber der Fußball-WM? Er geht in der Insolvenzstudie als großer Verlierer vom Platz: Die Euler-Hermes-Ökonomen prognostizieren einen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen um 9 Prozent. Drücken wir den Brasilianern also lieber die Daumen, dass spätestens hier die arg hingebogenen Parallelen zur Welt des Sports ein Ende haben und die Ökonomen die Presseabteilung nicht zu noch größerer Kreativität antreiben.

Wo wir gerade bei unsinnigen Pressemitteilungen zur WM sind: „Wussten Sie übrigens“, stand in einer anderen Aussendung, „dass nur 18 Prozent der Fußballclubs aus den Top-Ligen in Deutschland, England, Brasilien und Spanien über eine Website verfügen, die Sie auch problemlos mit Ihrem Smartphone aufrufen können, obwohl es auf der Welt mittlerweile mehr Handys gibt als Menschen?“ Nein, das wussten wir in der Flut unnützen Wissens, mit dem man täglich konfrontiert wird, bisher nicht – und beginnen gedankenschwer über den Sinn des Lebens nachzudenken, Fußball-WM hin oder her.

Wir arbeiten (zu) viel

Spannender ist es nämlich zu wissen, dass in Deutschland derzeit so viel gearbeitet wird wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr. Die Menge an produktiver Arbeit ist sogar so groß wie noch nie. Darauf deuten Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit hin. Hierzulande wurden in den ersten drei Monaten dieses Jahres insgesamt 15 Milliarden Stunden Arbeit geleistet. Dies seien 2,8 Prozent mehr als in der gleichen Zeitspanne des Jahres 2013. Insofern, liebe Arbeitgeber, lässt es sich doch verschmerzen, wenn die späten Fernsehübertragungen der WM-Spiele ein ganz klein wenig der ansonsten stets überragenden deutschen Produktivität kosten, oder? Gilt doch angesichts der vielen Arbeit, die die Deutschen ständig in ihr Leben packen, dass es noch andere Dinge gibt.

In einem ganz anderen Zusammenhang haben wir daher am Ende dieser Woche ein Buch in die Hand genommen. Es trägt den Titel „The Last Lecture“. Der Autor ist Randy Pausch, ein verstorbener amerikanischer Universitätsprofessor. Am 18. September 2007 hielt Pausch seine letzte Vorlesung. Er sprach aber weder über den Krebs, der ihn im Jahr darauf umbringen sollte, noch über seinen Umgang mit dem Tod. Er hielt eine humorvolle, lebensbejahende Rede. Aus der Vorlesung wurde das Buch. Es ist eine höchst lesenswerte Anleitung, jeden Moment im Leben zu genießen und sich nicht zu lange über Missgeschicke zu ärgern. Pausch stellt interessante Fragen: Verbringt man seine Zeit mit den richtigen Sachen? Hat man einen Plan für sein Leben? Nur dann kann man diesen nämlich auch bewusst ändern: „Wir haben keinen Einfluss auf die Karten, die uns ausgeteilt werden. Aber wir haben Einfluss darauf, wie wir sie spielen.“ Pausch war trotz seines frühen Todes zufrieden. Er hatte die Karten richtig gespielt – und gewiss keine Zeit für unnütze Pressemitteilungen.

Der Autor auf Twitter: www.twitter.com/carstenknop


2 Lesermeinungen

  1. MF87 sagt:

    Utilitarismus und Karten richtig spielen?//Rohstoff :Mensch mit Nützen.//Kosten-Nützen Analyse ?
    Das Nützlichheitsdenken ist immer ein lineare Funktion mit Variablen und Konstanten.Erfahrungen sammeln kann nützlich sein fürs Überleben. Und wie nützlich ist (moderne) Sklavenarbeit?Immer eine Frage der Nuance, wie mörderische Auseinandersetzungen (Schlacht) ökonomisch Profit erzeugen.Ein Staat hat keine Erinnerung.Lese ich Nützen dan denke ich an Joan Robinson und Gossen.
    Aber steigende Arbeitsproduktivität bedeutet kein wachsende Reichtum für Jeder.Es gibt ökonomisch “superfluous people”(OECD) !

    Aber,aber…Karten richtig spielen,nein dass bedeutet ein Verlust ,ein Verlust am Ehrfurcht vorm Wunder und Vielfalt des Lebens…und vor die Schöpfung des Unsagbares:”En-Sof”(hebräische Mystik: Das Nichts) und ein Verengung zur Machbarheitsvisionen und Optimalisierunsgedanken.

  2. JHWDH sagt:

    ...in der Flut unnützen Wissens, mit dem man täglich konfrontiert wird...
    Es gibt kein unnützes Wissen, aber “nicht persönlich nutzbares” Wissen, das die persönlich
    angestrebte Leben-weise, möglichst lastfreie Psyche-Seele-Zeit, persönliche Glück-Zeit,
    “Maß-los” belastet und der “glücklichen, weisen(melodischen), Lebenszeit” entgegen wirkt:=)

    Zitat:
    Nimm an, was nützlich ist. Lass weg, was unnütz ist. Und füge das hinzu, was dein “Eigenes” ist.
    Bruce Lee

    …wer zuviel arbeitet oder und liest, hat zu wenig Zeit zum Selber, Selbst “nach-denken”, “vor-denken”,
    …”Be(sein)-denken”, “rund-denken”, “rund-sein-denken”…Geist-“gesund-sein-denken”:=)
    Gibt es auch “Geist-Insolvenz”, auf Grund des “Eigen(es)”-“Denk-Mangels” und “nur” lesen?!:=)

    …humoriger, ironischer, wissenswerter, Wissen-Wert-weiser, weiser Leben-Wert,…
    Psyche-Seele erfreuender Beitrag? ja!:=) von Ihnen.

    Gruß
    W.H.

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