Ad hoc

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Unternehmen bestimmen unser tägliches Leben. Aber was bewegt die Unternehmer? Über Trends, Technologien und Menschen, die sie bestimmen.

Commerzbank sucht Ideen für das digitale Bankgeschäft

Die Banken hinken der Digitalisierung hinterher, es mangelt an neuen Ideen. Ein von der Commerzbank angeschobener Gründungs-Inkubator soll helfen, daran etwas zu ändern. Nun wurde die erste Investition verkündet - und Traxpay macht Appetit auf mehr.

So etwas hat es in Deutschland zuvor noch nicht gegeben: einen Inkubator für junge Unternehmen, die Technologien entwickeln, welche die besondere Welt der Banken fit für die digitale Zukunft machen. Das ist erstaunlich. Denn „hoher Wettbewerbsdruck, veränderte regulatorische Rahmenbedingungen und sich wandelnde Kundenbedürfnisse drängen Banken heute dazu, ihre Geschäftsmodelle grundlegend zu erneuern“, sagt Christian Hoppe, der Mitgründer und Geschäftsführer des Brutkastens mit dem vollen Namen Main Incubator GmbH: „Deshalb müssen wir uns bewegen. Wir müssen Trends mitgestalten.“

Das „Wir“ bemüht Hoppe, weil der Main Incubator von der Frankfurter Commerzbank ins Leben gerufen worden ist, einer Bank, die in den vergangenen Jahren erlebt hat, was es heißt, mit dem Rücken zur Wand zu stehen. So etwas soll nicht wieder passieren: „Und wir sind überzeugt, dass Innovationen der Schlüssel für den Transformationsprozess sind, den unsere Branche durchleben muss.“ Am Finanzplatz London gebe es zwar schon eine große Venture-Capital-Szene. Was wirksames Kapital aber wirklich auszeichne, seien finanzielle Mittel, die auch strategisch und operativ wirkten. Genau das biete der neue Inkubator in Frankfurt durch Zugang zu Kunden, eigene Banking-Kompetenz und Anregungen durch die Investoren: „Das ist ein Alleinstellungsmerkmal.“ Gegründet wurde die Main Incubator GmbH 2013 – und zwischen der Entscheidung im Februar und der tatsächlichen Gründung im Oktober desselben Jahres verging dann nicht mehr viel Zeit. Die Website ging im März 2014 online, schon im April fanden die ersten beiden Präsentationen von Unternehmen statt, die sich um eine Förderung bewerben. Das Angebot scheint attraktiv zu sein. Nach den Worten von Hoppe liegen inzwischen mehr als 70 Bewerbungen vor.

Die erste Investition heißt Traxpay

Der Amerikaner John Bruggeman glaubt zu wissen, warum das so ist. Bruggeman ist der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens Traxpay und damit der ersten Gesellschaft, die in den Räumen des Inkubators in der Frankfurter Voltastraße Unterschlupf gefunden hat. „Nirgendwo sonst lässt sich derzeit die Flexibilität eines Inkubators mit der Stabilität einer Großbank verbinden.“ Das sei gerade für Unternehmen wie Traxpay, die ihre Kunden in der etablierten Finanz- und Unternehmenswelt suchten, ein noch sehr viel wichtigerer Grund für den Main Incubator als das Geld, das mit der Förderung verbunden sei. „Geld, das im Bereich moderner Technik für Finanzdienstleistungen nach Anlagemöglichkeiten sucht, gibt es genug“, bestätigt Bruggeman eine These, die auch Hoppe vertritt.

Traxpay ist ein Anbieter einer sogenannten „Dynamic Payment“-Lösung, die es nach den Worten von Bruggeman erlaubt, sichere und flexible elektronische Echtzeit-Zahlungen rund um die Uhr mit der Möglichkeit zu kombinieren, alle transaktionsrelevanten Daten in einem beliebigen Format mitzuschicken. Das heißt, Änderungen am „Wer, Wann, Wo, Warum und Wie von Zahlungen“ werden automatisch überwacht – und dynamisch gesteuert. Im schnelllebigen Geschäftsleben von heute, da sind Hoppe und Bruggeman überzeugt, sei das ein großer Vorteil. Denn solche Änderungen seien im Geschäftsverkehr der Banken derzeit nur manuell möglich, kosteten viel Geld und seien fehlerbehaftet. Bruggeman schwärmt, sympathisch und typisch amerikanisch, von einem riesigen Markt – und wirft die Zahl 377 Billionen amerikanischer Dollar in den Raum. Das sei das Volumen der Überweisungen, das man technisch revolutionieren könne. Denn die Systeme, über die diese bisher abgewickelt würden, seien eine „brennende Plattform“.

Ein hoher Anspruch – und ein unabhängiges Investmentkomitee

Hoppe ist einerseits der Kopf des Main Incubators, andererseits ist er in der Mittelstandsbank der Commerzbank schon seit längerem bekannt. So bekleidete er dort unter anderem Funktionen als Leiter Kreditlösungen (Credit Solutions). Schon mit 21 Jahren gründete er sein erstes Unternehmen und ist heute neben seiner Bankkarriere geschäftsführender Gesellschafter einer führenden Informationsplattform für deutsche Corporate Bonds. Jetzt ist Hoppe beim Main Incubator mit seinen bisher neun Mitarbeitern für Investments in Unternehmen verantwortlich, die von 25 000 Euro bis in den einstelligen Millionenbereich reichen könnten. „Geld bekommt man in London schneller“, sagt Hoppe. Er versucht deshalb, mit seinem Netzwerk und der Nähe zur Frankfurter Bankenwelt zu punkten. „Wir analysieren kontinuierlich das aktuelle Verhalten sowie die Bedürfnisse und Ansprüche von Bankkunden und Nutzern von bankähnlichen Produkten sowie Services. Basierend auf diesen Erkenntnissen suchen wir visionäre Lösungsansätze“, formuliert Hoppe seinen Anspruch – und den des Investmentkomitees.

Dieses Komitee ist von der Commerzbank unabhängig. Denn dort haben Dritte wie Arnd Zinnhardt, der Finanzvorstand des Darmstädter Softwareunternehmens Software AG, die Mehrheit. Die Software AG hat sich nicht lumpen lassen und ihrerseits inzwischen in Traxpay investiert. In die Software, das Geschäftsmodell und die Befruchtung durch die Nähe von Traxpay zur Frankfurter Bankenwelt setzt man auch dort große Hoffnungen. Insgesamt hat Traxpay in seiner B-Finanzierungsrunde 15 Millionen Dollar von diversen Partnern erhalten.