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Kleinbetriebe verschlafen die Digitalisierung

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Kleine Unternehmen und Selbständige in Deutschland geben sich mit Blick auf die Digitalisierung ihres Geschäfts schlechte Noten. Weniger als die Hälfte der Unternehmen glaubt, in dieser Hinsicht gut aufgestellt zu sein. Besonders düster sieht die Lage im Gesundheitswesen aus. Hinzu kommt, dass auch das für die deutsche Wirtschaft so wichtige Handwerk die Möglichkeiten der modernen Informationstechnologie nur sehr unterdurchschnittlich nutzt. Das zeigt die bislang größte repräsentative Befragung von Kleinunternehmen in Deutschland, die das Marktforschungsunternehmen TNS Infratest vorgenommen hat.

Gerade einmal 39 Prozent der Handwerksbetriebe messen der Digitalisierung demnach für das eigene Geschäft eine hohe Bedeutung bei. Auch Angst spielt eine große Rolle: Jedes dritte Kleinunternehmen hat Bedenken mit Blick auf die Sicherheit sensibler Unternehmensdaten, wenn diese digitalisiert und über das Netz zugänglich werden. Manchmal fehlt es auch einfach am Geld, was vor allem für junge Unternehmen eine große Hürde ist und diese entsprechend bremst. Dabei wachsen Kleinunternehmen, die digitale Lösungen nutzen, eindeutig schneller als ihre Wettbewerber. Auch dies ergibt sich aus der Umfrage. Insgesamt wurden von TNS Infratest im November dieses Jahres 600 Unternehmen mit 1 bis 49 Mitarbeitern nach ihrer generellen Bereitschaft zur Digitalisierung und der Nutzung neuer Technologien befragt.

Die Ergebnisse sind eindeutig: Unternehmen, die ihren Digitalisierungsgrad in der Befragung als gut oder sehr gut einschätzten, verzeichnen deutlich häufiger ein Umsatzwachstum. So befindet sich fast jedes zweite dieser Unternehmen (44 Prozent) in einer Wachstumsphase. Von den digitalen Vorreitern unter den Kleinunternehmen ist daher auch der größte Teil (68 Prozent) davon überzeugt, dass die neuen Technologien einen positiven Beitrag zum Unternehmenswachstum leisten. Als Gründe für das Wachstum nannten die Befragten unter anderem die Außendarstellung im Internet (75 Prozent), eine bessere Kundenbetreuung (69 Prozent) sowie die optimierte Kommunikation mit den jeweiligen Lieferanten und Partnern (66 Prozent).

Deutlich anders sieht es bei denjenigen Betrieben aus, die noch in geringerem Maße auf digitale Lösungen setzen und ihren Digitalisierungsgrad als schlecht bezeichnen. Weniger als 10 Prozent von ihnen melden steigende Umsätze. Nach eigenen Angaben sehen die Nachzügler vor allem fehlenden Bedarf als Hauptgrund für ihre vergleichsweise geringe Ausstattung mit Informationstechnologie. Zudem fehlt oft die Zeit, sich überhaupt mit den Möglichkeiten der Digitalisierung zu befassen. Wieder andere Betriebe scheuen die Investitionskosten. Das gilt vor allem für das Handwerk, wo es auch häufiger an entsprechendem Hintergrundwissen fehlt.

Die Daten decken sich mit den Ergebnissen einer Befragung des Marktforschungsinstituts GfK Enigma: Hier hatte sich ergeben, dass für 70 Prozent der deutschen Betriebe mit einem Umsatz von weniger als 5 Millionen Euro im Jahr die Digitalisierung im Herstellungs- und Wertschöpfungsprozess bisher kaum oder gar keine Relevanz hat. Ein weiteres Ergebnis war, dass vor allem in IT investiert wird, um durch effizientere Prozesse die Kosten zu senken, nicht aber, um die offenbar eindeutig vorhandenen Wachstumschancen zu nutzen.

„Diese Wachstumsbremse gilt es schnell zu lösen“, kommentiert Philip Lacor, der Geschäftsführer Firmenkunden von Vodafone Deutschland, die Ergebnisse der jüngsten Infrastest-Studie, die im Auftrag seines Unternehmens entstanden ist. Die repräsentative Umfrage ist der erste Teil einer groß angelegten Studie, die im Frühjahr kommenden Jahres in den sogenannten Vodafone Digital-Atlas mündet. Von der Politik erwarten die Kleinunternehmen zwar sichere Rahmenbedingungen und den Ausbau der Infrastruktur.

Das Interesse an dem, was in dieser Hinsicht wirklich beschlossen wird, ist hingegen gering. Die Pläne der Bundesregierung sind nur einem Bruchteil der Befragten bekannt. Mehr als 40 Prozent der Befragten haben von der „Digitalen Agenda“ bislang noch gar nichts gehört. Dahinter verbergen sich die Leitlinien der Digitalpolitik der Bundesregierung, die im August dieses Jahres verkündet wurden. Ziel ist es zum Beispiel, die digitale Infrastruktur durch den flächendeckenden Ausbau von Breitbandnetzen zu stärken, aber auch „kleine und mittlere Unternehmen darin zu unterstützen, ihre Innovationsfähigkeit durch neue digitale Technologien zu erhöhen“, wie es in der Digitalen Agenda offiziell heißt.

Denn die Kleinst- und Kleinunternehmen sind eine zentrale Säule für Wachstum und Beschäftigung in Deutschland. Mehr als jeder dritte Beschäftigte arbeitet in einem der rund 3,5 Millionen Unternehmen – vom Einmannbetrieb über das Start-up bis zum größeren Handwerksbetrieb. Im Branchenvergleich sind es vor allem die professionellen Dienstleister, die erkannt haben, welche Bedeutung die Digitalisierung für ihr Geschäft hat. 73 Prozent der Befragten bezeichnen es als wichtig oder sehr wichtig, auf dem neuesten Stand zu sein. Auch die Mehrheit der Unternehmen im Handel teilt diese Auffassung (61 Prozent).

Aufschlussreich sind neben der Selbsteinschätzung der Unternehmen auch die Angaben zur konkreten Nutzung von aktuellen Technologien. Auch hier zeigen sich große Unterschiede zwischen digitalen Vorreitern und Nachzüglern. So nutzen Kleinunternehmen mit hohem Digitalisierungsgrad moderne Lösungen wie Cloud-Dienste um ein Vielfaches häufiger als ihre analogen Konkurrenten. Die „Social Media“-Trendsetter unter den Kleinunternehmen wiederum finden sich in der Gastronomie. Nutzen branchenübergreifend gerade einmal 29 Prozent der Unternehmen Facebook und Co. für ihre Vermarktung, sind es im gastronomischen Gewerbe schon 50 Prozent.


1 Lesermeinung

  1. MF87 sagt:

    Handwerk und Wein
    wie sollte einer standesgemäßen digitalisierten Lebensführung einer hoch spezialisiertes Handwerkgewerbe aussehen?eine Differenzierung ,Produkt,
    Marktsegmente ,Wettbewerbfähigkeiten,könnte erahnen lassen wie MittelgroßeBetriebshaushaltungen verwandt worden und sein sollte,digitalpolitisch; etwas ganz verschiedenes wie das alltägliche Geschäft Klein – und Mittelgroße Unternehmen!
    Erlauben(Aufwand) die technologisch hoch spezialisierten FamilieUnternehmen ,wie die feinmechanische UhrManufakturen,einen noch tätigeren Anteil am politisch digital gewollte,was nicht immer vernünftig bedeutet.
    Kurzgefasst: vermisse eine genau definierten Gewerbedifferenzierung,Zeitbedingtheit und Innovationsraum……und die Entfernung : Politik und Wirtschaft(Makro lässt sich nicht ohne weiteres transponieren in Mikro und rund herum).

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