Wie ist es aktuell im Mittelstand um die Zukunftsorientierung und die Offenheit gegenüber neuen digitalen Technologien bestellt? Wie schätzen die Manager die Herausforderungen und Chancen ein, die mit den digitalen Veränderungen der Wirtschaft einhergehen? Und wie unterscheiden sich die Einschätzungen, die Einstellung und die Strategie der digitalen Vorreiter von denen der breiten Masse? Diesen Fragen geht die Mittelstandsinitiative der Commerzbank in ihrer aktuellen Mittelstandsbefragung auf den Grund. 4000 Führungskräfte aus ebenso vielen Unternehmen mit einem Umsatz von jeweils mehr als 2,5 Millionen Euro haben Auskunft gegeben über ihren Umgang mit den neuen digitalen Technologien und über ihre Wachstumsstrategien angesichts der sich verändernden digitalen Rahmenbedingungen.
Herausgekommen ist eine Studie, die die Herausforderungen deutscher Unternehmer beschreibt: Digitalisierung, Effizienzdruck und Flexibilität. Um diesen Anforderungen standzuhalten, braucht es Mut, Offenheit und den berühmten Blick über den Tellerrand.
Und der digitale Wandel – angetrieben von immer neuen Technologien – ist unübersehbar. 33 Prozent der Unternehmen berichten davon, dass sich Schlüsseltechnologien ihrer Branche im Umbruch befinden. 26 Prozent aller befragten Unternehmen fühlen sich und ihre bisherigen Geschäftsmodelle durch aktuelle digitale Entwicklungen bedroht. Diese Umwälzung lädt offensichtlich dazu ein, bisherige Strategien zu überdenken und in Richtung Digitalisierung weiterzuentwickeln.
Der Boom des Online-Handels hat deutliche Spuren hinterlassen: 48 Prozent der Einzelhändler geben an, dass die bewährten Geschäftsmodelle durch die digitale Entwicklung bedroht werden. Aber auch die Dienstleistungsbranche, der Großhandel und das verarbeitende Gewerbe spüren deutlich die Änderungen im wirtschaftlichen Wettbewerb.
Der Blick ins Detail zeichnet folgendes Bild: Derzeit optimieren viele Unternehmen ihre administrativen Abläufe. Sie arbeiten standortübergreifender, schaffen flexible Arbeitsformen, beispielsweise durch Homeoffice-Lösungen, und verbessern ihren Service durch Online-Betreuung. Einige Vorreiter setzen derzeit schon Strategien und Maßnahmen um, die unter dem Begriff Industrie 4.0 den technologischen Wandel der Produktion zusammenfassen. Die Absichtserklärungen des Mittelstands sind hier eindeutig: In nicht allzu ferner Zukunft wird noch viel stärker ein Umdenken und Neudenken von Fertigungsstrategien stattfinden. Zu den möglichen neuen Produktionsformen gehören kundenindividuell angepasste Produkte sowie eine zunehmende Automatisierung der Produktion.
Etwas weniger konkret wird es für viele Unternehmen, wenn es um die digitale Vernetzung geht. Vorbehalte gegen Big Data, Befürchtungen von Produktpiraterie und die gelernte und vertraute Eigenverantwortung mögen hier zum Zögern beitragen. Vernetzte und in Clustern erfolgreich agierende Vorreiter könnten hier ermutigende Impulse setzen. Eine positive Grundeinstellung ist aber schon jetzt erkennbar: Viele Unternehmer glauben daran, dass ein effizienterer Workflow mit Zulieferern und Abnehmern, ein besseres Kundenverständnis sowie gezieltere Marketing- und Vertriebsaktivitäten langfristig großen Nutzen mit sich bringen werden.
Zukunftsmusik hingegen sind für viele Unternehmen noch gänzlich neue Produkte, Vertriebswege, Absatzformen oder Märkte: Die Unternehmen gehen davon aus, dass die Digitalisierung erst in relativ ferner Zukunft wirklich neue Geschäftsmodelle ermöglichen wird. Disruptive Innovationen, also neue Geschäftsmodelle und neue Produkte, sind grundsätzlich denkbar, gelten aber eher als Themen für die Agenda von übermorgen.
„Die Maschinen der Zukunft laufen nicht mit Öl, sie laufen mit Daten.“ Diese Prognose lieferte Jack Ma, Gründer des chinesischen Internetunternehmens Alibaba, während seiner Rede zur Eröffnung der diesjährigen Cebt. Er heizte damit eine ohnehin allgegenwärtige Debatte in Deutschland weiter an. Doch bei aller Diskussion um Big Data und Co. ist eines jetzt schon sicher: Wer Daten klug verarbeiten kann, hat einen Vorsprung in der Produktentwicklung und Kundenbindung. Und die Studie zeigt: Es gibt quer durch alle Branchen digitale Innovatoren, die wissen, wie man die neuen Technologien gewinnbringend nutzen kann.
Im Kern geht es darum, was der deutsche Mittelstand braucht, um mit der Digitalisierung der Weltwirtschaft Schritt zu halten und sich Wettbewerbsvorteile frühzeitig zu sichern. Digitalisierung verläuft mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Noch heute funktionieren viele Betriebe, Fertigungsanlagen und Dienstleistungen analog sehr effizient. Gleichzeitig entwickeln sich digitale Technologien rasant fort. Es ist wichtig, angesichts der Fülle neuer Produktideen und Dienstleistungen immer auf der Höhe der Zeit zu bleiben und selbst Teil der Entwicklung zu werden.
Die Studie zeigt, dass die Unternehmer die Potenziale sehen, die mit der Digitalisierung einhergehen, für viele sind sie aber noch Zukunftsmusik. Die digitalen Innovatoren zeigen, dass diese mittelständischen Tugenden und die Offenheit für neue Wege bestens zusammenpassen. Dabei nimmt die Komplexität der Digitalisierung nicht ab, wenn man sich mit ihr beschäftigt.