Ad hoc

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Unternehmen bestimmen unser tägliches Leben. Aber was bewegt die Unternehmer? Über Trends, Technologien und Menschen, die sie bestimmen.

Der Staat ist kein guter Eigentümer

| 8 Lesermeinungen

Analysen des Schweizer Beratungshauses Ceams belegen es: Unternehmen funktionieren ohne Staatsbeteiligung besser. In Europa gibt es eine rühmliche Ausnahme. Von ihr kann man eine Menge lernen.

Wenn sich der Staat an einem Unternehmen beteiligt, ist das in der Regel kein gutes Zeichen. Entweder steckt das entsprechende Unternehmen schon in Schwierigkeiten, wenn der Staat kommt. Oder aber es wird danach an Dynamik verlieren. Nur in Norwegen läuft es besser. Dort sind die Unternehmen, an denen sich der Staat beteiligt, auch im Vergleich zu den rein privat geführten Unternehmen sehr konkurrenzfähig. Dafür gibt es gute Gründe.

Zunächst gilt, dass Staaten in der Regel an Unternehmen aus Industrien beteiligt sind, die schon grundsätzlich Mühe haben, gut zu wirtschaften. So haben fast jede zweite Fluggesellschaft, rund ein Fünftel aller Banken und Kommunikationsunternehmen sowie rund ein Zehntel aller Rüstungs- und Transportunternehmen eine hohe Staatsbeteiligung am Eigenkapital. „Und keine dieser Industrien vermochte es, ein qualitativ führendes Unternehmen in Europa hervorzubringen“, sagt dazu Philipp Weckherlin vom Schweizer Beratungshaus Ceams, das diese Ergebnisse im Rahmen seiner umfassenden Corporate Excellence-Analysen erzielt hat, über die in diesem Blog schon berichtet worden ist.

Nun stellt sich die Frage, ob diese Unternehmen Mühe haben, weil der Staat an ihnen maßgeblich beteiligt ist, oder ob der Staat an ihnen beteiligt ist, weil sie schwierigen Industrien angehören. „Unsere Erfahrungen zeigen, dass beide Thesen zutreffend sind“, sagt Weckherlin. In vielen Fällen seien Staaten nicht ausschließlich ökonomisch motiviert. Sie investierten zum Beispiel in Industrien, die von nationalem Interesse seien, um sicherzustellen, dass die Grundbedürfnisse ihrer Bürger befriedigt werden, und griffen ein, wenn bedeutende Unternehmen (zum Beispiel Banken, Versicherungen, Automobilhersteller) in Schieflage geraten, wie zuletzt in der Finanzkrise beobachtet.

Eine solche Motivation halten die Schweizer für nachvollziehbar. Trotzdem stelle sich die Frage, ob hierfür in allen Fällen eine Kapitalbeteiligung des Staates zwingend erforderlich sei oder ob diese Ziele nicht auch durch Gesetze oder bessere Rahmenbedingungen erreicht werden könnten. Weiterhin solle bedacht werden, wie lange eine Kapitalbeteiligung des Staates wirklich nötig sei und welche Ressourcen des Staates in Form von Kapital, Personal oder Wissen effektiv eingesetzt werden müssten, damit der Staat seine Rechte und Pflichten als Eigentümer oder Kreditgeber sinnvoll wahrnehmen könne. Es gebe aber auch Fälle, in denen sich Staaten an Unternehmen beteiligten, weil die Politik hierdurch die Industrie- und deren Beschäftigungssituation im eigenen Sinne beeinflussen wolle. „Diese Art der Einflussnahme ist schädlich, denn sie limitiert die Anpassungsfähigkeit und somit die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen in einer globalen Marktwirtschaft“, sagt Weckherlin.

Dass es auch anders gehe, demonstriere Norwegen. Vergleiche man die Leistung der Unternehmen mit hoher Staatsbeteiligung nach Ländern, stelle man deutlich fest, dass norwegische Unternehmen mit hoher Staatsbeteiligung merklich besser abschnitten als französische, italienische und deutsche Unternehmen mit hoher Staatsbeteiligung (siehe Grafik). Das gelte, obwohl der norwegische Staat ebenfalls an Industrien mit erheblichen strategischen Herausforderungen beteiligt sei. Aufgezählt werden hier Telenor in der Telekommunikation, Statoil in der Energie; DNB bei den Banken, Yara als Rohstoffkonzern und Aker Solutions im Bereich Aluminium und Energie. Auch im landesinternen Vergleich von Unternehmen mit und ohne Staatsbeteiligung komme zum Ausdruck, dass die Beteiligung des norwegischen Staates sich nicht negativ auswirke. Fünf von sechs Unternehmen mit hoher Staatsbeteiligung in Norwegen seien in der oberen Hälfte des Länderrankings vorzufinden, während dies in Deutschland nur einem von sechs und in Frankreich nur zwei von 16 Unternehmen gelungen sei.

„Wir führen diese Überlegenheit vor allem darauf zurück, dass sich der norwegische Staat intensiv mit seiner Rolle als Eigentümer befasst und klare Prinzipien und Voraussetzungen für sein Engagement festgelegt hat“, sagt Weckherlin. Der norwegische Staat bündele und verwalte alle signifikanten Staatsbeteiligungen zentral in einem hierfür eigens geschaffenen Kompetenzzentrum, welches dem Industrie- und Handelsministerium unterstellt sei.

Zudem habe sich der norwegische Staat in seiner Rolle als Eigentümer zu grundlegenden Prinzipien verpflichtet. Die wichtigsten seien, dass Unternehmen mit signifikanter Staatsbeteiligung nach denselben Prinzipien geführt werden wie erfolgreiche Privatunternehmen, dass alle Eigentümer gleich behandelt werden und der Staat ein informierter, aktiver und langfristig orientierter Eigentümer sein soll. Die Besetzung des Verwaltungsrats soll nach Kompetenz und Kapazität erfolgen und die Bedürfnisse des jeweiligen Unternehmens berücksichtigen, der Verwaltungsrat soll seine Aufgaben unabhängig, im Sinne aller Eigentümer, ausüben. Die Einflussnahme auf Unternehmen soll auf die Nominierung von Verwaltungsräten beschränkt sein, wobei Regierungsangehörige keine Verwaltungsratspositionen einnehmen dürfen. All das halten die Schweizer für vorbildlich, zum Wohle der Unternehmen und des beteiligten Staates.

Zusammenfassung: Wenn sich ein Staat an Unternehmen seines Landes beteiligt, ist das in der Regel kein gutes Zeichen. Entweder steckt das Unternehmen zum Zeitpunkt der Beteiligung schon so sehr in Schwierigkeiten, dass sich private Kapitalgeber gar nicht mehr heranwagen, wenn der Staat kommt. Dann wird in der Regel eine fällige Marktbereinigung verhindert. Oder aber das Unternehmen wird nach dem Einstieg des Staates an Dynamik verlieren, weil nicht mehr nach rein unternehmerischen Interessen entschieden wird, sondern nach industriepolitischer Staatsräson. Das führt natürlich ebenfalls zu keinen guten Ergebnissen. Nur in Norwegen läuft es besser. Dort sind die Unternehmen, an denen sich der Staat beteiligt, auch im Vergleich zu den rein privat geführten Unternehmen im Durchschnitt sehr konkurrenzfähig. Dafür gibt es Gründe. Dazu dürfte nicht so sehr gehören, dass der norwegische Staat die Verwaltung seiner Beteiligungen zentral gebündelt hat, wohl aber, dass hier Prinzipien aufgestellt worden sind, die im Umgang mit diesen Beteiligungen auch beachtet werden. Man behandelt alle Eigentümer gleich, entscheidet nach Kompetenz und lässt den Verwaltungsrat so unabhängig wie möglich entscheiden. Insbesondere nehmen keine Regierungsmitglieder Positionen im Verwaltungsrat ein. Man setzt auf unabhängige Fachkompetenz und fährt gut damit.


8 Lesermeinungen

  1. Nowakseb sagt:

    Deutsche STadtwerke und Sparkassen
    Und was ist mit deutschen Stadtwerken und Sparkassen? Die funktionieren trotz oder gerade wegen der Staatsbeteiligung sehr gut.
    Und wie es der Bundesdruckerei nach ihrer Privatisierung ergangen ist, kann jeder selbst nachlesen.

    Eine Einschätzung der Studie teile ich jedoch: Der STaat als Eigentümer muss sich, wie in Norwegen, klare Regeln geben. Ansonsten gilt: Weite Teile der Daseinsvorsorge sollten in staatlicher Regie auf Kostendeckung aufgebaut sein, also Gewinn = 0 nach ABzug der Investitionen udn Erhaltungsaufendungen. Private Eigentümer erwarten hingegen Renditen von bis zu 30% und die gehen oft auf Kosten der Investitionen und Erhaltungsaufwendungen.

  2. cosy-ch sagt:

    Titel eingeben
    Ceams ist kein Schweizer Institut, sondern eine kanadische Institution, ganz massiv u.a. von BP gefördert. Wissenschaftlich neutral sind wohl höchstens deren anual reports. Die Schweiz ist zwar liberal, hat aber zugleich eine starke föderalistische Tradition und Politik- auch in der Wirtschaft, ganz besonders die staatsnahe Aktivitäten. Dieser Artikel enthält ein hinterlegtes Basismodell, das in Teilen der definierten und gelebten Wirtschaftsstruktur in diesem kolidiert.
    Es gibt sehr erfolgreiche Staatsbetriebe in der Schweiz, die zudem noch hocheffizient sind. Die Autoren haben dies natürlich nicht untersucht. So sind im kompetitiven Energiemarkt (wir haben etwa 640 Elektrizitötsunternehmen für 8.5 Mio Köpfe- fast Weltrekord) die beste Kosteneffizienz ausgerechnet bei 100%igen Staatsbetrieben mit langer Tradition- vor allen Andern.

    • dfoellmi sagt:

      CEAMS ist eine Schweizer Firma
      Sehr geehrter Herr Cosandey

      CEAMS (CE Asset Management) ist eine Schweizer Asset Management Gesellschaft (www.ceams.ch), welche durch die FINMA reguliert wird. Sie hat weder mit Kanada noch BP irgendetwas zu tun.

      Die im Artikel erwähnte Studie bezieht sich ausschliesslich auf börsenkotierte Firmen.

    • Carsten Knop sagt:

      Bitte zu diesem Kommentar auch die entsprechende Antwort von Ceams beachten. Anmerkung der Redaktion: Die FAZ schreibt solche Unternehmensnamen ab vier Buchstaben nicht in Versalien, wenn sie sich aussprechen lassen. Das führt manchmal zu Verwirrung.

  3. […] FAZ Adhoc: Der Staat ist kein guter Eigentümer […]

  4. MF87 sagt:

    Idealtypisch und Realität
    dazu kommt ein unzuverlässige Wartung,wie die Delta Werken in den Niederlanden ,ohne weiteres Bedenkens italienische Zuge bestellen,die gar nicht funktionieren ,oder ein Flughafen in Berlin,Brücke ,Wegen und Straßen oder Staaten ohne zuverlässige Zugang zum Internet.
    Mittlerweile auch EU Staaten beim Bemühenis der öffentliche Nutzleistung eingeengt zur kurzfristiges Kosten Nutzen handeln und Entscheidungen im Zog einer sogenannte [nur theoretisch existierende ] freie Markt Wirtschaft ,im Grunde ein tiefeingreifende Wandel der Verhältnis Staat und Bürger !
    Wie im Gesuntheitswesen,hier und transatlantisch[ Obamacare].Ein Sektor von vielen die dringend Verbesserung bedürfen ,und nicht alleine in Rapporten,eine Verbesserung der Hierarchie ,da mittlerweile keiner mehr weiß wer da ist mit endgültige Verantwortung.Da fehlt es “teuer “.Und rächt sich gewaltig im öffentlichen Finanzen .
    Ein “beherzigenswerte”!Artikel Ihrer am Sonntag.

  5. politicus77 sagt:

    Gibt es neben der Organisation noch einen anderen Faktor?
    Liegt es an den handelnden Personen? Sind es betriebswirtschaftliche Studienabschlüsse, oder sind es eine Verwaltungsfachleute und Juristen – also “Beamte” mit der vielzitierten “Beamtenmentalität”? Wie sieht es mit dem “Belohnungssystem” aus? Werden Erfolg und Misserfolg honoriert wie in der Privatwirtschaft?

  6. MF87 sagt:

    Bedenke die Industrie und die Folgen
    ohne Staatshoheit vis a vis all dass was sich mit öffentliche Gesuntheitsdienste anlegen lässt,z.B.war da nicht die Staat ,ja dan weiß ich nicht genau was so alles passieren darf,oft mit gravierenden Folgen ,und betont sollte werden das in wie weit ein mehr oder weniger staatsgelenkte Wirtschaft zum Wohl Bürger,Unternehmen,Industrie ,insbesondere betreffs Infrastruktur ,von Brücke bis zum Ernährung und Pressefreiheit ! Grundsätzlich und grundlegend erforderlich und beförderlich sein könnte und de facto unerlässlich ist ,da unerlaubte ,gravierende ,schädliche Verhaltensweise ,ohne Staatshoheit und Verwaltung,unmessbar und unfassbar wachsen können,wie z.B. in einem Artikel der Canard Enchaîné :” Des hôpitaux ventilés a l’amiante “,17,06.2015,war da nicht der Senat,und das macht folgerichtig ja auf nationale und internationale Ebene klar wie zB. Betriebsbedingte Unfälle ,Krankheiten[Occupational Health] Staatsbedingte Konditionen benötigen ,die sich vielfach einfach erfüllen lassen,das gleiche ja für die Pressefreiheit und Grundgesetz !,die Arbeit der verschiedenste Politiker darf nicht unterschätzt werden.Und ja Norwegens Bruto nationale Einkommen hat weniger von tun mit rein innovative Industrien,oder zB . beim Tunnel bohren in Nevada braucht man zuverlässige Maschinen [herkunft EU,De.],wie Wasserwerke [ New Orléans ,Herkunft EU,NL],ich meine die unverfängliche Erfahrungskenntnisse!
    Und wie sollte man verhandeln international ohne Staaten und ihre Vertreter ,demokratisch und gewählt !Verträgen wurde nie zustande kommen,oder… .Die Konsequenzen ohne Staatsschutz sind unabsehbar.
    Ein jeder ist der “Erbe” der Demokratie ein Verantwortungsvolle Verhalten verschuldigt.

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