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Größte Unternehmen: Nordrhein-Westfalen und Bayern sind vorn

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Wer die 100 größten börsennotierten Unternehmen Deutschlands nach Umsatz und Region sortiert, erlebt manche Überraschung. Mehr als die Hälfte der Unternehmen auf der Liste kommt nämlich aus Nordrhein-Westfalen und Bayern; dort haben 27 beziehungsweise 26 Konzerne ihren Hauptsitz. Das in der öffentlichen Wahrnehmung stets stark vertretene Tüftlerland Baden-Württemberg mit seinen Maschinenbauern und seiner Autoindustrie folgt erst auf Platz drei mit 15 Unternehmen. Allerdings: Die Umsatzentwicklung der Unternehmen aus dem Südwesten war mit plus 13 Prozent in den ersten drei Quartalen dieses Jahres besser als die der Unternehmen aus Bayern (plus 11 Prozent) und Nordrhein-Westfalen (plus 5 Prozent). Insofern täuscht die Wahrnehmung dann doch nicht vollständig – der Südwesten entwickelt sich derzeit sehr dynamisch.

Das Ranking der umsatzstärksten Unternehmen Deutschlands wird allerdings nach wie vor von Unternehmen der „Old Economy“ dominiert: Insgesamt 28 der 100 Unternehmen stammen aus der Industrie, zum Beispiel dem Maschinenbau, hinzu kommt der Automobilsektor mit elf Unternehmen. Der Informationstechnologie (IT) sind hingegen nur sechs Unternehmen zuzurechnen. Zum Vergleich: In den Vereinigten Staaten sind unter den 100 umsatzstärksten Unternehmen gleich 14 IT-Konzerne. Der iPhone-Hersteller Apple liegt dort auf dem zweiten Platz – hinter dem Handelskonzern Wal-Mart. Auf der anderen Seite finden sich unter den 100 umsatzstärksten Konzernen dort gerade einmal drei Unternehmen aus der Automobilindustrie.

Und: Den allermeisten deutschen Unternehmen geht es glänzend, gerade auch weil sie aus einer sehr modernen „Old Economy“ kommen – und dabei obendrein viele Arbeitsplätze schaffen: Die Mehrzahl der großen deutschen Unternehmen – 70 Prozent nämlich – stockte im bisherigen Jahresverlauf die Belegschaft auf: Insgesamt beschäftigten sie zum 30. September 2015 rund 4,8 Millionen Menschen. Das waren 1,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Das Unternehmen mit den meisten Mitarbeitern ist nach wie vor Volkswagen: Bei dem Wolfsburger Autohersteller waren zum 30. September 2015 insgesamt knapp 589 000 Menschen beschäftigt. Auf den Rängen zwei und drei folgen die Deutsche Post mit 448 000 und Siemens mit 348 000 Beschäftigten. Ein besonders starkes Beschäftigungswachstum verzeichnete die Autobranche mit einem Plus von 5 Prozent.

Denn Deutschlands führende Unternehmen sind auf Wachstumskurs: Die 100 umsatzstärksten deutschen börsennotierten Konzerne konnten ihren Gesamtumsatz in den ersten drei Quartalen dieses Jahres um 8,2 Prozent auf rund 1,2 Billionen Euro erhöhen. Die große Mehrheit der Unternehmen (81 Prozent) verzeichnete ein Umsatzwachstum, nur knapp jedes fünfte Unternehmen setzte weniger um als in derselben Zeitspanne des Vorjahres. Beherrscht wird das Umsatzranking von den Autoherstellern: Vier der zehn umsatzstärksten Unternehmen Deutschlands sind Autokonzerne, mit Volkswagen und Daimler führen zwei Unternehmen dieser Branche die Liste an.

Nur auf den ersten Blick Wasser in den Wein schüttet die Beobachtung, dass die Umsatzkurve zwar steil nach oben geht, die Gewinnentwicklung der führenden deutschen Unternehmen allerdings ebenso deutlich nach unten: Der Gesamtgewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) ist in der betrachteten Zeitspanne um 9,8 Prozent von 82,5 auf 74,4 Milliarden Euro gesunken. Das aber ist vor allem die Folge des Gewinneinbruchs der drei Dax-Schwergewichte Deutsche Bank, Eon und Volkswagen, die im dritten Quartal hohe Abschreibungen beziehungsweise Rückstellungen vornehmen mussten und in der Folge Verluste in Milliardenhöhe ausgewiesen haben. Die Mehrheit der Unternehmen – 65 Prozent – verzeichnete hingegen einen Gewinnanstieg.

Die höchsten Gewinne fuhren ebenfalls zwei Automobilkonzerne ein: Daimler und BMW liegen mit 10,3 beziehungsweise 7,4 Milliarden Euro im Gewinnranking vorn. Mit Audi (4 Milliarden Euro), Volkswagen (3,3 Milliarden Euro) und Continental (3,2 Milliarden Euro) können sich noch drei weitere Automobilunternehmen unter den zehn gewinnstärksten Unternehmen Deutschlands plazieren. Das sind Ergebnisse einer Analyse der Entwicklung der 100 umsatzstärksten börsennotierten Unternehmen Deutschlands von Januar bis September des zu Ende gehenden Jahres durch die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young).

„Deutschlands Konzerne sind derzeit mehrheitlich gut aufgestellt und profitieren von der Konjunkturerholung in Europa und der starken Nachfrage aus den Vereinigten Staaten“, stellt Thomas Harms, Partner bei EY, fest. Offenbar konnten die meisten Unternehmen die schwache Entwicklung in den Schwellenländern – auch in China – bislang gut verkraften. Allerdings rechnet Harms für das kommende Jahr mit erheblichen Risiken für die deutschen Unternehmen: „Die massiven Schwankungen bei Aktienkursen, Währungen und Rohstoffpreisen zeigen, dass die Weltwirtschaft von einer stabil positiven Entwicklung derzeit noch weit entfernt ist. Die erwartete Zinswende in den Vereinigten Staaten könnte gerade in den Schwellenländern für zusätzliche Schwierigkeiten sorgen.“


2 Lesermeinungen

  1. Heismann sagt:

    Small Is Beautiful
    Lieber Herr Knop, Sie scheinen sich ein wenig zu wundern, dass Baden-Württemberg in den Top 100 relativ schwach vertreten ist. Dies dürfte wohl auch darauf zurückzuführen sein, dass nur börsennotierte Unternehmen betrachtet wurden. In BW sind aber viele Großunternehmen im Besitz von Familien oder Stiftungen – von Bosch über Lidl bis Trumpf.

    Zudem hat der Südwesten in den Branchen Maschinenbau, Elektronik und Automobilzulieferungen viele mittelgroße Unternehmen, die in ihrer Marktnische weltweit Markt- und/oder Technologieführer sind – wie EBM Pabst bei Ventilatoren, Herrenknecht bei Tunnelbohrmaschinen oder die schon erwähnte Firma Trumpf bei Laser-Werkzeugmaschinen. Größe ist nicht alles.

    Wir müssen uns auch nicht allzu sehr grämen, dass wir relativ wenige IT-Unternehmen unter den Top 100 haben. In den deutschen Industrie-Unternehmen steckt die IT häufig in den Produkten – bei Autos und Maschinen entfallen heute oft 20 bis 30 Prozent des Produktionswertes auf Elektronik und Software. Sie sagen ja selbst, dass die Old Economy hierzulande häufig sehr modern ist.

    Auf der anderen Seite sind die Großunternehmen aus Nordrhein-Westfalen, das bei den Top 100 ganz vorne liegt, zu einem großen Teil “echte” Old Economy. Die Konzerne kommen zu einem Gutteil aus Branchen wie Energie (BP, Eon, RWE) oder Grundstoffe (Evonik, Lanxess, ThyssenKrupp). Eine große Rolle spielen in NRW auch Quasi-Monopolisten mit Staatsbeteiligung wie Lufthansa, Post und Telekom. Die Geschäftsmodelle der NRW-Konzerne sind offenbar nicht in allen Fällen ganz zukunftssicher, worauf zum Beispiel die zahlreichen Abspaltungen bei Firmen wie Bayer, Eon und RWE hindeuten.

    Dann doch lieber die kleinen, aber feinen Tüftler aus dem Schwabenland.

  2. Syntax sagt:

    Die Ersten werden die Letzten sein?
    Wenn die Letzten vorne sind…also die jetzt vorne liegenden Wettkampfläufer für humane Lebengeschwindigkeit-Zerstörung,
    die letzten Wettkampfläufer ihrer Art sind. Danach finden
    keine Sieger-Wettkämpfe, keine Siegerläufe mehr statt,
    sondern Pari-, Unentschieden, Gleichgewicht-Leben(s)-Läufe:=)

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