Finanzvorstand Arnd Zinnhardt ist Fußballfan – und muss sich darum kümmern, einen Sponsoringvertrag mit Inhalt zu füllen. Das funktioniert besser, als man auf den ersten Blick glauben könnte.
Die digitale Transformation erfasst immer größere Teile der Arbeits- und Lebenswelt. Auch der Sport wird digital, das wird jede Woche in der Bundesliga schnell deutlich. Schon heute werden dem Zuschauer Echtzeitstatistiken angeboten, der Ticketkauf digitalisiert oder spielentscheidende Szenen mit Hilfe von innovativer Technologie ausgewertet. In einem solchen Umfeld hat sich der Darmstädter Softwarekonzern Software AG vor Jahren entschieden, dem Fußballverein Darmstadt 98 als Sponsor zur Seite zu stehen – und bleibt ihm in dieser Funktion auch in der Bundesliga treu.
Das Engagement der Software AG wird federführend von Finanzvorstand Arnd Zinnhardt betreut; er ist selbst ein großer Fußballfan und muss nun auch dafür sorgen, dass die gar nicht so naheliegende Partnerschaft eines ausschließlich auf große Unternehmenskunden ausgerichteten Softwarehauses mit einem auf Breitenwirkung abzielenden Fußballsponsoring Früchte trägt. Für Zinnhardt ist diese Zusammenarbeit aber naheliegender, als es auf den ersten Blick wirkt: “Die Software AG bietet zwar keine Produkte an, die über Abseits oder Tor entscheiden, aber wir digitalisieren die Geschäftsprozesse unserer Kunden. Das bedeutet, dass unsere Softwarelösungen Unternehmen dabei helfen, kundenzentrierte Dienstleistungen anzubieten. Als Hauptsponsor und langjähriger Partner des SV Darmstadt 98 lag es auf der Hand, dass wir in diesem Bereich auch Vereine unterstützen möchten, den Sprung in die digitale Welt zu wagen”, sagt Zinnhardt im Gespräch mit dieser Zeitung.
Eine digitale Plattform für Vereine könne in vielen unterschiedlichen Arbeitsfeldern eingesetzt werden: “Wir wollen den SV Darmstadt 98 in erster Linie bei der Neugestaltung seiner internen Softwarelandschaft unterstützen, um Prozesse innerhalb der Geschäftsführung noch besser umsetzen zu können”, sagt Zinnhardt. Hierzu habe man ein “Fan Relationship Management”-System entwickelt: Mit seiner Hilfe könne der Verein die Ansprache gegenüber seinen Fans beim Ticketkauf oder im Webshop in Zukunft verstärkt personalisieren – und auf etwaige Wünsche der treuen Anhänger besser eingehen. Es gebe auch Ähnlichkeiten in der IT-Landschaft eines Fußballvereins mit der eines ganz normalen Unternehmens. “Der Fußball in den oberen Ligen Deutschlands ist heutzutage rundum professionalisiert, die Vereine sind zu professionellen Konzernen auf einem stark umkämpften Markt geworden”, hat Zinnhardt festgestellt: “Auch beim SV Darmstadt 98 handelt es sich um ein wirtschaftendes Unternehmen mit klarem Fokus auf den Kunden – oder in diesem Fall den Fan. Daher sind auch die gleichen Bedürfnisse im Bereich der IT-Landschaft erkennbar. Dies betrifft insbesondere den Vertrieb, das Marketing oder einfach das Tagesgeschäft.” Es ergäben sich zwar branchenspezifische Besonderheiten. Im Fall eines Fußballvereins seien das der Ticketverkauf oder die Zugangskontrolle im Stadion. Doch auch wenn dies auf den ersten Blick nicht so erscheinen mag: “Selbst in diesem Bereich gibt es Gemeinsamkeiten mit einem ,klassischen Unternehmen, was die Technologien und Lösungen anbelangt”, sagt Zinnhardt.
Die Datenvolumina, die beim SV Darmstadt 98 bewegt werden, seien aus Sicht eines IT-Unternehmens zwar noch überschaubar, wüchsen aber rasant. “Konkret handelt es sich um Daten von mehr als 7500 Mitgliedern, 11 500 Dauerkartenbesitzern, 400 000 Tickets im Jahr sowie mehr als 20 000 Transaktionen im Webshop im Jahr.” Der rasante Aufstieg und der damit verbundene Erfolg des SV Darmstadt 98 in der Bundesliga hätten den Verein organisatorisch aber gleichwohl vor große Herausforderungen gestellt: “In sehr kurzer Zeit musste der Wechsel in den Profisport der höchsten Spielklasse nicht nur sportlich, sondern auch unternehmerisch gemeistert werden. Durch diese Historie hat sich in der IT-Landschaft des Vereins eine Anwendungsstruktur erhalten, die sich aus den Voraussetzungen einer übersichtlichen Geschäftsstelle mit geringem Budget entwickelt hat.” Die Software AG wiederum habe daraufhin mit ihrem Know-how bei der Umsetzung von IT-Landschaften helfen können. “Wir kennen die Branche und ihre Produkte und wissen, welche Anforderungen ein Unternehmen an eine neue, digitale Infrastruktur hat”, sagt Zinnhardt.
Im nächsten Schritt wolle die Software AG eine Integration der wesentlichen Softwarekomponenten vornehmen, um so ein vollständiges “Fan-Relation-Management” aufsetzen zu können. Besonders Social Media würden in diesem Kontext immer relevanter. Wie Unternehmen auch könnten Sportvereine diese Kanäle entsprechend auswerten und nutzen: “Stellen Sie sich vor, die Lilien drehen ein Spiel in der letzten Minute – oder erreichen die nächste Runde im Pokal. Für Verantwortliche auf der Geschäftsstelle wäre es möglich, eine Jubelmeldung auf ihren Social-Media-Kanälen zu versenden und gleichzeitig den Fans eine Teilnahme an einer Trikot-Sonderaktion des Torschützen anzubieten. Oder Sie befinden sich zu diesem Zeitpunkt im Stadion: Ihre App erkennt Ihren Standort und schickt Ihnen einen Gutschein für ein Freigetränk. Beim SV Darmstadt 98 kennt man sich gut mit Wundern und Feiern aus, diese Anwendungsmöglichkeit wäre hierfür ein ideales Szenario.”
Nach den Worten Zinnhardts ist es auch vorstellbar, das Konzept einer digitalen Plattform für den SV Darmstadt 98 auf weitere Vereine oder andere Sportarten zu übertragen: “Die Herausforderungen der Digitalisierung betreffen nahezu alle Unternehmen aller Branchen.”