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Auf einen Espresso: Weihnachten – in Bochum

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Es ist nicht leicht, am Ende einer solchen Woche etwas Launiges zu schreiben, das den Leser obendrein in die Weihnachtsfeiertage begleiten soll. Beim Nachdenken darüber fiel uns die neue CD von Herbert Grönemeyer in die Hände: Sie heißt „Live in Bochum“. Darauf findet sich schon an zweiter Stelle ein Lied, um das es heute gehen soll. Es heißt „Wunderbare Leere“. Sein Text handelt davon, dass man alles tun soll für jeden einzelnen Augenblick seines Lebens, und er berichtet von dem Abenteuer, das man beim Loslassen erlebt. Es ist ein schönes Lied, das im wahrsten Sinne des Wortes „rockt“ – und das man als Trost erleben kann, in einem Jahr, das an schlechten Nachrichten so reich war; in dem man sich immer wieder zwingen musste, im Alltag das Schöne zu sehen, auf Kurs zu bleiben.

„Heute mache ich mir keine Sorgen – Ich fass sie morgen wieder an – Leb‘ momentan und falle frei – Es herrscht wunderbare Leere, schwerelos und die Welt sperrangelweit.“ Was für ein gelungener Refrain in einem Jahr, in dem selbst die wichtigsten Geschichten aus der Wirtschaft allzu häufig hinter politischen Krisen und schrecklichen Terroranschlägen zurückgetreten sind. In einem Jahr, in dem man sich, um mit Grönemeyer zu sprechen, viel zu häufig „in den Wind legen“, jede Böe kontern und „routiniert am Grat spazieren“ musste. Oh ja, die ganze Welt spaziert derzeit mit Routine am Grat entlang.

Aber eine bessere Welt steht der Menschheit noch immer sperrangelweit offen, allen Krisen zum Trotz. Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne: In den kommenden zwanzig Jahren wird sich durch die Digitalisierung im (Wirtschafts-)alltag beinahe alles verändern. Darüber ist auch in dieser Zeitung viel geschrieben worden, nicht zuletzt über die damit verbundenen Ängste vor einem massenhaften Verlust von Arbeitsplätzen. Aber wer mitmacht, dabei er selbst und zugleich kreativ bleibt, der wird in dieser neuen Welt bestehen können. Da scheint auch Grönemeyer nicht zu widersprechen.

„Jeder Mensch schreibt klammheimlich seine Biographie – Spielt die Hauptrolle in seinem Film und führt dabei Regie – Ort und Handlung sind nicht gleich, aber gleich ist die Magie und die ist reich“, singt er in Bochum vor Zehntausenden Besuchern, die dabei im Regen stehen und trotzdem kräftig mit ihm feiern. Das ist die Antwort, die sich ein jeder vor der eigenen Haustür auf die Ängste geben kann, auf die unheilvollen Sorgen, die zu viele politische und gesellschaftliche Diskussionen beherrschen. Es sind nicht immer die Umstände schuld, da geht noch etwas.

Dafür gibt es kurz nach dem Titel „Wunderbare Leere“ auf der CD einen kleinen Beweis. Irgendwann redet Grönemeyer da, ausgerechnet am Anfang des Lieds „Bochum“, etwas von einer „fünften Strophe von Ursula Tharr“. Wer aber ist Ursula Tharr, fragt sich der Hörer – und was Grönemeyer da eigentlich wieder gebrüllt-genuschelt hat. Wer nachforscht, erfährt, dass Grönemeyer für die Live-Konzerte in Bochum, die der Aufnahme zugrunde liegen, für die fünfte Strophe des Lieds einen neuen Text gesucht hatte. Man entschied sich für das Werk der Arzthelferin Tharr. Sie dichtete über ihre Heimatstadt Bochum: „Du hast den Ruß abgewaschen, und Deine Öfen sind kalt. Doch Deine Zechen sind voll Leben. Hier wird getanzt, gelacht, das Morgen ausgedacht. Gefördert wird, was lebt.“

Wer das Ruhrgebiet kennt, der weiß, dass es genau so ist. Dass das auch für eine Stadt wie Bochum zutrifft, die in den vergangenen Jahren rund um die Werkschließungen des Autoherstellers Opel und des damals noch Handys produzierenden Unternehmens Nokia wahrlich auch nicht für erbauliche Schlagzeilen gesorgt hat. Aber ein bisschen was geht immer noch. Das gilt für uns alle. Und jetzt heißt es „Weitermachen“ – hoffentlich mit kreativen Dingen, die alsbald wieder für bessere Nachrichten sorgen. Und es gilt, für ein paar Tage die Sorgen einmal nicht anzufassen. Können wir das schaffen? Die Einnahmen aus dem CD-Single-Verkauf von „Bochum“ werden übrigens gespendet: zugunsten des St.-Vinzenz-Kinderheims in Bochum und der evangelischen Stiftung Overdyck. Frohe Weihnachtsfeiertage.


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